Fadenmethode

Hierein gehört alles was die Geschichte und Methoden der Mnemotechnik betrifft. Z.B. Was ist die Geschichtenmethode? Was sind Routen? Des Weiteren geht es auch um die historische Betrachtung und Analyse der Mnemotechnik.


Moderatoren: Hannes, Boris

Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Fadenmethode

Beitrag von Ulrich Voigt »

Bei der Fadenmethode geht es darum, Inhalte A, B C, usw. in dieser Reihenfolge ohne Rückgriff auf eine Garderobe abzuspeichern.

Im einfachsten Fall geht es um zwei Inhalte A, B.

Beipiel A = Koch, B = Sauna. Dabei könnte per major A = 76 und B = 02 bedeuten, A - B also für 7602 stehen.

Ich sehe drei Möglichkeiten

(1) Die Fadengeschichte

"Es war einmal ein Koch. Der ging in die Sauna."

Dies wird z.B. von Gunther Karsten (Erfolgsgedächtnis, 2002, S. 94 f.) als einziges Verfahren empfohlen. Andere Möglichkeiten werden dort nicht erwähnt.

(2) Das interaktive Bild

"Der Koch sitzt in der Sauna."

Dies wird von Carl Otto Reventow (1847), David M. Roth (1918), Harry Lorayne (1961) und anderen als einzig vernünftige Methode empfohlen. Ausdrücklich wird hier (1) abgelehnt.
Es gibt dann ausgefeilte Ratschläge, wie man das interaktive Bild so gestalten kann, dass es dauerhaft im Gedächtnis bleibt.
Etwa so:
Ich stelle mir den Koch etwas größer vor als die Saune, so dass er nur mit Mühe dort hineinkam und dann, als er versuchte, sich umzudrehen, die Saune insgesamt mitnahm und man schließlich eine Sauna durch die Gegend torkeln sieht, aus der unten die Füße des Kochs und oben sein rotgeschwitztes Gesicht herausschauen.

(3) Das Gelenkbild

Das Gelenkwort heißt Koch-Sauna und bezeichnet "eine Sauna nur für Köche". Wenn ich mir dies visualisiere, entsteht das Gelenkbild.

Meines Erachtens ist (3) gegenüber (2) aus zwei Gründen vorzuziehen.
Erstens ist (3) einfacher, denn das Gelenkwort entsteht automatisch und die Visualisierungsaufgabe, die es stellt, ist eindeutig.
Zweitens repräsentiert das Gelenkbild eine Ordnung, denn die Kochsauna ist eine Sauna (und kein Koch), man kommt also zwingend auf Kochsauna = 7602.
Dagegen repräsentiert das interaktive Bild nur einen Klumpen, denn die bildlichen Verknüpfungen von Koch mit Sauna oder von Sauna mit Koch lassen sich nicht unterscheiden. "Der Koch sitzt in der Sauna" = "In der Sauna sitzt ein Koch" führt wahlweise zu 7602 oder 0276.


Jetzt kommt meine Frage:

Wo findet man in der Literatur eine Beschreibung von oder zumindest einen Hinweis auf (3), die unabhängig (älter) ist als Esels Welt (2001)?
Pat
Superbrain
Beiträge: 780
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 14:36

Beitrag von Pat »

Die aus meiner Sicht geeignetste Methode ist es, eine echte Verbindung zwischen den Bildern herzustellen, die auf der Ähnlichkeit gewisser Eigenschaften basiert.

Z. B.:

Koch ---- Sauna

Koch: In der Küche, Essen dampft

Sauna: Abgeschlossener Raum, Wasserdampf

Also: Koch --- Dampf --- Sauna

So schafft man einen natürlichen Weg zwischen den Worten, der bei richtiger Anwendung auch leicht wiedergefunden werden kann. Das hat seinen Grund darin, dass es für ein Wort üblicherweise nur eine begrenzte Zahl an Assoziationen gibt, die einem in den Sinn kommen. Nur diese können also den Weg zum anderen Bild formen.

Die Ähnlichkeit muss nicht in einem verbindenden "Stoff" wie dem Dampf bestehen, sondern kann in jeder Eigenschaft liegen.

Z. B.:

1. Farbe

Koch - weiße Schürze

Sauna - Weiße Kacheln

2. Form

Koch - dicker Bauch

Sauna - Rundes Fenster nach draußen / runder Bauch der Gäste etc...

