Schema Wiederholungen

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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Tron
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Schema Wiederholungen

Beitrag von Tron »

Hallo,

ich glaube ich hab schon mal sowas ähnliches gefragt aber irgendwie stellt sich mir die Frage halt jedes Jahr wieder und bisher bin ich unzufrieden mit der Lösung...

Ich glaube es ist zu großen Teilen unstrittig das man Sachen wiederholen muss um Sie langfristig zu behalten.

Da im Studium viel Kram anfällt muss man erstmal eine Balance finden zwischen Stoffmenge und Wiederholungen.
Es nutzt ja niemandem etwas wenn man das Skript nicht zu Ende lesen kann weil einem die Zeit fehlt und man dann in der Klausur sitzt und das erste drittel des Skripts im Schlaf beherrscht ...

Für mich persönlich habe ich irgendwann herausgefunden , das folgendes Schema einen akztablen Kompromiss zwischen Wiederholung/Rekapitulieren und neu lernen schafft.

1)Neuen Stoff erarbeiten in einer Einheit 20-30 seiten
2) Pause
3) rekapitulieren und Mindmappen
(sollte nicht länger als 15 Minuten dauern für ein Kapitel)

4) die nächste Einheit lesen und mit jeder Einheit ebenfalls 2+3 fortfahren
5) am Ende des Tages alles mit den Mindmaps wiederholen
(auch hier wieder nicht länger als 15 Minuten pro Einheit verplempern)

Danach wiederhole ich die Einheiten
-nach einer Woche
- zwei Wochen
- vier Wochen

usw ... nach dem leitner Algorithmus halt.
Das Wichtige hierbei ist das ich nicht zuviel Zeit damit verbringe zu wiederholen. Die Mindmaps versetzen einen in die Lage die Themen zügig zu rekapitulieren. (wieder die 15 Minuten Regel)

Was nachhaltig nicht verstanden wurde, wird von mir ausführlicher elaboriert.


Das einzige womit ich Probleme habe ist dieser wahnsinns verwaltungsaufwand der Wiederholungen.
Kennt hier jemand einen bessere Möglichkeit Wiederholungen zu koordinieren, statt das im Outlookkalender hin und her zu schieben?

Für einen Tipp wäre ich sehr dankbar!

VG
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Wozu ist der "Leitneralgorithmus" also die gestaffelte Wiederholung wirklich gut? Es geht eigentlich nicht so sehr darum, alles zu behalten. Dafür könnte man auch jeden Tag alles oder am Tag vor der Prüfung alles wiederholen. Gegenüber diesen beiden Varianten bringt die gestaffelte Wiederholung eine Zeitersparnis und eine längere Wiederholungsfrist.

Für gute Prüfungsnoten ist die vollständige gestaffelte Wiederholung nutzlos. Ich zumindest hatte nie Zeit, Stoff ein paar Wochen liegen zu lassen. Die wichtigste Wiederholung ist die letzte Wiederholung vor der Prüfung. Wenn Du vorher noch Wiederholungen ansetzen kannst, um so besser, aber alles ein oder zwei Tage vor der Prüfung durchzulesen ist das Beste was man machen kann.
Tron
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Beitrag von Tron »

Also in teilen stimme ich dir zu und bei manchen Sachen gar nicht..

1)
Natürlich gehts bei Leitner nicht darum alles zu behalten, der Algorithmus definiert nur einen Wiederholintervall und nicht die Art der Aufbereitung des Stoffs.
Das heisst wenn ich sehr oberflächlich in dem Leitnerintervall wiederholen würde (zb nur noch alle Themenüberschriften) und das Detailwissen vergesse, lerne ich trotzdem noch nach Leitner weil ich den Rhytmus einhalte.

Ich denke Leitner hat viel eher den Sinn die Vergessenkurve genau an dem Punkt an dem Sie beginnt abzusinken entgegen zu wirken und das Wissen auf zu frischen.

2) Bei deiner anderen Aussage bin ich ganz bei dir...es ist sehr effektiv kurz vor der Prüfung zu lernen. Der Stoff ist im Kurzzeitgedächtnis und das reicht ja für die Prüfung - aber darum gings mir ja nicht.

