Frage zur Klumpenmethode

Hierein gehört alles was die Geschichte und Methoden der Mnemotechnik betrifft. Z.B. Was ist die Geschichtenmethode? Was sind Routen? Des Weiteren geht es auch um die historische Betrachtung und Analyse der Mnemotechnik.


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MeisterLou
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Frage zur Klumpenmethode

Beitrag von MeisterLou »

Hallo,

ich brauche Eure Hilfe zur Klumpenmethode, wie sie in Esels Welt beschrieben ist. Herr Voigt spricht dort von drei Verklumpungsmethoden, die man in der Praxis bündelt:

1. man stülpe einer Menge von zu memorierenden Objekten eine Struktur auf
2. man assoziiere die Menge unterinander hinreichend, so dass ein Netz entsteht
3. man nimmt ein Element der Menge heraus und bezieht alle anderen darauf

Leider ist mir völlig unklar, wie ich auch nur eine der drei beschriebenen Methoden auf sehr große, inhomogene Mengen wie z.B. "Rotwein, Hase, Kinematik, Teppich, Al Capone,...", in Summe vielleicht 50 Begriffe, anwenden kann, denn:

1. eine konkrete Struktur (Kategorisierung) finde ich nicht, ist bei 50 Begriffen wohl auch nicht nicht zu finden.
2. wie soll ich 50 inhomogene Begriffe, analog dem Beispiel Tiger, Bett, Telefon aus EW, untereinander assoziieren, ohne dass ich die Kettenmethode gebrauche? Muss man dann etwa die Begriffe nach Methode 3. in Teilklumpen verklumpen und die Teilklumpen wiederum anhand ihrer rausgestellten Begriffe verklumpen?
3. wie soll ich 49 Begirffe auf einen beziehen?

Ich gebe zu meine Menge ist recht konstruiert, in der Praxis sind Mengen meist homogener. Aber würde es mir gelingen diese "schwierige" Menge zu verklumpen, wäre hoffentlich das Eis gebrochen :)

Ich hoffe, Ihr helft mir die Klumpenmethode zu verstehen, denn im Moment sehe ich in ihr nicht mal ansatzweise eine Hilfe.

Viele Grüße und vielen Dank!

Oliver
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Ulrich Voigt
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Re: Frage zur Klumpenmethode

Beitrag von Ulrich Voigt »

MeisterLou hat geschrieben:Leider ist mir völlig unklar, wie ich auch nur eine der drei beschriebenen Methoden auf sehr große, inhomogene Mengen wie z.B. "Rotwein, Hase, Kinematik, Teppich, Al Capone,...", in Summe vielleicht 50 Begriffe, anwenden kann,
Esels Welt S. 161 gibt eine Liste von 64 unzusammenhängenden Wörtern, die auf S. 162 per Fadenmethode und auf S. 163 - 165 per Klumpenmethode verarbeitet wird.
MeisterLou
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Beitrag von MeisterLou »

Guten Abend Herr Voigt,

vielen Dank für Ihre rasche Antwort, in der sie auf die "Geschichte vom Ende des Rebhuhns" verweisen. Ich folgere daraus, dass Sie unter einem Klumpen eine, die drei Forderungen "Seele", Überschirft und "eindeutige Grundlagen" erfüllende Geschichte verstehen. Ist das korrekt?
Augenscheinlich gleichen sich die drei Forderungen an eine Geschichte mit den drei Verklumpungsmethoden:

1. Seele -> "man nimmt ein Element der Menge heraus und bezieht alle anderen darauf"

2. Überschrift -> "man stülpe einer Menge von zu memorierenden Objekten eine Struktur auf "

3. eindeutige Grundlagen -> "man assoziiere die Menge unterinander
hinreichend, so dass ein Netz entsteht"

Die Klumpenmethode ist somit eine spezielle Methode zum Erstellen von Geschichten. Nicht mehr und nicht weniger.

Bitte korrigieren Sie etwaige Missverständnisse!

