Scheinklumpenmethode

Hierein gehört alles was die Geschichte und Methoden der Mnemotechnik betrifft. Z.B. Was ist die Geschichtenmethode? Was sind Routen? Des Weiteren geht es auch um die historische Betrachtung und Analyse der Mnemotechnik.


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Ulrich Voigt
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Scheinklumpenmethode

Beitrag von Ulrich Voigt »

Fadenbilder sind verkappte Fadengeschichten.

Bilder sind Gesamtheiten und haben in sich keine Reihenfolge. "Der Mann mit dem Goldhelm". Muss ich etwa erst den Mann sehen und dann merken, dass da etwas golden glänzt , um schließlich zu entdecken, dass es sich dabei um einen Helm handelt? Das wär ja ein Ding!
Verknüpfe ich aber, um mir die Zahl 3153 zu merken, 31 = Motte mit 53 = Leim, zu „Die Motte sitzt auf dem Leim“, so muss ich unbedingt zuerst "Motte" denken, dann "Leim", wenn es also um ein Bild ginge, müsste ich zuerst die Motte wahrnehmen, dann erst den Leim. Wir haben also gar kein Bild vor uns, sondern ein Bild mit dem Zusatz: Erst dies, dann das. Im Hintergrund des sog. Bildes befindet sich eine Fadengeschichte (zu der Sequenz Motte - Leim): "Da kommt die Motte, sie fliegt und fliegt, aber wohin? Oh, auf den Leim!" Wehe, wir vergessen die Reihenfolge, denn dann droht uns der Irrtum 5331.

Solche Bilder, die in Wahrheit verkappte Fadengeschichten sind, nenne ich Fadenbilder.

Ich behaupte: Alle komplexen Bilder der Mnemotechnik sind entweder Fadenbilder oder beruhen auf einer Klumpenmethode.

Leser von DAS JAHR IM KOPF wissen, dass ich, um von Fadenbildern und Fadengeschichten loszukommen, mit mehreren 100-Garderoben simultan arbeite. Angenommen, 31 = Motte und 53 = Leim entstammen zwei Garderoben, die ich nummeriert habe. Dann ist 3153 = die Motte sitzt auf dem Leim = auf dem Leim sitzt eine Motte. Ich habe also ein wirkliches Bild, auf dem mein Blick entspannt hin- und herschweifen kann, ohne dabei an zusätzliche Bedingungen denken zu müssen.
Das ist der Unterschied: Die Scheinklumpenmethode erlaubt es, dem Anspruch, der mit dem Begriff „Bild“ gegeben ist, sehr viel näher zu kommen als es bei den üblichen Verfahren möglich ist. Ihr technischer Aufwand ist dementsprechend größer.
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Ulrich Voigt
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Scheinklumpenmethode Fortsetzung

Beitrag von Ulrich Voigt »

Beispiele aus Horst Kasper, Mnemotechniken im Unterricht, Buxtehude 2011, S. 81

Berlin hat 3.416.255 Einwohner = Unter einer jungen Linde in der Nähe des Reichstags sitzt ein junges Mädchen ganz in Gelb gekleidet, in der linken Hand eine Gabel, in der rechten einen braunen Handball haltend.
Erläuterung:
Unter einer jungen Linde in der Nähe des Reichstags = Berlin
Gabel = 3
(Baum = 1, Schwan = 2, Dreizack = 3, Auto = 4, Hand = 5, Würfel = 6, Zwerg = 7, Achterbahn = 8, Luftballon = 9, Zielscheibe = 10 – nach Gregor Staub)
Junges Mädchen = 16
(Fußball = 11, 12 = Uhr, 13 = Prinz, 14 = Blumenstrauß, 16 = Teenager, 17 = Kartenspiel, 18 = Führerschein, 19 = Abendessen, 20 = Tagesschau – nach Gregor Staub)
Braun = 2
(rot = 1, braun = 2, orange = 3, gelb = 4, grün = 5, blau = 6, lila = 7, grau = 8, weiß = 9, schwarz = 10 – nach Gregor Staub)
Handball = 55
(Tor = 51, Basketballkorb = 52, 53 = Kletterseil, 54 = Sprossenwand, 55 = Handball, 56 = Bock, 57 = Kasten, Matte = 58, Barren = 59, Schwedenbank = 60 – nach Gregor Staub. Dies soll man sich für die Turnhalle merken)