3. Klang

Koch - Brutzeln der Pfanne

Sauna - Zischendes Verdampfen des Wassers

Gerade formbasierte Ähnlichkeiten lassen sich visuell sehr schnell erzeugen bzw. finden und sind auch längere Zeit in der Erinnerung stabil. Was für zwei Bilder gilt, gilt im Übrigen auch für Ort und Bild.

Wo nun hier jede Methode einen Namen erhält, würde ich natürlich dieser Methode gerne auch einen geben, jedoch ziehe ich meine Inspiration selbst von Ernest E. Wood, Mind and Memory Training, Hyderabad 1936. Er nennt es "Roads of Thought", Übungen auf S. 81 - 88.

Etwas sehr ähnliches wurde wohl schon zur Zeit des Aristoteles angewandt, bei Yates (Art of Memory) wird eine aristotelische Wortfolge angegeben, die, soweit ich mich erinnere, für Yates kryptisch bleibt, aber sehr nach der typischen Ähnlichkeitsfolge zur Verbindung zweier Worte aussieht.

Letztlich sollte man zwei beliebige Worte durch höchstens drei andere, verwandte Worte verbinden können, in den meistens Fällen genügt eines. Geht man den Weg der "Form", dann bedarf es sogar gar keiner Worte, sondern nur einer klaren Vorstellung der ähnlichen Formen und gegebenenfalls der Vorstellung ihrer "Überlagerung".
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben:Koch --- Dampf --- Sauna
In Esels Welt S. 117 wird das eingeschobene X(= Dampf) als Gelenk bezeichnet und gegebenenfalls (wie in dem Beispiel) als Verähnlichungsbegriff (S. 118)

Über das aristotelische Beispiel: Esels Welt S. 139 ff.
Pat
Superbrain
Beiträge: 780
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 14:36

Beitrag von Pat »

In Esels Welt S. 117 wird das eingeschobene X(= Dampf) als Gelenk bezeichnet
Dann trägt ihre Terminologie mit dem "Gelenkbild", das ja etwas fundamental anderes ist, nicht unbedingt zur Klarheit bei, wenn man das mal anmerken darf.

Beste Grüße

Simon Reinhard
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben:etwas fundamental anderes
Das Gelenk ist ein drittes Bild (oder Wort) X, das zwischen A und B gesetzt wird, um den visuellen oder gedanklichen Übergang von A nach B zu erleichtern, so entsteht A - X - B.
Ich stelle mir das als minimale Treppe vor, indem ich A und B nicht als Stufen mitzähle.

Das Gelenkbild X ist die Visualisierung eines Gelenkworts und dieses ist einfach die in der deutschen Sprache stets mögliche direkte Wortverbindung. Seine Funktion ist es, den Übergang von A nach B zu erleichtern, und so entsteht dieselbe Form wie oben, nämlich A - X - B.

Gelenkwort und Gelenkbild sind also Gelenke. Es sind aber besondere Gelenke, insofern sie unmittelbar der Sprache (und keiner von ihr losgelösten Überlegung) entspringen.

Im Beispiel A = Koch, B = Sauna:
X = weiß und A - X - B = "Der Koch ist weiß gekleidet, weiß ist auch die Sauna."
Hier entstammt das Gelenk X unserer Phantasie über Köche und Saunen, man könnte sagen, unserer Visualisierung von A und B.
X = "Kochsauna" Hier entstammt das Gelenk (das ein Gelenkwort ist) der Sprache und wird dann erst visualisiert.

Der Unterschied ist also bei näherer Betrachtung keineswegs fundamental, vielmehr sind Gelenkbilder in der Tat spezielle Gelenke. Das ist der Grund, weshalb ich mich in Esels Welt (2001) entschlossen hatte, das Zwischenstück als Gelenk zu bezeichnen und nicht - was ich erst überlegte und dann aber verwarf - als Stufe.

Die Verwirrung, die hier allerdings möglich ist, entsteht dadurch, dass ein Gelenk wie X = weiß eben auch ein Bild sein kann und man dann versucht ist, von einem Gelenkbild zu sprechen.

Jedoch meine ich, dass diese Unebenheit erträglich ist.