Viele Grüße, Oliver
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

MeisterLou hat geschrieben:Augenscheinlich gleichen sich die drei Forderungen an eine Geschichte mit den drei Verklumpungsmethoden:

1. Seele -> "man nimmt ein Element der Menge heraus und bezieht alle anderen darauf"

2. Überschrift -> "man stülpe einer Menge von zu memorierenden Objekten eine Struktur auf "

3. eindeutige Grundlagen -> "man assoziiere die Menge unterinander
hinreichend, so dass ein Netz entsteht"
Ad 1.
"man nimmt ein Element der Menge heraus und bezieht alle anderen darauf" <=> Seele ?

Beispiel 1 aus Esels Welt S. 125. (A = Tiger, B = Bett, C = Telephon): "Telephon und Bett gehören dem Tiger".
Hier ist A das (willkürlich) erwählte Element, das dann die Menge repräsentieren kann.
"Seele" ist auf S. 157 definiert als leitender Gedanke oder vielmehr Pseudo-Gedanke. In der soeben formulierten Phantasie klingt durchaus so etwas an, wie "Sinn", man befindet sich schon auf dem Weg zu einer Geschichte, man ist aber noch im Vorfelde.
"Bezug auf ein Element" kann als eine dünne und elementare Möglichkeit für "Seele" gelten, aber auf keinen Fall damit gleichgesetzt werden. Es ist wie in der Natur. Auch ein Stein besitzt, wenn man so will, bereits eine Seele, jedoch gibt es auch gute Gründe, nur dem Menschen eine Seele zuzubilligen.

Ad 2.
"man stülpe einer Menge von zu memorierenden Objekten eine Struktur auf " <=> Überschrift ?

Beispiel 2 (S. 125): die Struktur, die hier übergestülpt wird ist das Krankenzimmer mit seinen Möbeln und Personen.
Eine Überschrift ist damit noch nicht gegeben, wiewohl nahegelegt. Die Struktur könnte eine medizinische Überschrift tragen, was sie hier aber nicht soll, da es um einen juristischen Zusammenhang geht.
"Übergestülpte Struktur" kann also nicht mit "Überschrift" gleichgesetzt werden.

Ad 3
"man assoziiere die Menge untereinander hinreichend, so dass ein Netz entsteht" <=> eindeutige Grundlagen ?

Beispiel 1 (S. 125): "Telephon und Bett gehören dem Tiger. Der liegt unter dem Bett, neben sich das Telephon usw." usw. = Das Telephon ist speziell für Tiger gefertigt und am Bett befestigt. Das Bett ist ein Telephon-Bett, speziell gefertigt für Tiger.
Na ja, für "hinreichend" ist das schon ziemlich übertrieben.
Die eindeutigen Grundlagen sind dabei vorausgesetzt, sie werden durch die Verklumpung (= Vertäuung) nicht verändert.
"Eindeutige Grundlagen" und "Überschrift" können nicht gleichgesetzt werden.

Fazit:
Die drei genannten Methoden der Verklumpung klingen ähnluch wie die drei Bedingungen an eine mnemotechnische Geschichte, sie sind aber keineswegs gleichzusetzen.

Der Übergang von "bloss Klumpen" zu "bereits Geschichte" ist in der Realität fließend. Man wird immer in die Richtuing einer Geschichte arbeiten. Wirkliche Geschichten sind in der Mnemotechnik gar nicht möglich, sondern nur näherungsweise (dazu ausführlich Esels Welt Kap. 5)