Damit kann man die Konstruktion gut nachvollziehen. Kasper versucht, ein Bild zu beschreiben. Der Betrachter steht vor dem jungen Mädchen in Gelb (Man beachte: Hier wird unwillkürlich die Scheinklumpenmethode angewendet, denn Mädchen in Gelb = Gelb gekleidetes Mädchen!) Die linke Hand des Mädchens hält die Gabel, die rechte den braunen Handball. Wir sehen also rechts die Gabel, links den Handball, müssen das Bild also von rechts (3 = Gabel) nach links (2 55 = brauner Handball) lesen. Ich vermute, dass Kasper diese Verdrehung nicht bemerkt hat, in seinem Kopf war halt doch eher der strenge Faden der Reihenfolge, in der die Dinge genannt werden, d.h. er dachte eher an eine Fadengeschichte als an ein Bild.

Hamburg hat 1.770.629 Einwohner = Auf der Binnenalster schwimmt der bekannte Hamburger Schwan Richtung Ufer, an dem ein kleiner Baum steht. Darunter liegt das lila gefärbte große Becken aus dem Musiksaal, daneben Ihr knallig blaues Schulheft.

Erläuterung
Auf der Binnenalster schwimmt der bekannte Hamburger Schwan Richtung Ufer = Hamburg
Baum = 1
(Baum = 1 Schwan = 2, Dreizack = 3, Auto = 4, Hand = 5, Würfel = 6, Zwerg = 7, Achterbahn = 8, Luftballon = 9, Zielscheibe = 10 – nach Gregor Staub)
Lila = 7 (s.o.)
Becken = 70
(Klavier = 61, Xylophon = 62, Triangel = 63, Musiktafel = 64, Handtrommel = 65, Stereoanlage = 66, Lautsprecher = 67, Glockenspiel = 68, Rassel = 69, Becken mit Schlägel = 70 – nach Gregor Staub. Dies soll man sich für den Musiksaal in der Schule merken)
Blau = 6 (s.o.)
Schulheft = 29
(Tafel = 21, Kreide = 22, Schwamm = 23, Overheadprojektor = 24, Stuhl = 25, Tisch = 26, Schultasche = 27, Mäppchen = 28, Heft = 29, Lieblingsschulbuch = 30 – nach Gregor Staub. Dies soll man sich für den Klassenraum merken)

Damit kann man die Konstruktion nachvollziehen. Wenn man „darunter“ – „daneben“ als eine klar vorgegebene Reihenfolge ansieht, ist diese Bildbeschreibung eindeutig. Hinter ihr steht die Reihenfolge Baum – Farbe – Objekt – Farbe – Objekt, also eine Fadengeschichte. Wehe, ich verwechsle die Farben. Wehe, ich verwechsle die Reihenfolge der Objekte. Eigentlich muss ich einen Text auswendig lernen. Der Schwan ist ganz überflüssig, er soll an Hamburg erinnern, jedoch erinnert er eher an die Zahl 2 aus der obigen 10-Garderobe.


München
hat 1.311573 Einwohner = Der Münchner Löwe liegt gemütlich unter einem Baum. Daneben ein orangefarbener Fußball und eine grüne Handsäge.

Erläuterung:
Münchner Löwe = München
Baum = 1 (s.o.)
Fußball = 11
(Fußball = 11, Uhr = 12, Prinz = 13, Blumenstrauß = 14, Buch = 15, Teenager = 16, Kartenspiel = 17, Führerschein = 18, Abendessen = 19, Tagesschau = 20 – nach Gregor Staub)
Grün = 5 (s.o.)
Handsäge = 73
(Werktisch = 71, Brett = 72, Handsäge = 73, Hobel = 74, Hammer = 75, Bohrmaschine = 76, Schraubstock = 77, Laubsäge = 78, Schleifklotz = 79, Metermaß = 80 20 – nach Gregor Staub soll man sich im Werkraum der Schule vorstellen.)

