Stangl Taller - Lerntechniken

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

Moderatoren: Hannes, Boris

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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Und was mir an Pädagogik und Lernpsychologie allgemein nicht so gefällt ist die Einstellung, erstmal Theorien erfinden (aus deren Sicht aus vorherigem Wissen, für mich als Naturwissenschaftler klingt das aber eher wie "aus blauem Dunst"), dann machen sie ein oder zwei unterpowerte Studien, die exakt darauf getrimmt sind, diese Theorie zu belegen, und eventuell nicht einmal stark genug wären, sie zu widerlegen.

Dass ich von der einschlägigen Fachliteratur nicht überzeugt bin, stammt nicht aus der Unfähigkeit sie zu verstehen. Eher daraus, dass sie mir nicht erklärt was ich erlebe, nämlich das Vorstellungskraft der Schlüssel zu jeder Lernerfahrung ist, und zwar in allen Sinneskanälen. Allein diese Erkenntnis hat mehr Praxisrelevanz für uns als Lernende, als die meisten teuren fMRT-Studien.

Warum können viele Gedächtnissportler bei Speedcards unter 60 Sekunden, also weniger als eine Sekunde pro Karte, kommen, obwohl das Kurzzeitgedächtnis nur maximal 9 Objekte halten kann? Das deutet für mich auf ein Problem im Schema Kurzzeit/Langzeitgedächtnis hin.
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Phexx
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Beitrag von Phexx »

altbauer hat geschrieben: Kreativität ist mit solchen Systemen IMHO unmöglich, denn da geht es nur um Input-Output bei Prüfungen, aber was nützt dir das bei einem kranken Kind in einem Armenviertel in Bogota.
wie wärs denn da mal mit dem versuch einer begründenden theorie gewesen?
Ich kann deinen Ansatz auf jedenfall nicht bestätigen. Das Gegenteil ist der Fall, da man mit mehr Bausteinen gleichzeitig arbeiten kann, als wenn man nur das Arbeitsgedächtnis verwendet.
Du bist vermutlich noch sehr jung und warst noch nicht vor praktische Probleme gestellt, die man nicht mit abgespeichertem Wissen lösen kann.
Softskills wurden an deiner Uni wohl nicht unterrichtet? ;-)
DivineTraube hat geschrieben: Erinnerungen sind stets gekoppelt an eine Emotion und einen Ort, auch wenn man sich dessen nicht explizit bewusst ist.
Beim Versuch deine Theorie zu widerlegen, stelle ich fest, dass bei der Suche nach einer Erinnerung, die ich nicht örtlich gemerkt habe, mein Kopf meine Erinnerungen aus der Vergangenheit abläuft, und die sind natürlich alle an Orten zu Stande gekommen. Bei allem was ich mir an theoretischen Fragen stelle, blitzen die Orte auf, an denen ich dieses Wissen angeeignet habe. Aber das könnte auch genauso gut daran liegen, dass sich mein Bewustsein gerade einfach mit Orten auseinandersetzt, weil ich über diese Fragestellung nachdenke.


Bei Teilen der Sprache habe ich das Gefühl nicht. Ich verbinde keine Erinnerung mit der Bedeutung von Orange oder to cough.
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Boris
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Beitrag von Boris »

DocTiger hat geschrieben:Das deutet für mich auf ein Problem im Schema Kurzzeit/Langzeitgedächtnis hin.
Dazu ist die Long Term Working Memory Theory nach Ericsson aber schon eine gute Erklärung und wichtiger Schlüssel zum Verständnis der Mnemotechniken. In gewisser Hinsicht auch zu dieser Diskussion:

Die Theorie besagt, dass Experten nahezu beliebiger Themen durch häufige Wiederholung und intensive Beschäftigung eine so hohe Expertise in ihrem Themengebiet aufbauen, dass sie weiteres Wissen sehr direkt damit verbinden können und sich auch große Mengen Informationen in kurzer Zeit merken können, da diese Informationen direkt aber zunächst temporär im Langzeitgedächtnis gespeichert werden können, genauso schnell wie im Arbeitsgedächtnis. Häufig untersuchtes Beispiel sind etwa Schachspieler, die sich zahlreiche aufgebaute Schachspielsituationen in kurzer Zeit merken können. Und nach Ericson lässt sich damit eben auch eine auf Mnemotechniken basierte, sehr gute Gedächtnisleistung erklären.