Ich möchte mir Wissen mit möglichst wenig Aufwand und möglichst langfristig in die Birne hämmern
(ich weiß , zwei Gegensätze, die eierlegende Wollmilchsau ...)
und das nicht nur für die Prüfung sondern zb wenn ich eine neue Programmiersprache lerne usw, also nicht nur auf Termin.

Dazu lerne ich den Stoff intensiv und damit ich anschließend nicht so ewig für die Wiederholungen brauche erstelle ich mir Mindmaps , frühstücke die relativ schnell durch und wiederhole die nach Leitner.
Das klappt auch soweit ganz gut nur die Verwaltung der WDH's nervt und ich wollte halt wissen ob da jemand ein gutes kOnzept hat.
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Also ich bleibe dabei, dass die Leitnermethode eine Zeitersparnis gegenüber anderen Methoden darstellt. Aber eben auf Kosten eines viel höheren Verwaltungsaufwandes. Programme wie Phase 6 oder Anki sind geeignet für die Verwaltung. Oder ein einfacher Kalender...

Eine viel einfachere Methode ist, bloß regelmäßig, wohl so oft wie möglich, die Materialien durchzuarbeiten. Der Verwaltungsaufwand ist gleich Null, die Zeiteffizienz geringer, wenn man 70-100% Erinnerung garantieren will. Doch genau dieses Verfahren hat sich - im Gegensatz zur Leitnermethode - bei der Prüfungsvorbereitung bewährt und durchgesetz.

Wenn jemand sagt er wolle "langfristig" lernen, dann frage ich mich ob er wirklich weiß was er will. In den Fächern mit denen ich mich auskenne ist "langfristiges Behalten" nicht drin. Das ist relativ einfach erklärt: Wir bereiten uns bis zu zwei Wochen auf eine Prüfung vor, in der Regel zwischen 100-500 Din A4 Seiten Stoff, und alles unter 70% Erinnerungsquote bedeutet eine garantiert versaute Prüfung. Unter diesen Vorraussetzungen macht Wiederholungsplanung keinen Sinn, man organisiert eben einfach, dass man zur Prüfung fit ist, was danach passiert interessiert mich weniger.

Das klingt rücksichtslos, aber genau so wird Medizin seit vielen Jahrzehnten gelernt, mit großem Erfolg. In praktisch allen Fächern macht es auch keinen Sinn, den Stoff "für immer" zu behalten. Dafür behalten wir das Wichtigste plus einen zufälligen Anteil vom Rest trotzdem. Diese Haltung bricht jedem Dozenten das Herz, aber es gibt sowas wie begrenzte menschliche Fähigkeiten und die Realität sieht eben so aus.

In anderen Fächern mit deutlich weniger Stoff und deutlich mehr Zeit (BWL, Informatik, Geisteswissenschaften) kann man sich das Leitnerschema leisten, aber ob es sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Gerade mit der Locimethode ist es einfacher, den Stoff auf 100% zu bringen und alle paar Tage oder Wochen zu wiederholen.
Dimmu
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Beitrag von Dimmu »

In den Fächern mit denen ich mich auskenne ist "langfristiges Behalten" nicht drin.
.....du hast Recht, gar keine Frage.

Jetzt lass mich dir folgende Frage stellen:

Wozu lernt man eigentlich, wenn es nicht um das langfristige Behalten geht?

Sag nicht,
-damit man es mal gelernt hat und es jederzeit auffrischen kann
---> sinnlos, da wenn genügend Zeit verstreicht man zT mehr oder weniger wieder bei 0 anfängt
-damit man die Leute selektieren kann, die bei diesem sinnlosen Zirkus mitmachen können/aushalten können

Heute ist der der Beste, der viel aufnimmt, völlig unabhängig, ob er es langfristig behält oder davon wieviel man langfristig behält, dabei sollte es bei Bildung eigentlich va darum gehen.
Derjenige, der sich bei dieser sinnlosen Veranstaltung am besten Mißhandeln kann, ist der heute der Beste.