Damit kann man die Konstruktion nachvollziehen. Hier muss ich mir zusätzlich vorstellen, dass ich vor dem Baum stehe, rechts von ihm liegt der Fußball und noch etwas weiter rechts liegt die Handsäge. Wehe, ich verwechsle dabei die beiden Farben!
Der Löwe wiederum ist eher eine Störung. Er bewirkt, dass ich Fußball und Handsäge nicht neben dem Baum sehe, sondern neben dem Löwen. Hätte Kasper nicht die Fadenmethode im Kopf, die fest vorgegebene Reihenfolge, so müsste er nicht „neben“ schreiben, sondern „rechts daneben“. Er beschreibt kein Bild, sondern gibt einen Text zum Auswendiglernen.
Die Bildbeschreibung wäre dessen ungeachtet aber möglich:
München hat 1.311573 Einwohner = Im Englischen Garten von München steht ein interessanter Baum. Als ich einmal vor ihm stand und darüber nachdachte, wie viele Einwohner München wohl haben könnte, sah ich rechts von ihm einen orangefarbenen Fußball liegen und noch ein Stück weiter rechts eine grüne Handsäge.
Das Problem beim etwas längerfristigen Memorieren ist dabei nur, dass solche topologischen Details leicht verloren gehen, denn sie haben in dem Bild keine Funktion. Überhaupt liegen die Dinge in den Kasperschen Konstruktionen etwas beziehungslos nebeneinander.

Noch etwas gibt es zu bedenken. In den Kasperschen Bildern kommt die gestellte Frage („Wie viele Einwohner hat die Stadt?“) überhaupt nicht vor. Nach einiger Zeit wird man gar nicht mehr wissen, worum es überhaupt geht.


Die Alternative mittels Scheinklumpenmethode.
Ich benutze vier Garderoben. Eine 100-Garderobe aus Namen, eine 10-Garderobe aus Farben, sodann die beiden 100-Garderoben aus DAS JAHR IM KOPF (S. 325 f.)
Sodann definiere ich als Reihenfolge "Name – Garderobe Nr. 0 („Isis“) – Farbe – Garderobe Nr 1 („Sissi“)."
Farben benutze ich etwas anders als Staub: ESELS WELT S. 185.

Damit wird

Berlin hat 3.416.255 Einwohner = In Berlin vor dem orange angestrahlten Taj Mahal steht Marlene Dietrich mit einem Lolli und denkt darüber nach, wie viele Einwohner Berlin wohl haben mag. Auch der Lolli ist orange.

Hamburg hat 1.770.629 Einwohner = In Hamburg gibt es auf dem Rathausmarkt eine violette Kastanie, an die ein Dagobert Duck mit einer Nabelschnur angebunden ist. Wer genau sagen kann, wie viele Einwohner die Hansestadt Hamburg laut Angabe des Statistischen Bundesamts für Ende 2007 hatte, darf die Nabelschnur abmachen und den Dagobert mit nach Hause nehmen.

München hat 1.311573 Einwohner = Thomas Mann schlendert durch München. Er trägt einen blauen Gamshut und möchte sich auf dem Viktualienmarkt eine Dattelpalme kaufen. Auf den Besuch hat er sich gut vorbereitet, denn er weiß tatsächlich, wie viele Einwohner München ein halbes Jahrhundert nach seinem Tode haben wird.

Wieder einmal: Ein erheblich höherer Aufwand bringt einen gewissen Vorteil! Es gibt nur eine einzige Farbe pro Bild und wir brauchen nicht darauf zu achten, wo sie dort im Einzelnen ist. Die Elemente des Bildes können beliebig hin- und hergeschoben werden, z.B.

Berlin
hat 3.416.255 Einwohner = Marlene Dietrich auf der Berlinale. Mit ihrem orangenen Lolli betritt sie das Taj Mahal, um sich dort nach der Einwohnerzahl Berlins im Jahre 2007 zu erkundigen.
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Ulrich Voigt
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Re: Scheinklumpenmethode Fortsetzung

Beitrag von Ulrich Voigt »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Beispiele aus Horst Kasper, Mnemotechniken im Unterricht, Buxtehude 2011, S. 81
Um diese Beispiele dazu heranzuziehen, die Überlegenheit der Scheinklumpenmethode aufzuzeigen, müssen sie zunächst einmal so umformuliert werden, dass sie auf dem Boden der vorliegenden Definitionen und Methoden optimal sind.