Womit aber ausgesagt wird, dass mit Mnemotechniken erlernte Informationen direkt mit Wissem zusammenhängen und damit eben nicht weniger zur Problemlösekompetenz oder Fachkenntnis beitragen, als durch andere Methoden und vielfache Wiederholung ins Langzeitgedächtnis gelangte Informationen.
Pat
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Beitrag von Pat »

Ich weiß nicht, ich finde, dass das ein irgendwie leicht anderer Ansatz ist.

Die Leistungen des Gedächtnissports erklären sich durch einen Effekt:

Informationen (meist visueller Art, aber zum Teil auch auditiv oder anderen Sinneskanälen zugeordnet) verbinden sich schnell und fest mit einer dreidimensionalen Umgebung, zu der die (meist) bildhafte Information in Wechselwirkung tritt.

Den identischen Effekt erlebt jeder Mensch täglich bei der Bewegung in seinem eigenen dreidimensionalen Umfeld, der "Welt". Zu vielen bekannten Orten fallen Erinnerungen ein, wenn man sie passiert, Orte speichern Gedächtnisinhalte, werden oft zu einem Symbol für kollektives Erleben und damit für Geschichte.

Ohne diese intuitive Verbindung von Ort und Information wäre eine Orientierung in der Welt und eine Erinnerung an alles Erlebte unmöglich, sie ist also eine notwendige Vorbedingung menschlicher Existenz. Ich bin sicher, dass die Erinnerung anderer Lebewesen genauso funktioniert. Bei Ratten kann man das gut nachvollziehen, wie sie zur Orientierung in Labyrinthen zwar Zentren zur räumlichen Orientierung aktivieren, aber darin auch zuvor erlebte Informationen eingebettet zu sein scheinen und zumindest gleichzeitig aktiviert zu werden scheinen.

Der Ort löst also den Sinn aus, entweder als gesehener oder als vorgestellter, erinnerter Ort (was für das Gehirn kein bedeutender Unterschied ist). Solange die Orte einfallen, haben wir auch Zugang zur Erinnerung, die an ihnen haftet.

Beim Gedächtnissport erinnert man sich natürlich an alle Orte, so dass man sich auf die Qualität und Art der Verbindung konzentrieren kann, die die Qualität der "Haftung" am Ort bedingen.

Letztlich geht es also um die Herstellung einer Assoziation (sei es vorgegeben sinnhaft, weil eben zufällig am Ort "Baum" das Bild "Apfel" hängt; sei erzeugt sinnhaft, weil am "Baum" üblicherweise Äpfel hängen, man aus Äpfeln Apfelwein machen kann, den man aus Gläsern trinkt und man so zum Bild "Glas" gelangt; sei rein verbunden, also durch bloße Beiordnung erinnert, indem der "Reifen" eben solange am "Baum" hängt, bis er dort hängt).

In dieser Hinsicht stimmt der Vergleich mit Expertenwissen, weil diese neues Wissen in ihre Wissensmatrix einbauen können und durch zahlreihe Verbindungen innerhalb des Wissensnetzes sehr schnell Bedeutung erzeugen und die Information auch hierarchisch "verorten" können. Dabei glaube ich aber trotzdem, dass auch hier ansatzweise Ortszuordnungen erfolgen, aber innerhalb des Wissensnetzes selbst, das ja als Assoziationsgebilde quasi körperlos "im Denken treibt" und nur dann in Teilen erscheint, wenn man sie denkt. Trotzdem hat es aus meiner Sicht Struktur und räumliche Anordnung, schon deshalb, weil auch die Neuronen selbst verortet sind und man im Denken sich innerhalb dieses Neuronennetzes bewegt. Ich denke nicht, dass es Zufall ist, dass viele Wissensnetze, zeichnet man sie einmal ansatzweise nach, der Struktur der Informationsverteilung im Gehirn ähneln würden.

