Der 500 Zeichen memory stunt von Matteo Ricci (Chinesisch)

Hierein gehört alles was die Geschichte und Methoden der Mnemotechnik betrifft. Z.B. Was ist die Geschichtenmethode? Was sind Routen? Des Weiteren geht es auch um die historische Betrachtung und Analyse der Mnemotechnik.


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Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Die Phantasien sind streng gebunden an die Definitionen. Für die Ausarbeitung von Phantasien, die auf einem Definitionsgeflecht von höherer Komplexität beruhen (Stichwort: "Multiple choice vom Grad 5"), gibt es meines Wissens außerhalb von meinem Schreibtisch überhaupt keine zeitgenössischen Erfahrungen, jedenfalls keine, die publiziert worden wären.
Ja, das stimmt. Und für mich bist Du darin bisher noch unerreichtes Vorbild.
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Vor etwa 15 Jahren machte ich den Fehler, ein ausgedrucktes Exemplar "meines Systems" dem sinologischen Seminar in Hamburg vorzulegen. Ich bekam es nach ein paar Monaten mit der Bemerkung zurück: "Derlei Arbeiten verdienen es eigentlich nicht, dass man sie auch nur von Ferne anschaut, geschweige denn durchliest. Uns reut schon die Mühe, die wir darauf verwenden mussten, den Umschlag zu öffnen." So viel zur Vertrautheit von Sinologen mit Mnemotechnik!
Mich stört der Satz "So viel zur Vertrautheit von Sinologen mit Mnemotechnik!", weil ich ja damit auch in den Topf geworfen werde.

Ich deute das so: Ein Chinesisch-Lehrer hat es mit der Angst, mit Existenzangst, zu tun bekommen, weil ein Mnemotechniker seine Arbeit um ein Vielfaches besser zu machen behauptet, wobei die Angst dadurch verstärkt wird, dass er die Materie nicht versteht. Nun greift er zum Mittel der Manipulation: er will dem Mnemotechniker einen solchen Schlag versetzen, dass er von seinem Tun ablässt. Also platziert er eine grobe Gemeinheit. Und die Gemeinheit sitzt. Der Betroffene glaubt in Gedanken- und Gefühlsfreiheit eben zurecht betroffen zu sein, und merkt nicht, dass diese Gedanken und Gefühle gezielt in ihm hervor gerufen werden, und lässt tatsächlich mit dem diffusen Argument "Die Zeit sei nicht reif" von seinem Tun ab. Ergo: die Manipulation zeigt erfolgreiche Wirkung.

Wenn das Buch tatsächlich erscheint, dann gibt es zum Lehrplan der Sinologie egal auf welcher Uni tatsächlich einen sehr starken neuen Konkurrenten, der das gewohnte Tun in Frage stellt.
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Ob es irgendwo die Möglichkeit gibt, die Siegelschriftform eines beliebigen Zeichens und vielleicht sogar die Knochenschriftform aufzusuchen und als Schrift (nicht nur: als Bild) herauszukopieren?
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Mich stört der Satz "So viel zur Vertrautheit von Sinologen mit Mnemotechnik!", weil ich ja damit auch in den Topf geworfen werde.

Du bist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Barbara Kuhn übrigens auch!
Ein Chinesisch-Lehrer hat es mit der Angst, mit Existenzangst, zu tun bekommen, ...