Gibt es denn einen Verbesserungsvorschlag für die Terminologie?
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben:Klarheit
In den Beispielen Esels Welt S. 180-181 zur Fadenmethode werden durchgehend die Gelenkwörter nach der Form A -X - B in den Faden-Text eingefügt. Ich hatte damals gedacht, das sei hinreichend.
In der neuen Auflage, an der ich ja gerade arbeite, werde ich Gelenkwort und Gelenkbild in den Begriffsindex mit aufnehmen und vielleicht noch eine Bemerkung über den logischen Zusammenhang zum bloßen Gelenk einfügen.
Hansolka
Superbrain
Beiträge: 100
Registriert: Do 25. Mär 2010, 18:58
Wohnort: Magdeburg

Beitrag von Hansolka »

Bei dem Engländer Michael Daniels habe ich folgendes gefunden:
Examples of Word Formation:
2599 (N) (L) (B, P) (B, P) NAIL-POP, KNEEL-BABY
685342 (SH, soft CH, J, soft G) (F, PH, V) (L) (M) (R) (N) SHOVEL-MORN, JIVE-LAMB-RUN
Das Beispiel stammt aus den letzten Jahren.
=================
Enzyklopädie der Wochentagsberechnung * Melencolia I - Magic Squares for the Mental Entertainer * Smart Methods for 4x4, 5x5 and 6x6 Magic Squares * 172 A4-pages * version 3.40
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Gelenk / Gelenkwort, Gelenkbild
Es gibt auch Gelenksätze.
Hugo Weber-Rumpe (1883) verknüpfte A = Ambos, B = Arm durch X = "Ambusarbeit verlangt kräftigen Arm“,
A = Arm, B = Ast durch X = „Des Baumes Arme sind die Äste“,
A = Ast, B = Apfel durch X = „Der Ast erträgt im Herbst kaum die Äpfel“.
Pat
Superbrain
Beiträge: 780
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 14:36

Beitrag von Pat »

Lieber Herr Voigt,

ich muss Ihnen hier widersprechen.

Ich sehe durchaus einen wenn vielleicht nicht fundamentalen, so doch zumindest kategorischen Unterschied zwischen "Kochsauna" und "Koch - weiß - Sauna".

Der Unterschied liegt aber nicht darin, dass bei ersterem zunächst die Sprache die Verbindung herstellt und dann die Vorstellung erfolgt, sondern darin, dass es bei genauer Betrachtung gar keine Verbindung in Form eines Gelenks gibt, sondern beide Worte einfach zusammengeleimt werden, sozusagen gelenklos verbunden sind. Es wird einfach ein zusammengesetztes Wort aus beiden gebildet und damit die Eigenständigkeit beider Worte aufgehoben.

Bei der von mir angesprochenen Methode wird also A mit B über das Gelenk C verbunden, bei der "Kochsauna" wird aus A und B durch Zusammenschluss "AB" gemacht, das man auch gerne als "D" oder als "aB" bezeichnen kann ("aB" deshalb, weil man, wie Sie richtig angemerkt haben, durch den Zusammenschluss ein Unterelement der Gruppe B schafft, hier der Gruppe aller Saunen: Eine "Kochsauna", also eine Sauna für Köche, mit Köchen, wo man kocht, gekocht wird etc...).

Die Schaffung einer Untergruppe (genaugenommen natürlich auch einer neuen Hauptgruppe, z. B. der Gruppe aller "Kochsaunen", aber das erscheint nach der Wahrnehmung nicht als im Vordergrund stehend) ist dabei aus meiner Sicht durchaus etwas gänzlich anderes als die Verbindung zweier Gruppen durch ein gemeinsames Element beider Gruppen/Mengen.

Insofern halte ich die Bezeichnung "Gelenk" für passend, mir persönlich wäre hier "Scharnier" lieber, aber das ist wohl Geschmackssache.

Die Bezeichnung "Gelenkbild" würde ich ersetzen durch eine, die den Zusammenschluss, die Vermischung und Untergruppenbildung als zentrales Element betont, etwa: "Verschmelzung", "Amalgam", "Legierung" oder schlicht "Kombination".