Unterschied ist aus meiner Sicht, dass bei einer Ortszuordnung (z. B. im Gedächtnissport) die visuelle Verbindung stärker ist als bei Assoziationen zwischen an sich recht körperloser Information in einem Wissensnetz. Die konkrete Zuordnung ist darum stärker, allerdings wird dem Netz auch Flexibilität genommen, weil nun jede Information eine festen Ort erhält, der meist in einer zweidimensionalen Ebene gelagert ist, wobei die Struktur des Netzes (zumindest!) dreidimensional ist. Bei der Abbildung einer dreidimensionalen Struktur (einer "Wissenskugel") auf eine "Wissensfläche" entstehen so oft zwangsläufig Stauchungen, Raumprobleme und Verzerrungen bei den Verknüpfungen, weil die Entfernungen zwischen den Informationen wachsen. Eine Kugel ist eben die effektivste Möglichkeit, Inhalte auf kleinsten Raum zu speichern. Allerdings ist die Konstruktion dreidimensionaler "Wissensgerüste", bei denen in mehreren Ebenen Informationen aufeinander bezogen sind, mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Die Vorstellung braucht Unterteilungen zwischen den einzelnen "Stockwerken", um sie trennen zu können, die "Sicht" braucht dagegen freien Blick zwischen den Informationen, um (Grund-)Verbindungen herzustellen und später bei der Nachbetrachtung oder dem genaueren Studium der Struktur neue Querverbindungen erst zu erkennen (hat etwas Lullistisches an sich, aber gesteuerter) und sich so die gesamte Struktur erst ganz zu erschließen (oft viel genauer und intensiver, als dies bei bloßen Lesen jemals der Fall sein könnte). Man wird also einen Ausgleich zwischen stabiler Konstruktion des "Raumes" und dessen optischer "Durchlässigkeit" finden müssen, was aber mit ein wenig Übung durchaus gelingt. Vorstellungstechnisch bedarf es wohl trotzdem gewisser Übung, um ohne Anspannung und in Ruhe diese Struktur zu erzeugen, aufrechtzuerhalten (bzw. einfach sicher zu sein, dass sie da ist und bleibt, auch ohne Anstrengung) und in ihr zu wandern und sie währenddessen zu betrachten.

Um zum Anfang zurückzukommen: An solchen gesicherten Effekten wie dem der Speicherung von Information in räumlich-visuellem Umfeld muss sich das "Kurz-Lang-Gedächtnismodell" (das nur Theorie ist und sich an den Realitäten messen lassen muss, also falsifizierbar ist und neues Inkorporieren muss, um Widerspruch zu vermeiden) orientieren und sich daran anpassen. Das "Kurzzeitgedächtnis" bedeutet deshalb aus meiner Sicht nur eine Grobaussage für 1. untereinander unverbundene Informationen 2. ohne räumliche Verankerung, also grundsätzlich ohne interne und externe Verbindung, das "Langzeitgedächtnis" eine Grobaussage für verbundene Information, sei verbunden mit rein räumlicher Umgebung oder mit weiterer Information, wobei die Kraft der Verbindung die "Länge" der Erinnerung bedingt.

Die "Länge" sollte dabei relativ analog sein und nicht entweder wenige Sekunden oder für immer, so wie auch die Verbindungen mit analoger (wenn auch nicht notwendig gleichmäßiger) Entwicklung in ihrer Qualität, Stärke und Stabilität wachsen.