Mnemotechnische Geschichte habe ich durch die genannten drei Bedingungen definiert: Mnemotechnische Geschichte = Klumpen mit einleuchtender Überschrift und Seele (die eindeutigen Grundlagen muss natürlich auch der bloße Klumpen bereits haben). Das, was man heutzutage als "Geschichtenmethode" bezeichnet, das Erstellen von Fäden, fällt nicht unter meinen Begriff, denn es fehlt ihm stets die Seele und auch die (einleuchtende) Überschrift. Eine gute mnemotechnische Geschichte sollte darüber hinaus aber auch noch witzig sein oder unheimlich oder irgendwie denkwürdig. Dazu gibt Esels Welt nur ein einziges Beispiel ("Die Geschichte vom Ende des Rebhuhns"), das sogar unter der erschwerten Bedingung konstruiert ist, dass Füllwörter gänzlich entfallen. Esels Welt gibt durchgehend für jede der angesprochenen Methoden nur ein ein einziges Beispiel. Eine ganze Reihe von Beispielen findet man aber in Das Jahr im Kopf. Die dortigen mnemotechnischen Geschichten verklumpen z.T. mehr als 70 (unzusammenhängende) Wörter und umfassen zusammen mehr als 100 gedruckte Seiten. Seit dem 17. Jahrhundert sind mnemotechnische Konstruktionen solchen Umfangs nicht veröffentlicht worden.
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Das, was man heutzutage als "Geschichtenmethode" bezeichnet, das Erstellen von Fäden, fällt nicht unter meinen Begriff, denn es fehlt ihm stets die Seele und auch die (einleuchtende) Überschrift
Wer sagt denn sowas? Der völlig esoterische und fachfremde Begriff der "Seele" ist nicht zu definieren. Man kann vermuten, dass jemand der diesen Begriff in diesem Zusammenhang benutzt, so etwas wie "geistreichen Witz und Erkenntnis tieferer Zusammenhänge" meint.

So wie ich die "Klumpenmethode" verstanden habe ist sie nichts anderes als das Bilden von Assoziationsketten, bei der man die Reihenfolge geschickt wählt, sich ganz besonders viel Mühe beim formulieren und ausdenken der Geschichte gibt und die Anleitung dazu noch etwas kompliziert formuliert. Viele Worte drum zu machen ändert ja nichts am Prinzip oder?

Ich weiß nicht, wie andere dass aus Erfahrung kennen, aber ich habe die Geschichtenmethode auf echten Lernstoff angewendet. Über 100 Din A4 Seiten medizinischen Lernstoff habe ich auf ca 80 Geschichten verteilt, es war nämlich ein Fragenkatalog.

Es hat sehr gut funktioniert (auch als "Schulnote" Sehr Gut). Aber die Grenzen der Technik wurden mir bei den folgenden Prüfungen auch klar.

Für mich zumindest ist es zu anstrengend, sehr gute Geschichten zu erfinden und zu wiederholen, zumindest auf großangelegter Basis in kurzer Zeit. Da ist die "flache" Locitechnik besser geeignet. Wir reden hier nämlich von mehreren Stunden täglich in einer absolut kreativen Aufgabe.

Hingegen, wenn man für wirklich langfristiges Behalten arbeitet, und keinerlei Zeitdruck beim Lernen hat (eine Situation die mir gänzlich unbekannt ist), wären exzellente Geschichten die beste Wahl. Auch für "vorgekaute" Lernhilfen würde ich eher diese Methode empfehlen.
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Beitrag von MeisterLou »

