Beobachtungs-Schulung

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

Moderatoren: Hannes, Boris

Antworten
Anne
Foren-Neuling
Beiträge: 7
Registriert: Mi 23. Jun 2010, 16:06

Beobachtungs-Schulung

Beitrag von Anne »

Hallo an Alle,
ich stelle mich mal kurz vor, weil gaaaanz neu:
Ich bin Musikerin, Klavierlehrerin und Hundeschultrainerin und sehr fasziniert von euren Themen, aber ziemlich ahnungslos.
Durch die Musik sind mir einige Lerntechniken vertraut, auch mein Gedächtnis ist so einigermaßen, aber systematisch habe ich mich nie mit damit beschäftigt. Aber jetzt fange ich damit an.

Mich treibt im Augenblick die Frage um, wie man seine Beobachtungsgabe schulen und verbessern kann.
Ausgangslage ist: Ich arbeite mit einer Gruppe von ca. 6 Menschen und ebenso vielen Hunden, ich erkläre Übungen, die Übungen werden von einem Team durchgeführt, die anderen gucken zu usw.
Wie schaffe ich es, die unterschiedlichen Interaktionen im Blick zu behalten, während ich rede, zu beobachten, parallel die Beobachtungen zu werten und mich im Nachhinein an die wichtigen Szenen zu erinnern?
Gibt es Techniken, wie lange man wohin guckt, in welchen zeitlichen Abständen...?

Ich würde sehr gerne so eine Art mentales "Weitwinkelobjektiv" entwickeln.
Könnt ihr mir helfen?

Grüße von
Anne
Benutzeravatar
DocTiger
Superbrain
Beiträge: 1663
Registriert: Di 11. Sep 2007, 7:12
Kontaktdaten:

Beitrag von DocTiger »

Vielleicht einfach mehr auf die periphere Sicht achten. Dort sieht man Bewegungen besser als Details.

Bei Achtsamkeitsmeditation (Mindfulness) lernt man, sich auf den Atem oder den Körper zu konzentrieren, was dann ausgedehnt werden kann.

Oder du betrachtest deine Aufgabe als Rhetorik/Public Speaking und bildest dich auf dem Gebiet weiter, vielleicht auch NLP.

Ich glaube man sollte sich in solchen Situationen bemühen, möglichst einfache Methoden entwickeln um den Leuten es beizubringen. Gerade bei neuen Hundehaltern bemerkt man ja oft so ein dreckiges Dutzend an häufigen falschen Ansichten die man ihnen aberziehen will, wie zum Beispiel der Hund braucht ständige Aufmerksamkeit, der Hund versteht was man sagt und je mehr man redet desto besser, junge Hunde brauchen viel und gehaltvolles Futter um zu groß und stark zu werden, oder dass Hunde ein Konzept namens Sättigung kennen...

Und allein schon die einfache Übung mit dem Futter überm Kopf Sitz beizubringen führt ja bei vielen zu dem Aha-Effekt, dass der Hund ja schon eingebaute oder erlernte "Befehle" hat.

Ich finde man muss sich überlegen was das Publikum denkt und wie kriegt man es dazu, so zu denken wie es soll, unter positiver Absicht natürlich!
Lerntechnik Praxis: http://bit.ly/8ONmbS
Anne
Foren-Neuling
Beiträge: 7
Registriert: Mi 23. Jun 2010, 16:06

Beitrag von Anne »

Danke, Doc!
Kannst du bitte mal ein Beispiel schildern, wie so ne ausgedehnte Achtsamkeitsmeditation in einer Situation wie der meinen aussehen bzw. sich anfühlen könnte? (Ich kann's mir grade nicht vorstellen)

Auch bei Rhetorik/Public Speaking wäre ich für ein Beispiel dankbar.

Was die Methodenkompetenz bzw. die Didaktik angeht, bin ich gut dabei (by the way: du bist Hundehalter....?), das ist nicht die Herausforderung.

Die Herausforderung besteht darin, bei den Hunden stichprobenartig Körpersprache auf Beschwichtigungs- und Konfliktsignale abzuchecken, d.h. Ohrstellung, Blickrichtichtung, Zunge, Nackenmuskeltonus, Ganzkörper-Tonus usw..... Das Ganze in Beziehung zum Besitzer bzw. den anderen Hunden setzen, Körpersprache der Besitzer wahrnehmen und behalten, wen man grade vernachlässigt hat. Zeitgleich reden, erklären und die Übungen bei Bedarf abändern, zur Not die ganze Stunde neu konzipieren.