Die Qualität der Verbindung sollte proprotional sein zur Länge der Erinnerung, wobei es wohl auch eine qualitative Schwelle gibt, ab der eine Erinnerung nahezu dauerhaft bleibt, also eine Art Sprung in der analogen Entwicklung. Bis zu diesem "Sprung" ist die Entwicklung proportional zwischen Qualität der Verbindung und Länge der Erinnerung, ab der Schwelle nicht mehr. Verbindungen können noch stärker, intensiver, klarer werden, die Länge ist aber bereits nahezu dauerhaft. Möglicherweise gibt es mehrere "Sprünge" vor dem letzten "Sprung", so dass die Entwicklung plataeuartig sein kann.

Stets (beim Lernen oder beim Gedächtnissport) wird man zur Erreichung maximaler Effektivität versuchen müssen, den idealen Erinnerungspunkt (beim Sport noch vor der Schwelle, aber gerade so lang, dass alles bleibt, bis die Wiedergabe beginnt/beendet ist; beim Lernen möglichst auf der letzten Schwelle bzw. z. B. auf der Schwelle/dem Punkt für einen Tag beim Lernen am Tag vor der Prüfung) zu finden. Jede weitere Intensivierung über der Vorstellungsschwelle/Qualitätsschwelle/dem optimalen Intensitätspunkt (dem "Garpunkt" :) ) der Bilder und der Verbindung (beides bedingt sich) ist dann bezogen auf den Erinnerungszweck Verschwendung und kostet Zeit, in der man weitere Information verankern könnte.
Phexx
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Beitrag von Phexx »

Boris hat geschrieben: Die Theorie besagt, dass Experten nahezu beliebiger Themen durch häufige Wiederholung und intensive Beschäftigung eine so hohe Expertise in ihrem Themengebiet aufbauen, dass sie weiteres Wissen sehr direkt damit verbinden können
schön und gut, aber kannst du mir erklären, in wiefern ich "Experte" in Words oder Abstract images oder Names bin?
Abstract images habe ich doch noch nicht öfter als ein halbes Dutzend Mal gemacht. Names sinds doch jedes mal andere und Words gibts auch ziemlich viele neue jedes Mal.
Sind wir "Experten" für "allgemeine Merkinhalte"? Oder sind wir "Experten" im "Merken allgemeiner Visualisierungen"?
Häufig untersuchtes Beispiel sind etwa Schachspieler, die sich zahlreiche aufgebaute Schachspielsituationen in kurzer Zeit merken können.
da passt das natürlich besser.

@Simon,
toller Post. 2 Daumen hoch. Sehr interessant. Aber wie erklärst du das bei Namen und Gesichtern? Du betrachtest die "Gesichter" also auch als eine Art "Ort", der dann wieder als Auslöser verwendet wird? Da verwenden ja die meisten keine Route.
Pat
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Beitrag von Pat »

Bei Namen und Gesichtern hast Du auch eine Verbindung, "Ort" muss ja nicht notwendig rein körperlich sein, bei Gedanken funktioniert es ja auch.

N & G ist wesentlich komplexer und schwer zu erklären. Läuft irgendwie auf der Gefühlsebene. Gerade bei den Disziplinen, die recht automatisch funktionieren, will ich das auch gar nicht näher ergründen.

Gefahr jeder Analyse ist ja, dass Du ein gedankliches Modell erstellst, das nur Annäherung sein kann und oft auch unzutreffend. Bei der Analyse von intuitivem Handeln ist der Effekt bekannt, dass das Gehirn die Analyse als Anweisung sieht, nach dem Modell und nicht mehr nach der Intuition vorzugehen (belegt für Profigolfer, die das Putten erklären sollten). Diese "Gefahr" sehe ich in gewissem Maße. Katie Kermode hat auch einmal etwas Ähnliches geschrieben.