Beste Grüße

Simon Reinhard
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben:Der Unterschied liegt [...] darin, dass es [...] keine Verbindung in Form eines Gelenks gibt, sondern beide Worte einfach zusammengeleimt werden, sozusagen gelenklos verbunden sind. Es wird einfach ein zusammengesetztes Wort aus beiden gebildet und damit die Eigenständigkeit beider Worte aufgehoben.
Nein, die Eigenständigkeit von A und B wird keineswegs aufgehoben, denn immer noch will man ja A und B verbinden. Das Gelenkwort X wiederum ist zwar durch Verschmelzung von A und B entstanden, besitzt dann aber eine eigene Existenz. Andernfalls könnte man A - X - B = Koch - Kochsauna - Sauna doch gar nicht hinschreiben.
Pat hat geschrieben:Insofern halte ich die Bezeichnung "Gelenk" für passend, mir persönlich wäre hier "Scharnier" lieber
Das kann ich nachvollziehen, denn es geht ja nicht um eine organische, sondern eine technische Verbindung. Ich finde nur, dass sich "Gelenk" leichter ausspricht und irgendwie ist das Ziel unserer Technik ja, organisch zu wirken.
Pat
Superbrain
Beiträge: 780
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 14:36

Beitrag von Pat »

Nein, die Eigenständigkeit von A und B wird keineswegs aufgehoben, denn immer noch will man ja A und B verbinden. Das Gelenkwort X wiederum ist zwar durch Verschmelzung von A und B entstanden, besitzt dann aber eine eigene Existenz. Andernfalls könnte man A - X - B = Koch - Kochsauna - Sauna doch gar nicht hinschreiben.
Nun gut, jetzt werden die jeweiligen Begriffe und ihr Verständnis langsam nicht mehr klar auf richtig oder falsch festlegbar.

I.

Mir widerstrebt die Darstellung, das neue Wort stehe in irgendeiner Form zwischen A und B. Es ist keine Verbindung, sondern eine Quelle, aus der man die beiden Worte wieder entnehmen kann, es steht darüber, nicht dazwischen.

II.

Natürlich kann man auch, aus meiner Sicht zu formalistisch und den wirklichen Abläufen nicht mehr voll entsprechend, argumentieren, dass die Verbindung gerade darin besteht, dass man die beiden Worte verbindet, dass also letztlich zwischen A und B nicht die Kochsauna steht, sondern nur der Berührungspunkt der beiden Worte. Das kann man so machen, ich empfinde dies aber nicht auf allen Ebenen, besonders nicht auf der intuitiven, den Eindruck des ganzen Vorgangs nachempfindenden, als passend.

III.

Es ist doch eher so:

1. Scharnier (nicht so schwer auszusprechen, weil ohnehin fast alle "Schanier" ohne das "r" sagen) bzw. Gelenk:

Koch ---> weiß ---> Sauna

= eine echte Verbindung


2. Kombination / Gelenkbild:

Kochsauna ---> Koch, Sauna


IV.

Da man sich hier wie gesagt auf der Ebene bewegt, auf der man aus der Wahrnehmung des Vorgangs heraus versucht, einen rundum passenden Begriff zu finden, bleibt ihr "Gelenkbild" unangreifbar nach rein formalistischen Gesichtspunkten. Ich hoffe aber dargelegt zu haben, weshalb für mich die Bezeichnung nach dem Gesamteindruck, den man bei Durchführung der Methode gewinnt, unbefriedigend bleibt.
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben:Mir widerstrebt die Darstellung, das neue Wort stehe in irgendeiner Form zwischen A und B. [...] es steht darüber, nicht dazwischen.
"Dazwischen", "darüber", "daneben", "darunter" - das sind subjektive Vorstellungen.
Ich bevorzuge "dazwischen" aus folgendem Grund:
Gegeben sind zunächst nur A und B, und zwar in dieser Reihenfolge.
Nun bilde ich X, um die Assoziation zwischen A und B zu erleichtern. X ist also keine selbständige Größe, sondern ein Mittel, A und B (möglichst in dieser Reihenfolge) zusammenzuleimen. Es geht also nicht um ein irgendwie isoliertes X, sondern um A- X / X - B, wofür ich kurz A - X - B schreibe. Die Schreibweise (in der das X zwischen A und B steht) gibt den Gedankengang wieder.
1. Koch ---> weiß ---> Sauna

= eine echte Verbindung

2. Kochsauna ---> Koch, Sauna

[= eine Quelle, aus der man die beiden Worte wieder entnehmen kann.]
Unter 1. sind wir uns offenbar einig, die Form ist A - X - B mit X "dazwischen". Unter 2. sind wir uns noch nicht ganz einig.