Ich versuche also, die drei von Kasper vorgelegten Konstruktionen entsprechend umzuformulieren:

Berlin in der Nähe des Reichstags: Ein ganz in Gelb gekleideter Teenager, den wir dort von hinten sitzen sehen, hält in seiner linken Hand eine Gabel, in der rechten einen braunen Handball. Der Teenager meditiert über die Frage, wieviele Einwohner Berlin wohl genau haben mag.

Wir stehen vor einem Baum nahe der Alster in Hamburg. Rechts von dem Baum liegt das lila gefärbte Becken aus unserem Musiksaal, noch weiter rechts ein knallig blaues Schulheft. Wir schauen nach: Ja, im Schulheft steht, wieviele Einwohner Hamburg hat.

Ein Baum im Englischen Garten zu München. Rechts neben ihm liegt ein orangefarbener Fußball, noch weiter rechts eine grüne Handsäge. Sägt man den Fußball mit der Handsäge auf, so findet man einen Zettel, auf dem die genaue Einwohnerzahl von München steht.

Die Bilder sind jetzt "lesbar", und zwar von links nach rechts.

Aber nicht ohne Probleme: "Ein in Gelb gekleideter Teenager" ist nicht dasselbe wie "ein Teenager, der in Gelb gekleidet ist", man muss also zusätzlich zu dem Bild noch einen Text auswendig wissen. Ebenso ist es bei den übrigen Farben. Gibt man hier allerdings geeignete Gebrauchsanweisungen mit (z.B.: "Die Farbe kommt stets zuerst"), so entstehen partielle Scheinklumpen.

Die Bilder sind insgesamt statisch, es sind wirklich bloß Bilder und noch keine bewegten Szenen. Etwas Bewegung erhalten sie nur durch den Bezug zur Fragestellung ("Wieviele Einwohner ...?")
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Ulrich Voigt
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Re: Scheinklumpenmethode Fortsetzung

Beitrag von Ulrich Voigt »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Berlin hat 3.416.255 Einwohner =
Berlin in der Nähe des Reichstags: Ein ganz in Gelb gekleideter Teenager, den wir dort von hinten sitzen sehen, hält in seiner linken Hand eine Gabel, in der rechten einen braunen Handball. Der Teenager meditiert über die Frage, wieviele Einwohner Berlin wohl genau haben mag.
Hier eine noch etwas bessere Fassung:

Wir stehen in einer Entfernung vor dem Reichstag in Berlin und denken darüber nach, wieviele Einwohner Berlin laut Angabe des statistischen Bundeamts für Ende 2007 wohl hatte. Vor uns sitzt ein ganz in Gelb gekleideter Teenager, der ebenfalls zum Reichstag hinblickt und womöglich über dieselbe Frage nachgrübelt. Er hält in der linken Hand eine Gabel, in der rechten einen braunen Handball. Ob wir das entschlüsseln können?

Ich habe die Gewohnheit, an Konstruktionen, die man auf Dauer behalten soll (oder gar will) und die ich vielleicht veröffentlichen möchte, solange herumzufeilen, bis mir keine Verbesserung mehr einfällt.
Ich dachte, das sei selbstverständlich. Moderne Autoren sind aber oftmals zufrieden, wenn sie einigermaßen plausible Lösungen gefunden haben. Zu ihren Lesern sagen sie dann: "Seht mal, wie einfach das doch ist, das könnt ihr auch!" Macht sich der Leser dann an die Arbeit, so landet er entweder bei Lösungen, die ihn im Ernstfall in die Irre führen oder er sieht sich gezwungen, all die kleinen Schwierigkeiten, über die das Buch so elegant hinweggeht, zu registrieren und die Arbeit auf sich zu nehmen, für die sich der Autor zu schade war.