Ich sag euch was:
Hier wollen sich Leute "fit" machen für ein krankes, unnatürliches System.
Das geht nicht.

Um heutzutage gut klarzukommen muss man sich "mißhandeln", dh Methylphenidate rein, Hirn zu, Lernstoff rein, Depression und Burn-out raus.....

Was meint ihr?
Das klingt rücksichtslos, aber genau so wird Medizin seit vielen Jahrzehnten gelernt, mit großem Erfolg.
Das halte ich für einen total alberne, naive Einstellung.

Wie definierst du "Erfolg"?
Letztlich bedeutet es, dass Leute viel zu viel lernen, um hinterher viel zu wenig zu können.
Du bist ständig am Lernen von isolierten Teilbereichen, die viel zu aufwendig sind, um selbst selektieren zu müssen, was du davon langfristig brauchst und zu einem Zeitpunkt, wo du es noch gar nicht wissen kannst.

Nein "großer Erfolg" ist etwas ganz anderes, denn ein paar Jahre nach dem Studium wissen die meisten nicht mal mehr einen Bruchteil von dem "gekloppten Stoff".......und warum?
a - weil sie ihn nicht langfristig gelernt haben
b - weil sie ihn nicht brauchen und daher auch nicht auffrischen

Dasselbe mit der Schule.
Wenn das ein Bildungserfolg ist, frage ich mich wie für dich ein Misserfolg aussieht.

Nichs für ungut, ist halt meine Meinung.
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Das Auswendiglernen wird unterschätzt. Man neigt dazu einen Lernerfolg darüber zu definieren, wie viele Details man behalten hat.

Doch es gibt einen subtileren, noch wichtigeren Aspekt. Zum Beispiel würde ich sagen dass ich kaum noch weiß womit man mich in Chemie und Biochemie gequält hat, obwohl ich nicht soo schlecht abgeschnitten hatte. Aber auch wenn ich maximal 20% der Details bis heute behalten habe, bin ich doch in der Lage, mit chemischen und biochemischen Informationen umzugehen. Ähnliches gilt für Botanik, Zoologie, Pharmakologie...

Beim Auswendiglernen entwickelt sich eine mentale Infrastruktur, ein Grundgerüst um mit entsprechenden Informationen umzugehen. Das klingt ineffizient, aber es gibt keine bekannte Methode, diese Infrastruktur aufzubauen, ohne Details zu lernen die keinen interessieren und die kaum einer behält.

Andrew Ng (ml-class.org) hat eine nette Vorlesung bei GoogleTechTalks gehalten über "unsupervised feature learning". Eins der Probleme bei Neuronalen Netzwerken war, dass sie irgendwie doch immer ganz schön "dumm" waren. Seine neue Arbeit dreht sich darum, zu erst ein Neuronales Netzwerk zu trainieren um die ursprünglichen Daten wiederherzustellen.

Also sagen wir mal man will einem NN beibringen auf Bildern eine Ziffer zu erkennen, dann trainiert er zuerst ein NN um aus einem Bild von einer Ziffer über mehrere Ebenen von Neuronen das ursprüngliche Bild zu generieren. Klingt nach "nutzlosem Lernen", man hätte ja auch einfach das Bild kopieren können.

Aber "it turns out" (wie er in jeder Vorlesung mindestens 20 mal sagt), dass diese so trainierten Netzwerke in einem zweiten Schritt angezapft werden können um ein System zu bauen, was tatsächlich in der Ziffernerkennung besser ist als alle bisherigne Systeme ohne das "nutzlose Auswendiglernen".

Ich finde solche Erkenntnisse stellen die grundlegenden Vorstellungen über zielgerichtetes Lernen in Frage. Wir specken den Stoff in der Schule und in der Universität gnadenlos ab, und obwohl wir den nutzlosen Stoff für sinnlos halten, kann es sein, dass eben diese Sorte von schwer greifbaren, emergenten Eigenschaften des Wissens verloren gehen.

Mit einfachen Worten: Weniger Auswendiglernen bedeutet weniger mentale Infrastruktur.
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