Ich bin auf das Beobachtungstraining gekommen, weil ich nen Mini-Artikel über Schiedsrichterschulung gelesen habe (tja, die WM).
Da wurde geschildert, dass die geschult werden, aus vielen unterschiedlichen Aktionen, die zeitgleich stattfinden, die spielrelevanten rauszufiltern. Z.B. spielen Sportstudierende Abseitspositionen, geleichzeitug findet ein Formationstanz statt und dazu kommt noch Lärm und Musik.
Außerdem trainieren die, einzelne Szenen im Kopf quasi mit zu filmen und später in Einzelbildern wieder abzurufen.
Sowas brauche ich.
Benutzeravatar
DocTiger
Superbrain
Beiträge: 1663
Registriert: Di 11. Sep 2007, 7:12
Kontaktdaten:

Beitrag von DocTiger »

Achtsamkeitsmeditation meine ich nicht "zeitlich" ausgedehnt, aber es geht darum sich zu konzentrieren. Dabei konzentriert man sich auf viele Dinge im Körper gleichzeitig, zum Beispiel, und lernt die Gedankengänge die man nicht braucht, zu unterdrücken.

Ich bin leider kein Hundehalter, aber ich hatte viel Kontakt zu solchen, und habe auch schon geholfen einen Hund zu trainieren. Im Prinzip weiß ich viel, aber habe extrem wenig Erfahrung und würde mich auch nicht als Experten sehen. Ich habe mich für die Unterschiede interessiert zwischen herausragenden Teams und schlechter funktionierenden Teams. Und ich habe viele Youtube Videos gesehen, zum Beispiel von ZakGeorge21, der viele interessante Ideen hat und ganz offensichtlich recht erfolgreich ist ("Superfetch" auf Animal Planet). Er sieht jeden Trick als Verbesserung der Kommunikation und Verbindung zwischen Mensch und Hund.

Und ich merke, dass bei HD die Umwelt nicht unwichtiger ist, als die Genetik. Anscheinend macht es große Unterschiede ob die Hunde restriktiv gefüttert werden oder schon Babyspeck ansetzen, was eben passiert wenn man die Mengenempfehlung der Futtermittelhersteller befolgt und ab und zu energiereiche Extras gibt.

Ich denke mal mit dem Beobachtungstraining bist du schon auf dem richtigen Weg, davon habe ich aber keine Ahnung. Interessiert mich aber auch. Aus meinem Wissen würde ich sagen man muss zunächst einmal "In der Situation" sein. Dann könnte man davon ausgehen, dass es einen optimalen "Geisteszustand" gibt, den du willst, und je mehr du dir bewusst bist, worin dieser Zustand besteht, desto näher kommst du dem.

Vielleicht machst du dir auch eine Liste von ein paar Punkten wie "Hunde", "Menschen","Zeit" etc und gehst immer wieder alles durch.

Außerdem geht es hier ja wahrscheinlich um Dinge, die mit der Erfahrung besser werden, und du suchst nach Methoden, diesen Weg etwas abzukürzen.
Anne
Foren-Neuling
Beiträge: 7
Registriert: Mi 23. Jun 2010, 16:06

Beitrag von Anne »

DocTiger hat geschrieben: und du suchst nach Methoden, diesen Weg etwas abzukürzen.
Jepp.

Das mit der Liste ist eine gute Idee, ich hab so'n Kuchenmodell im Kopf, in dem jedes Team sein Segment hat und ich die Segmente regelmäßig nach einzelnen Kriterien abscanne.

Wer hat den von Beobachtungstraining Ahnung? Gibt's da Bücher oder Workshops??????
Lesefaul
Superbrain
Beiträge: 705
Registriert: So 01. Mai 2005, 13:32
Wohnort: Langen

Beitrag von Lesefaul »

Hi,

den "Weitwinkel"-Blick übe ich mit den Magic Eye Bildern.

Ist auch hilfreich im Kampfsport. ;-)

Gruß
Lesefaul
Frederica
Superbrain
Beiträge: 314
Registriert: Mi 24. Jun 2009, 14:53
Kontaktdaten:

Beitrag von Frederica »

Ich habe keine Ahnung im Sinne von gelesenen Büchern oder besuchten Seminaren.

Ich glaube aber, das Problem liegt darin, dass man sich einerseits auf den Inhalt des Vortrags konzentriert, und dann noch "irgendwelche" Sachen beobachten und "irgendwelche" Fehler bemerken will.


Dagegen würde ich mich wappne, indem ich recherchiere, welches die meist gemachten Fehler sind und mir für jede Stunde eine paar wenige Aspekte vornehme, auf die ich achten will.

Wenn ich die vorher mental durchgehe (mir bildlich vorstelle), kann ich sie bestimmt auch im Vortrag besser bemerken.