Der Grund für die sorglose Einstellung dieser Autoren liegt meines Erachtens darin, dass sie ihre Erfindungen selbst gar nicht ernsthaft ausprobiert haben. Sie sind zufrieden mit einem "Ja, so in etwa müsste es gehen."
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Berlin hat 3.416.255 Einwohner
Muss nicht eine Grundregel der Mnemotechnik lauten, dass nur Bedeutsames gelernt werden soll? Und Richtiges?

Die Zahl ist insofern falsch, als sie nicht gerundet ist: Jeden Tag gibt es Neugeborene und stirbt jemand.

Sie ist bedeutungslos, weil sie in keinem Vergleich zu einer anderen Zahl steht.

Man müsste also 1. die Zahl runden, 2. eine zweite Zahl lernen, die ihr im Vergleich eine Bedeutung gibt.
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Muss nicht eine Grundregel der Mnemotechnik lauten, dass nur Bedeutsames gelernt werden soll? Und Richtiges?
Mag sein, aber darum geht es hier doch gar nicht!
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Wenn Du mehrere gerundete Zahlen hast, würdest Du dann auch mit der Scheinklumpenmethode arbeiten?
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Wenn Du mehrere gerundete Zahlen hast, würdest Du dann auch mit der Scheinklumpenmethode arbeiten?
Die Frage ist so, wie sie gestellt ist, kaum zu beantworten. Ich sehe nicht, inwiefern das Runden der Zahlen von Belang ist.
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Beispiele (Einwohnerzahl -> gerundet):

1. Mexiko-Stadt 8.720.916 -> 8.720.000
2. Shanghai 9.696.600 -> 9.700.000
3. Mumbai (Bombay) 13.662.885 -> 13.700.000
4. Wien 1.697.982 -> 1.700.000

Die Nullen sind das Problem.

Um den Zahlen eine Bedeutung zu geben könnte ich etwa sagen:

"Österreich hat 8.405.500 Einwohner. Mexiko-Stadt hat ungefähr gleich viel, nämlich 8.720.000. Da hat eine Stadt so viel Einwohner wie ein ganzes Land. Das sind sogenannte 'Megastädte'." Und dann müsste ich diese beiden Zahlen in einem Bild chiffrieren.

Bei zwei Zahlen wird man rasch eine Lösung finden. Wenn es aber viele solcher Zahlen in einer Geschichte sind?
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Digression:

Wenn man will, dass die Mnemotechnik Akzeptanz findet, dann muss man wegkommen von:

'Bedeutungsloser Lernstoff' -- 'geniale Methode; wir geben dir die Methode, such du dir die Anwendung selber'

und muss hin zu:

'bedeutungsvoller Lernstoff' -- 'hier lernst du, wie es geht'.
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Hugin und Munin
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Beitrag von Hugin und Munin »

Je nachdem um welche Städte es sich handeln soll, könnte ich mir vorstellen beispielsweise so vorzugehen:

Beispiel: Großstädte (ab 100,000):
Der Rahmen ist also 100,000 bis ca. 40,000,000.
Hier würde ich wohl durch 10,000 teilen und käme auf
Reykjavík 12
Moskau 1155

In Reykjavík hat jeder Einwohner eine eigene Tanne (12), mit der man unterm Arm auch gerne mal zur Hallgrímskirkja (Verortung) geht.

In Moskau auf dem Roten Platz vor der Basilius-Kathedrale (Verortung) werden an alle Einwohner Dodolollis (11,55) verteilt.
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Re: Scheinklumpenmethode Fortsetzung

Beitrag von Horkas »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Beispiele aus Horst Kasper, Mnemotechniken im Unterricht, Buxtehude 2011, S. 81
...
Handball = 55
(Tor = 51, Basketballkorb = 52, 53 = Kletterseil, 54 = Sprossenwand, 55 = Handball, 56 = Bock, 57 = Kasten, Matte = 58, Barren = 59, Schwedenbank = 60 – nach Gregor Staub. Dies soll man sich für die Turnhalle merken)
...
Kasper versucht, ein Bild zu beschreiben. Der Betrachter steht vor dem jungen Mädchen in Gelb (Man beachte: Hier wird unwillkürlich die Scheinklumpenmethode angewendet, denn Mädchen in Gelb = Gelb gekleidetes Mädchen!) Die linke Hand des Mädchens hält die Gabel, die rechte den braunen Handball. Wir sehen also rechts die Gabel, links den Handball, müssen das Bild also von rechts (3 = Gabel) nach links (2 55 = brauner Handball) lesen. Ich vermute, dass Kasper diese Verdrehung nicht bemerkt hat, in seinem Kopf war halt doch eher der strenge Faden der Reihenfolge, in der die Dinge genannt werden, d.h. er dachte eher an eine Fadengeschichte als an ein Bild.
...
Der Schwan ist ganz überflüssig, er soll an Hamburg erinnern, jedoch erinnert eher an die Zahl 2 aus der obigen 10-Garderobe.
Daneben ein orangefarbener Fußball und eine grüne Handsäge.