Durch die Schreibweise X - A, B wird der Eindruck erweckt, man ginge von X aus und deduziere daraus A und B. Jedoch findet man X doch erst, wenn man A und B hat und benutzt es dann genau wie oben, um den Weg von A nach B zu erleichtern. Die Form ist daher ebenfalls A - X - B.
Wenn man allerdings X einmal hat, so benutzt man es in der Form X - A, B, das ist richtig. Das Gelenkbild X ist ja immer auch ein selbständiges Bild, während Gelenke sonst auch adjektivisch als "Eigenschaften" wie z.B. X = weiß oder X = feucht auftreten können. In diesen Fällen würde man mit dem Versuch X - A, B vermutlich scheitern, denn der Ausgangspunkt ist dann zu diffus. Das ist ja gerade mein Argument für die Benutzung von Gelenkbildern: Sie funktionieren fast automatisch.

Zum Unterschied zwischen Gelenk und Gelenkwort:
Das Gelenkwort ergibt sich aus A und B eindeutig, es handelt sich also um eine Funktion und man könnte schreiben X = AB, also A - AB - B.
Alle anderen Gelenke beruhen auf subjektiver Phantasie. Nicht jeder käme auf die Idee, X = weiß als Gelenk für A = Koch und B = Sauna zu setzen. Es gibt beliebig viele Gelenke, die hier in Frage kommen könnten. Es gibt aber nur ein Gelenkwort. X = Kochsaune ist daher keine subjekitive Angelegenheit, sondern eine objektive Tatsache, für jeden gleich.
Die Formulierung "eine Quelle, aus der man die beiden Worte wieder entnehmen kann" deutet nicht auf eine neue Struktur der Gelenkbilder im Vergleich mit irgendwelchen Feld-Wald-und-Wiesen-Gelenken, sondern auf ihre herausragende Qualität. Hat man einmal das Gelenkwort X = AB, so gibt es über A und B keinen Zweifel mehr. In jedem anderen Fall jedoch muss ich die verbindende Phantasie, die ich mir beim Aussuchen des Gelenks einmal gemacht habe, mit erinnern, sonst nützt mir das schönste Gelenk nichts.
Vielleicht ist dies der Grund, weshalb man die Gelenkwörter nicht als Gelenke empfindet? Übrigens sind nur die Gelenkwörter eindeutig, nicht aber die Gelenkbilder, denn unter X = Kochsauna kann man sich sehr Unterschiedliches vorstellen. Dennoch wird man von dem Gelenkbild stets mit großer Sicherheit zum Gelenkwort zurückfinden.

Kurz: Die Kritik betrifft gar nicht die Terminologie, unterstreicht aber die Qualität der Gelenkwort-Methode.
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Die Treppe ist ebenfalls ein Gelenk.

In Aristoteles, de memoria et reminiscentia 452 a 12-16 findet man die Treppe Milch - weiß - Luft - feucht - Herbst.
Aristoteles benutzte eine dreistufige Treppe (weiß - Luft - feucht), deren Stufen aus einem Substantiv und zwei Adjekitiven bestehen, als Gelenk, um A = Milch mit B = Herbst zu verbinden.
Dazu ausführlich in Esels Welt und (mehr spielerisch) auf www.likanas.de > Philosophie.
Pat
Superbrain
Beiträge: 780
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 14:36

Beitrag von Pat »

Dass meine Aussage die Qualität der Methode unterstreicht, würde ich so sicher nicht sagen ;). Die Bildung eines bloß zusammengesetzten Wortes erscheint mir zu simplistisch und schematisch, um immer gut passende Bilder zu ermöglichen. Da kann es noch so "objektiv" sein, aus meiner Sicht ist das Scharnier sicher gleichwertig, weil es das Bild selbst als "Ort" verwendet, auf dem die Eigenschaften konzentriert sind.

Und zur Schreibweise:

A --- X --- B ist für Kombinationen/Gelenkworte aus meiner Sicht missverständlich, insbesondere wenn man mit ihrer Weganalogie argumentiert: Man geht eben nicht von A zu X und dann von X zu B.