Zum Vortrag:
Mir fiel es schwer, mich in der Stunde auf das wichtigste zu konzentrieren, da ich ganz frei sprach und sehr viel Hintergrundinformationen hatte, die ich "noch unbedingt vermitteln" wollte.
Mir hat dann ein erfahrener Lehrer geraten, das wichtigste wie in einem Spickzettel aufzuschreiben und Schlüsselsätze auswendig zu lernen, die die Informationen vermitteln, die die Kursteilnehmer unbedingt wissen sollen.
Dann muss man sich auch noch Zeit einplanen, für Fragen und Sachen, die einem auffallen.

Bei diesen Sachen würde ich bei mehreren Stunden mich pro Stunden auf wenige Fehler konzentrieren, die schnell "fest sitzen" und Fehler/ Aspekte, die ganz besonders wichtig sind.

Dann würde ich nicht versuchen, alle gleichzeitig zu beobachten, sondern reihum.
Als Übung könnte man in einem Raum oder besser in der Öffentlichkeit (Einkaufszentrum etc.) versuchen, nebenbei einmal seinen Blick schweifen zu lassen und sich auf einen Aspekt zu konzentrieren.
Z. B. beim Einkaufen, während man Sachen aussucht: Alle Menschen registrieren, die eine blaue Jacke/ Oberteil tragen.
Später alle Menschen suchen, die ihre Uhr am linken Handgelenk tragen.


Ich habe eine Art "Hobby" - ich sehe ständig Menschen, die ihre Taschen und Rucksäcke offen haben. :P
Ich habe früher öfter mal Menschen darauf angesprochen, weil ich immer selbst Angst hatte, dass mir jemand etwas aus der Tasche stiehlt.
Fazit:
Ich sehe jedes Mal, wenn ich irgendwo hingehe, mehrere Menschen, die mit offenen Taschen rum laufen.

Du könntest z. B. auch bei Hundehaltern auf der Straße die Kardinalfehler registrieren.
Damit übst Du automatisch das Beobachten, während Du etwas ganz anderes tust.


Ich würde mir als systematisches Training bei jedem Einkauf, Busfahren, an der Ampel warten etc. eine Beobachtungsaufgabe stellen und vorher eine Liste machen.
Mit der Zeit werden Dir dann bestimmte Aspekte immer häufiger ins Auge fallen, auch wenn Du mit etwas ganz anderem beschäftigt bist, und Du kannst Dich in der Hundeschule mehr auf Deinen Vortrag und Fragen der Halter konzentrieren.


LG,
Frederica
Benutzeravatar
DocTiger
Superbrain
Beiträge: 1663
Registriert: Di 11. Sep 2007, 7:12
Kontaktdaten:

Beitrag von DocTiger »

Es gibt die Theorie, dass ein Teil des Gehirns (das retikuläre Aktivierungssystem) dafür zuständig ist, Dinge zu erkennen. Welcher Teil es ist, spielt garkeine Rolle, wichtiger ist, dass es dieses "Programm" wirklich gibt, und dass man es sich vorstellen muss, als liefe es parallel ab (was es wohl auch tut).

Beispiel Autofahren: Ich denke nicht "Wo ist hier irgendwo eine Ampel? Ist sie rot? Wo ist der Haltestreifen", sondern ich halte beim Streifen. Dass die Ampel rot ist oder wo sie sich befindet nehme ich kaum bewusst war. Genauso sieht man Schilder oder andere Gefahren ohne sich vom Fahren (oder gar einem Gespräch, Handytelefonat, Frühstück....) ablenken zu lassen. Dazu musste man dieses System programmieren, was mit Vorstellungskraft geht. Und durch aktives Suchen in der Situation.

Auch beim Autofahren gibt es so eine Art Taktgeber, periodisch auftretende Gedanken: Rückspiegel begucken. Da denkt man auch nicht mehr bewusst dran...

Allerdings denke ich auch, dass man es sich nie zu kompliziert machen sollte. Wahrscheinlich reicht es, wenn du dich vor einer Stunde an eine Situation erinnerst, in der du ganz besonders gut warst. Dann versetzt du dich in diese Situation hinein.
Lerntechnik Praxis: http://bit.ly/8ONmbS
Anne
Foren-Neuling
Beiträge: 7
Registriert: Mi 23. Jun 2010, 16:06

Beitrag von Anne »

Danke @all! :D

Super-Vorschläge! Ich sehe, ich muss mir Muster machen, Aufgaben stellen und übenübenüben.

Außerdem fällt mir grade auf, dass ich mir das Leute intensiv beobachten irgendwann mal abtrainiert habe, zu der Zeit als ich viele Auftritte als Musikerin hatte. Da fand ich es besser, mich nur auf mich zu konzentrieren und habe "zugemacht", zumindest optisch. Tja, jetzt muss ich wieder aufmachen.
Antworten