Handsäge = 73
(Werktisch = 71, Brett = 72, Handsäge = 73, Hobel = 74, Hammer = 75, Bohrmaschine = 76, Schraubstock = 77, Laubsäge = 78, Schleifklotz = 79, Metermaß = 80 20 – nach Gregor Staub soll man sich im Werkraum der Schule vorstellen.)
Mein alter ego (also der Autor) freut sich über die ausführliche und genaue Auseinandersetzung mit seinem kleinen Werk. Es muss jedoch darauf hinweisen, dass die hier verwendete Hunderterliste eng am Thema "Mnemotechniken im Unterricht"oientiert ist. Die Begründung: Wenn Lehrer im Unterricht mit einer Hunderterliste arbeiten, ist es zweckmäßig, sich die erforderliche Anschauung in der direkten Umgebung zu holen. Staub hat in seinem CD-Programm immer die Wohnumgebung benutzt. Die schulischen Bilder stammen also von Kasper. Er betont die Notwendigkeit, dass jeder Lehrer sich an der eigenen Schule orientiert. Nicht überall gibt es zum Beispiel Werkräume oder einen Musiksaal. Den Schülern das Fahrrad als 10- Liste nahe zu bringen, ist Kaspers ureigener Beitrag.

Er schreibt bei der Übungsaufgabe mit den Einwohnerzahlen aber nicht, dass der Lernende vor dem Mädchen steht. Er kann auch von hinten auf das Bild "in Gelb gekleidetes Mädchen vor dem Reichstag" schauen. Dann gibt es keine "Verdrehung". Er könnte auch die Sinnespäferenz "Körpergefühl" statt "Visualisierung" haben. Dann steht er auch nicht spiegelverkehrt in der Szene. Die kleine Linde steht für die 1. Großstadt (Berlin), der Schwan für die 2. (Hamburg), das Papamobil für die 4. (Köln). Dem Münchener Löwe muss in dem Buch bei der Bearbeitung Neptuns Dreizack entfallen sein. Alles bedauerliche Ungenauigkeiten. Aber es handelt sich auch nicht um direktes Schülerübungsmaterial, sondern um Texte für Lehrer, die auch in der Lage sein werden, die Umsetzung im Unterricht mit klarer Anschaulichkeit zu praktizieren.

Mein alter ego hat versprochen, im Falle einer neuen Auflage noch genauer sein zu wollen und dankt herzlich für die begriffliche Einordnung.
Zuletzt geändert von Horkas am Do 08. Mär 2012, 11:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Scheinklumpenmethode Fortsetzung

Beitrag von Horkas »

Ulrich Voigt hat geschrieben: Der Grund für die sorglose Einstellung dieser Autoren liegt meines Erachtens darin, dass sie ihre Erfindungen selbst gar nicht ernsthaft ausprobiert haben. Sie sind zufrieden mit einem "Ja, so in etwa müsste es gehen."
Es mag so sein, dass manche Autoren so arbeiten. Mein alter ego allerdings weist das für sich zurück und versichert, alles mit Fleiß und Gewissenhaftigkeit erfolgreich erprobt zu haben.
Klaus Horsten
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Re: Scheinklumpenmethode

Beitrag von Klaus Horsten »

Die Scheinklumpenmethode ist bereits (vor) 1990 von Ursula Höntsch entwickelt worden. Allerdings nicht von ihr also solche bezeichnet worden. In "Mnemotechnik - Wege zum Supergedächtnis" unter dem Kapitel "Stellenkennwörter" (S. 138 ff) findet man sie.