Eine sinnvolle Schreibweise, die mein Vorschlag wäre, würde lauten:

I. Scharnier/Gelenk

A --- X --- B

II. Kombination/Gelenkwort

A, B --- AB --- A, B
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben: I. Scharnier/Gelenk A --- X --- B
II. Kombination/Gelenkwort A, B --- AB --- A, B
Da sind wir uns doch schon fast einig!

Wenn die Schreibweise A, B --- AB --- A, B andeuten soll, dass X = AB nur gefunden werden kann, wenn nicht nur A, sondern auch B gegeben ist, so ist das natürlich richtig. Etwas anderes war ja auch nie gemeint. Aber dasselbe gilt auch für das Gelenk. Man würde z.B. bei A = Koch nicht auf X = weiß kommen, wenn man nicht schon B = Sauna im Auge hätte.
Pat
Superbrain
Beiträge: 780
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 14:36

Beitrag von Pat »

Wenn die Schreibweise A, B --- AB --- A, B andeuten soll, dass X = AB nur gefunden werden kann, wenn nicht nur A, sondern auch B gegeben ist, so ist das natürlich richtig. Etwas anderes war ja auch nie gemeint. Aber dasselbe gilt auch für das Gelenk. Man würde z.B. bei A = Koch nicht auf X = weiß kommen, wenn man nicht schon B = Sauna im Auge hätte.
Aus letzterem Grund hatte ich mein im Entwurf der jüngsten Nachricht zunächst noch ausformuliertes Argument, dass man bei der Kombination ja beide Bilder gesehen haben muss, wieder gestrichen.

Jedoch erscheint mir der Unterschied der Methoden eben darin, dass man bei der einen aus den beiden Bildern ein neues macht, während man beim Gelenk sozusagen nur zwischen zwei Polen pendelt und eine Feldlinie schafft. Die Pole dabei werden nicht durch Verschmelzung vereint, sondern durch Verbindung.

Weil alle Worte nur Beschreibung dessen sind, was wir beschreiben wollen, und Zeichen manchmal die Verbindungen und inhärenten Bezüge klarer darstellen, erschien mir eine skizzenhafte Darstellung der Kombination / des Gelenkbildes in der obigen Form nötig.

A --- AB --- B könnte ich dann akzeptieren, wenn statt "---" übereinander zwei Pfeile stünden: Einer hin zu AB und einer weg davon. Dann hätte es auch, durch die Beibehaltung der Grundstruktur der Darstellung des Gelenks, eine gewisse Eleganz: Es geht zuerst hin zu AB und dann fließt es wieder zurück, wie ein Herzschlag.

In diesem Fall entfällt auch das Element, dass mich beim einfachen A --- AB --- B bisher störte, nämlich die implizite Annahme einer Richtung von A über AB zu B. Die Bewegungsrichtung wäre eher ein "organisches Pochen", das man gerne hört.
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben:, während man beim Gelenk sozusagen nur zwischen zwei Polen pendelt und eine Feldlinie schafft.
Setze ich in unserem Beispiel X = weiß, so könnte man sich auf den Standpunkt stellen. dass dies gar kein eigenes Bild sei, sondern nur eine Art Fluidum zwischen A und B herstellt. Genau genommen aber sehe ich A = Koch, X1 = Koch in weißer Kleidung, X = weiß, X2 = weißgekachelte Sauna im weißen Wasserdampf, B = Sauna. Ich habe also eine Treppe A - X1 - X - X2 - B und man mag das als Feldlinie empfinden.

Setze ich X = Schweiß, so funktioniert die Sache auch nur dann, wenn ich einerseits den Koch in Schweiß gebadet über seinen heißen Töpfen, andererseist die Sauna schweißbenetzt durch die schwitzenden Leiber denke, ich komme also auf A (Koch) - X1 (schwitzender Koch) - X (Schweiß) - X2 (schwitzende Sauna) - B (Sauna).

Kurz: Benutze ich als Gelenk neue Bilder oder auch nur Eigenschaften, so steckt hinter der Form A - X - B (bzw.: "versteckt sich hinter der Feldlinie") eine Treppe mit drei Stufen.