Das dürfte wohl etwas übertrieben sein! Allerdings spielt die Große Mühe, die man jeweils selbst auf das Erlernen der Zeichen verwendet hat, eine Rolle. Es wäre ja scheußlich, wenn das auch einfacher gegangen wäre! Auch hat man genügend Erfahrung mit allen möglichen dilettantischen "Mnemotechniken", die aus der Not des Lernens heraus entstehen und allesamt sehr bald wieder aufgegeben werden. Man hält es schlicht für ausgeschlossen, dass da mehr drin sei als eben gar nichts.
Wenn das Buch tatsächlich erscheint, dann gibt es zum Lehrplan der Sinologie egal auf welcher Uni tatsächlich einen sehr starken neuen Konkurrenten, der das gewohnte Tun in Frage stellt.
Eine Illusion, wie man an der Arbeit von Friedrich Robert Gilbert sehen kan, die nämlich weitestgehend unbekannt geblieben ist. Für Sinologen ist das einfach keine Lektüre.
Angenommen, ich brächte die Anwendung "meines" Systems zum Abschluss und träte sogar damit auf der Bühne auf (wo man mir auf der Grundlage eines 12.000-Zeichen-Lexikons beliebige Fragen stellen dürfte), dann würde man keineswegs nach der Methode fragen, die ich da verwende, sondern nur mein "Superhirn" anstaunen.
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Es gibt insegsamt sehr wenige Sinologen. Mittlerweile gibt es aber viel mehr Menschen, die Chinesisch lernen wollen. Friedrich Robert Gilbert ist offenbar nicht vergessen. Seine Bücher sind leider nicht bestellbar. Ein großer Unterschied wird nun durch das Internet herein gebracht: Die vertreuten Geister können sich finden, so wie wir hier in diesem Forum. Wenig Sinologen + wenig Mnemoniker macht eben keine Masse an Interessenten. Und trotzdem gibt es eine bedeutsame Stelle in der Geschichte der Mnemotechnik.

Viele große Werke sind Fragment geblieben ...
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben: Ob es irgendwo die Möglichkeit gibt, die Siegelschriftform eines beliebigen Zeichens und vielleicht sogar die Knochenschriftform aufzusuchen und als Schrift (nicht nur: als Bild) herauszukopieren?
Hier:
http://www.chineseupress.com/promotion/ ... uided.html
http://www.chineseupress.com/promotion/ ... en_p1.html
http://www.chineseupress.com/promotion/chant/
- ich habe es nicht ausprobiert, erscheint aber genau das zu sein, was Du suchst. Wenn Du es ausprobierst, kann Du bitte hier kurz posten, ob es geklappt hat?

Auch:
http://www.anyang.gov.cn/yswh/ys/jagu/jkzk.htm
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Das sieht seht vielversprechend aus, danker für den link. Ich habe dort eine Trial Registrierung vorgenommen, schaffe es aber damit irgendwie nicht, das Ganze zu aktivieren. Vielleicht versuchst Du das auch mal? Eine regelrechte Registrierung ist übrigens recht teuer.
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Habe probiert die trial version:
http://www.chant.org/info/trial/trial_sub.aspx

aber es tut sich nichts. Lädt ewig ohne timeout.

Alles, was mir dazu einfällt:
* es probieren, wenn es in Hongkong finsterste Nacht ist, weil da die Server vielleicht nicht so beansprucht sind.
* nach einigen Tagen noch einmal probieren
* die Leute per email anschreiben und fragen

Vielleicht kann noch jemand anders sein Glück versuchen.
Klaus Horsten
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Re: Schriftzeichen in zufälliger Reihenfolge

Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Die Örtlichkeiten müssen nicht vorbereitet sein. Man benötigt kein "leeres" System von Routenpunkten, sondern kann dies während des "Lesens" mit entwickeln.

Dass die Örter vollkommen unwirklich sind, bildet keine Beeinträchtigung. Im Gegenteil!

Sie schmiegen sich nur deshalb so sympathisch an die Zeichen an, weil sie nicht vorgegeben sind.
Herzlichen Dank für diesen Hinweis! Ja, das stimmt. Wenn man eine Geschichte machen will, die einen meditativ stimmt, und in der nicht ständig "Noah, Tee, Maus, Schaum" etc. vorkommen soll - oder der Weg zum Aldi oder Lidl -, sondern die in sich stimmig fließt, dann ist das eine sehr gute Methode.

Inhaltlich muss es einem allerdings der Mühe wert sein, sich in diese Richtung mnemonisch zu entwickeln.

Ich kann den Hermetikern und ihrer Nähe zur Religion, in der die Mnemotechnik einst stand, doch einen gewissen Sinn abgewinnen, denke ich beispielsweise an die 81 Kapitel von Laozi, memoriert mittels einer Geschichte, die nichts Fremdes aufnimmt, sondern in sich eine kleine Bilder-Welt bildet. Sollte es nicht möglich sein, die schönsten Stellen dieser Kapitel in einer ähnlichen Ortegeschichte zu memorieren, wie Du es getan hast, und wozu die Chinesen (siehe http://www.webmemory.org/list.asp?id=652) die nähere Anleitung geben?
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