Beispiel:
Immer wenn in einer Geschichte ein MALER vorkommt, bedeutet er eine dreistellige Zahl, denn M = 3. Tizian ist 100, Nolde ist 200, Michelangelo = 300 ... Für neunstellige Zahlen hat sie BLUMEN, denn B = 9: Tulpe, Narzisse, Maiglöckchen ... Wenn also in einer Geschichte eine Tulpe vorkommt, weiß ich, dass es die Zahl 100.000.000 ist. Und es ist egal, an welcher Stelle die Tulpe in der Geschichte vorkommt. Es handelt sich um eine Rundungszahl.

Ursula Höntsch hat, in meinen Augen, eine der besten Mnemotechniken des 20. Jahrhunderts geschrieben (im deutschsprachigen Raum). Da sie keine Rekorde vorzuweisen hat - vermute ich -, musste sie ihr Buch im Eigenverlag herausgeben.

Um 100.000.300 auszudrücken, kann ich sagen: Michelangelo hält eine Tulpe; oder Tulpen regnen über Michelangelo; die Abfolge ist egal, denn ich weiß: die Blume hat 9 Stellen und muss vor dem Maler kommen, der drei Stellen hat. Deshalb handelt es sich um eine Scheinklumpenmethode: die Ordnung ist da, aber hinzugedacht.
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Ulrich Voigt
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Re: Scheinklumpenmethode

Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Die Scheinklumpenmethode ist bereits (vor) 1990 von Ursula Höntsch entwickelt worden.
Richtig! Auch dem positiven Urteil über ihr Buch pflichte ich bei.
Ich war übrigens mit Ursula Höntsch bekannt und bereue heute, dass ich ihre Einladung, mir ihre Mnemotechnik der Schnellschrift persönlich beizubringen, nicht angenommen habe. Für mich völlig überraschend, war sie dann plötzlich verstorben; ihre Kinder schmissen ihre Aufzeichnungen und Restexemplare in den Müll.

Wenn man sagt "bereits 1990 entwickelt worden", so klingt das in Anbetracht des ehrwürdigen Alters unserer Kunst, ziemlich erstaunlich. Es mag tatsächlich so sein. Verwundern würde es mich aber auch nicht, wenn ähnliche Anwendungen aus vergangenen Jahrhunderten ans Licht kämen. In Esels Welt gehe ich darauf nicht ein, sondern beschreibe diese Methode allgemein und gebe ihr einen Namen. Solange eine Methode nicht allgemein beschrieben und benannt ist, ist sie meines Erachtens noch nicht richtig auf der Welt, sondern nur implizit vorhanden.

Das Problem bei Ursula Höntsch war, dass sie sich grundsätzlich auf 10-Garderoben einschränken wollte. Ihre Anwendungen der Scheinklumpenmethode blieben daher etwas kurzatmig.
Klaus Horsten
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Re: Scheinklumpenmethode

Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Solange eine Methode nicht allgemein beschrieben und benannt ist, ist sie meines Erachtens noch nicht richtig auf der Welt, sondern nur implizit vorhanden.
Das glaube ich auch.

Es ist ja eine gewisse Primitivität, nur den höchsten Berg der Welt, das tiefste Meer, den längsten Fluss - oder die erste Person in irgendeiner Erfindungs- oder Entwicklungs-Geschichte zu kennen. Man will es sich einfach machen, die ungeheurliche Komplexität reduzieren. Für einen Bergsteiger etwa sind unzählige Berge wunderschön oder herausfordernd, ist nicht der höchste der wichtigste.