Mnemotechnische Geschichte habe ich durch die genannten drei Bedingungen definiert: Mnemotechnische Geschichte = Klumpen mit einleuchtender Überschrift und Seele (die eindeutigen Grundlagen muss natürlich auch der bloße Klumpen bereits haben). Das, was man heutzutage als "Geschichtenmethode" bezeichnet, das Erstellen von Fäden, fällt nicht unter meinen Begriff, denn es fehlt ihm stets die Seele und auch die (einleuchtende) Überschrift. Eine gute mnemotechnische Geschichte sollte darüber hinaus aber auch noch witzig sein oder unheimlich oder irgendwie denkwürdig. Dazu gibt Esels Welt nur ein einziges Beispiel ("Die Geschichte vom Ende des Rebhuhns"), das sogar unter der erschwerten Bedingung konstruiert ist, dass Füllwörter gänzlich entfallen. Esels Welt gibt durchgehend für jede der angesprochenen Methoden nur ein ein einziges Beispiel. Eine ganze Reihe von Beispielen findet man aber in Das Jahr im Kopf. Die dortigen mnemotechnischen Geschichten verklumpen z.T. mehr als 70 (unzusammenhängende) Wörter und umfassen zusammen mehr als 100 gedruckte Seiten. Seit dem 17. Jahrhundert sind mnemotechnische Konstruktionen solchen Umfangs nicht veröffentlicht worden.
Vielen Dank für die aufschlussreichen Worte! Es ist schon ein besonderes Privileg, nach der Lektüre eines Buchs direkt mit dem Autor zu diskutieren. "Das Jahr im Kopf" werde ich spät. nächstes Jahr lesen.
Ich weiß nicht, wie andere dass aus Erfahrung kennen, aber ich habe die Geschichtenmethode auf echten Lernstoff angewendet. Über 100 Din A4 Seiten medizinischen Lernstoff habe ich auf ca 80 Geschichten verteilt, es war nämlich ein Fragenkatalog
Sehr interessant! Kannst Du mir das bitte näher erläutern? Was bedeutet in diesem Zusammenhang "Fragenkatalog"? Wie war der Lernstoff genau aufbereitet?
Und als zentrale Frage, wie hast Du die 80 Geschichten im Kopf geordnet? Entlang einer Garderobe, respekt. Route? Waren die Geschischten theamtisch homogen? Sorry für die vielen Fragen, aber genau deine Anwendung schwebt mir auch vor. :D

VIELEN DANK!!

Viele Grüße, Oliver
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Der Fragenkatalog mit den ca 80 Fragen drehte sich um allgemeine Pathologie. Da ging es pro "Frage" um einen Komplex von allgemeinen pathologischen Erscheinungen, sowas wie Begriffserklärung und Bedeutung/Entstehung in einem. Insgesamt so um die 100 Seiten, weil ich auch noch etwas extra Material einbeziehen musste.

Ich gehe davon aus, dass sich jeder Stoff in sowas wie "Vorträge" oder "Fragen" aufteilen läßt, und zwar nach möglichkeit unter 2 Seiten. Dann gehe ich davon aus, dass ich den Vortrag vollständig halten könnte, wenn ich mich an bestimmte Stichworte erinnern kann, und zwar so wenig wie möglich. Manchmal sind es nur 5 Stichworte auf einer Seite, manchmal auch 40, bei wichtigen Tabellen zum Beispiel. Die Stichworte markiere ich mir.

Zu Anfang habe ich aus diesen Stichwörtern Assoziationsketten gebildet. Das ist sowas wie ne Geschichte, kann aber auch ganz sinnfrei sein, hauptsache bildlich. Das Anfangsstichwort habe ich dann auf einen Routenpunkt abgelegt. So hatte ich am Schluss für jede Geschichte einen Routenpunkt.

Bei späteren Prüfungen habe ich fast jeden Stichpunkt einzeln auf einen Routenpunkt abgelegt. Dabei habe ich viele kleine Routen, auf denen jeweils ein Thema von zum Beispiel 20 Stichpunkten liegt, aber auch größere, wo ich dann zwei oder drei Themen ganz linear hintereinander gespeichert habe. Die Zuordnung zwischen Thema und Route habe ich mir auf einen Zettel aufgeschrieben, weil es mir zu anstrengend ist, rein geistig da den Überblick zu halten, und auch zu viel Zeit kostet. Bei Prüfungen hatte ich aber auch noch nie das Problem, ein Thema nicht zu finden, da muss man ja nur ein oder zwei Themen aus dem Hut zaubern und hat auch genügend Zeit dafür, zur Not alle Listen abzuklappern, was aber auch nicht notwendig ist, normalerweise.
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

DocTiger hat geschrieben:So wie ich die "Klumpenmethode" verstanden habe ist sie nichts anderes als das Bilden von Assoziationsketten, bei der man die Reihenfolge geschickt wählt, sich ganz besonders viel Mühe beim formulieren und ausdenken der Geschichte gibt und die Anleitung dazu noch etwas kompliziert formuliert. Viele Worte drum zu machen ändert ja nichts am Prinzip oder?
Das ist offensichtlich ohne Sachkenntnis gesprochen, denn bei der Klumpenmethode geht es gerade nicht um Reihenfolge.
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