Benutze ich aber das Gelenkwort, so steckt hinter A - X - B gar nichts weiter. Die Gelenkbilder sind daher die einfachsten Gelenke, die denkbar sind.
A --- AB --- B könnte ich dann akzeptieren, wenn statt "---" übereinander zwei Pfeile stünden: [...] wie ein Herzschlag.
Aber wir brauchen einfachste Formalismen. Der Benutzer kann sich, wenn er möchte, solche Dinge für sich dazu vorstellen.
die implizite Annahme einer Richtung von A über AB zu B.
Aber diese Richtung ist wesentlich. Man stelle sich das alles vor als Teil einer Fadengeschichte. Die Richtung muss beibehalten werden.
Im Beispiel: Irgendwie komme ich zu A = Koch und möchte wissen, wie es weitergeht.
Habe ich nun X = weiß, so führt mich die Frage: "Wie sieht der Koch eigentlich aus?" möglicherweise zu X = weiß und von dort aus weiter zu B = Sauna, wobei ich mich eventuell noch fragen muss: "Gab es da noch etwas Markantes von weißer Farbe?"
Habe ich dagegen X = AB als Gelenkwort vorbereitet, so lautet die Frage: "Gibt es hier irgendetwas für Köche?" und führt mich möglicherweise zu B = Sauna, nämlich dann, wenn ich mich daran erinnere, dass für die Köche eine eigene Sauna vorbereitet war (eben die Kochsauna).
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Ulrich Voigt hat geschrieben:A = Koch, B = Sauna
Nehmen wir noch C = Hund hinzu und stellen wir uns vor, wir hörten "Koch - Sauna - Hund" langsam gespochen, dann hören wir (mit etwas Übung) gleichzeitig auch die Gelenkwörter. Wenn wir (nach gehöriger Übung) in der Lage wären, diese Gelenkwörter fortlaufend zu visualisieren (Hier: AB = eine Sauna für Köche, BC = Ein Hund, der wie ein Mensch zur Sauna geht), so haben wir die Sache bereits vollständig im Griff. Die Arbeit, die wir dabei leisten müssen, hat nichts mehr damit zu tun, Zusammenhänge zwischen den einzelnen Bildern zu suchen, sondern nur noch damit, sich vorgegebene Zusammenhänge vorzustellen.
Pat
Superbrain
Beiträge: 780
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 14:36

Beitrag von Pat »

Aber wir brauchen einfachste Formalismen. Der Benutzer kann sich, wenn er möchte, solche Dinge für sich dazu vorstellen.
Wenn die Prädikatenlogik das kann und braucht, dann brauchen wir das auch, um komplexere Unterschiede auszudrücken. Dafür gibt es ja Zeichenkonventionen.

Mit den drei Stufen haben Sie völlig recht und das sehr schön und klar dargestellt.

Von der Erzeugung und insbesondere der schnellen Erzeugung der Kombinationen bin ich immer noch nicht überzeugt. Natürlich hatte ich diese Idee auch einmal und natürlich habe ich mich auch daran versucht, auf diese Weise aus zwei 100er-Systemen einfach ein 10.000er-System zu basteln, aber so leicht ging es dann auch wieder nicht, jedenfalls nicht mit einer auch nur annähernd und selbst für die Schwierigkeiten des Anfangs ausreichenden Geschwindigkeit. Sie haben eben dann 100 verschiedene Saunen, Hunde etc... Dann ist man schnell bei einer der größten und misslungenen Verführungen der mnemotechnischen Populärliteratur: Dem Sem3-System, ein grandioser Flop.

Für einzelne und improvisierte Zwecke mag es taugen, aber als echte, systematische Herangehensweise zweifle ich an seiner Varianz und Stabilität. Aber das ist im Augenblick natürlich nur ein Gefühl.
Benutzeravatar
Ulrich Voigt
Superbrain
Beiträge: 837
Registriert: Mo 21. Apr 2003, 15:35
Kontaktdaten:

Beitrag von Ulrich Voigt »

Pat hat geschrieben:habe ich mich auch daran versucht, auf diese Weise aus zwei 100er-Systemen einfach ein 10.000er-System zu basteln,
Ich glaube auch nicht, dass das eine gute Idee ist. Ich benutze Gelenkbilder wirklich nur als Hilfsmittel, um Fadengeschichte abzusichern.
Antworten