Entscheidend ist, wie man diese Methode nutzt, ausbaut, anwendet - um eben Komplexität einzufangen, zu bewältigen. Ich finde, sie gehört zu den wichtigsten.
Momo
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100er Liste / Garderobe für die Schule angepasst

Beitrag von Momo »

Guten Tag zusammen
Momentan arbeite ich mit einer Berufsschulklasse am MegaMemory von Gregor Staub. Es leutet mir total ein, anstelle der Zimmer der Wohnung Räume der Schule zu verwenden.
Damit ich das Rad nicht neu erfinden muss, kann mir jemand eine solche Liste geben, die ich dann "nur" noch für unser Schulhaus modifizieren brauche?
Vielen Dank
Monika
Horkas
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Re: 100er Garderobe für die Schule

Beitrag von Horkas »

Hallo Monika,
das ist ja mal schön, dass eine Kollegin ihre Schüler für die Mnemotechnik begeistert! Ich selbst habe Gregor Staubs System mit viel Spaß adaptiert und einige Vorschläge für die Umsetzung in der Schule gemacht. Sie sind im Buch "Mnemotechnik im Unterricht." (AOL-Verlag Buxtehude 2011) zu finden. Die Vorschäge für eine mnemotechnische Verankerung in der konkreten Schulumgebung (S. 45 ff.) sehen etwa so aus:

1 – 20 Gregor Staubs Baum- (oder die eigene) Zwanzigerliste

Beginnen wir mit den Klassenzimmerlisten A und B, dann kannst du die Reihe A nehmen für die Zahlenbilder 21 bis 30:

21. Tafel
22. Kreide
23. Schwamm
24. Projektor
25. Stuhl
26. Tisch
27. Schultasche
28. Mäppchen
29. Heft
30. Lieblingsschulbuch

Die zweite Klassenzimmerliste, Liste B also, schließt sich an für die Ziffern 31 bis 40:

31. Bleistift
32. Füllhalter
33. Geodreieck
34. Tafellineal
35. Zirkel
36. Kartenständer
37. Schrank
38. Waschbecken
39. Pinnwand
40. Fenster

Mit Fachraum-Loci haben wir keine Mühe, weitere Zehnerblöcke an Briefkästen festzulegen.
Vorschlag für die nächste Zehnergruppe: Der Biologiesaal. Er bekommt die Nummern 41 bis 50:

41. Skelett
42. Körpermodell
43. Bussard
44. Hase
45. Blütenmodell
46. Mikroskop
47. Petrischale
48. Diaprojektor
49. Aquarium
50. Terrarium

Jetzt folgen die Sporthallen-Loci mit den Briefkästen Nummer 51 bis 60:
51. Tor
52. Basketballkorb
53. Kletterseil
54. Sprossenwand
55. Handball
56. Bock
57. Kasten
58. Matte
59. Barren (Mädchen Stufenbarren)
60. Schwedenbank

Die Ziffern 61 bis 70 werden den Musiksaal-Loci zugeordnet:
61. Klavier
62. Xylophon
63. Triangel
64. Musiktafel
65. Handtrommel
66. Stereoanlage
67. Lautsprecher
68. Glockenspiel
69. Rassel
70. Großes Becken mit Schlegel

Nummer 71 bis 80 bilden die Loci des Werkraums:
71. Werktisch
72. Brett
73. Handsäge
74. Hobel
75. Hammer
76. Bohrmaschine
77. Schraubstock
78. Laubsäge
79. Schleifklotz
80. Metermaß

Auch für die Ziffern 81 bis 90 haben wir bereits Loci, die wir verwenden können, die Fahrradliste:
81. Vorderrad
82. Gabel
83. Licht
84. Lenker
85. Handbremse
86. Klingel
87. Pedal
88. Sattel
89. Hinterrad
90. Rücklicht

Ziffern 91 bis 100 belegen Staubs Körperliste

Viel Spaß und LG
Horst Kasper
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Ulrich Voigt
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Re: 100er Garderobe für die Schule

Beitrag von Ulrich Voigt »

Horkas hat geschrieben:Gregor Staubs System
Wie ist denn der Zusammenhang zur Scheinklumpenmethode?
Über Gregor Staub gibt es bereits "100er Liste von Gregor Staub" unter "Lerntechniken, Lernstrategien"!
Horkas
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Re: Scheinklumpenmethode

Beitrag von Horkas »

Lieber Herr Voigt,
es gibt keinen Zusammenhang mit Ihrer Scheinklumpenmethode. Ich habe hier nur auf einen Beitrag geantwortet, der nicht zum Thema gehört, habe mich einfach gefreut, dass jemand in der Schule mit Mnemotechnik arbeitet und deshalb direkt auf die aufgeworfene Frage geantwortet.

LG
Horkas
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