Jedenfalls ordnet das Gehirn irgendwie dem Gesicht ein Gefühl zu, das aus dem Namen erwächst, die Person wird so in gewisser Weise zum Namen.
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Auch das Modell nach Eccles ist, meiner Meinung nach, zu sehr in der Trennung Kurzzeitgedächtnis/Langzeitgedächtnis verwurzelt. Ich höre immer wieder so Phrasen wie "ich müsste das halt ins Langzeitgedächtnis transferieren!" Aber wie macht man das jetzt genau? Nur durch wiederholen. Jedesmal durch eine dieser Wiederholungen verlängert sich die erwarte Haltbarkeit.

Eins der Probleme ist ja auch, dass ein Gehirn nicht wie altmodische Computer funktioniert. Wenn überhaupt dann gibt es ein paar verschiedene "Untersysteme" die parallel arbeiten. In diesem Modell wären dann Langzeitgedächtnis und Kurzzeitgedächtnis nichtmal verschiedene Systeme weil wir sie nicht gleichzeitig benutzen können. In beiden Fällen greifen wir auf eine mentale Bühne zurück.

Auch verhalten sich "gespeicherte" Informationen nicht wie digitale Informationen, sondern ihre Verweildauer folgt einer nahezu zufälligen Verteilung sowohl über die Zeit als auch über die verschiedenen gleichzeitig gelernten Informationen selbst.

Und ich muss die Frage stellen, wofür ist die künstliche Trennung zwischen Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis gut? Manche Lernsysteme basieren darauf, zum Beispiel das Leitner-Karteikartensystem, das zu viel Zeit benötigt um für Universitätsprüfungen geeignet zu sein. Außerdem kann man solche Informationen sehr wohl noch vergessen, wenn man sie 6 mal gelernt hat.
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altbauer

Beitrag von altbauer »

@ Kurz-/Langzeitgedächtnis
Das ist ein rein heuristisches Konzept und hat kein Korrelat in einem explizit auffindbaren Substrat.
@ Das Karteikartensystem ist für Prüfungen sehr wohl geeignet, denn es arbeitet mit und nicht gegen die Informationsverarbeitung des Gehirns.
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Der_Molch
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Beitrag von Der_Molch »

Es macht doch völlig Sinn dass du nicht jede Sekunde und jeden Input in deinem Leben abspeicherst.

Du hast die Selektion von Reizen bei Übertragungen vom Sensorischen- in den Kurzzeitspeicher und eine Folgende Selektion von Wichtig und Unwichtig bei der Übertragung von Informationen ins Langzeitgedächtnis.

Aber offensichtlich arbeitet das Gehirn mit Brute Force Methoden: Was wichtig ist muss entweder oft genug wiederholt werden oder durch genügend Verknüpfungen mit vorhandenem Wissen oder anderen Reizen verbunden werden, um ein Wichtigkeits-tag zu bekommen und abgespeichert zu werden. Es ist doch logisch: je mehr ich weiß, desto mehr Informationen muss ich Verwalten - unnötige Komplexizität kann Prozesse verlangsamen. Unwichtig abgespeicherte Infos verbrauchen Energie und unnötig Platz im Kopf; ergo: evulotorisch nicht Durchsetzungsfähig.
altbauer

Beitrag von altbauer »

Der_Molch hat geschrieben:Was wichtig ist muss entweder oft genug wiederholt werden oder durch genügend Verknüpfungen mit vorhandenem Wissen oder anderen Reizen verbunden werden, um ein Wichtigkeits-tag zu bekommen und abgespeichert zu werden.
Nein, die Wichtigkeit definiert sich in der Regel aus Bedeutsamkeit für den Organismus, also z.B. durch eine starke Emotion - man vergisst traumatische Ereignisse praktisch nie. Wiederholen müssen wir nur Dinge, die für uns keine unmittelbare Bedeutung haben - also z.B. Lernstoff in der Schule.
Falsch ist auch, dass das Gehirn ökonomisch wäre - im Prinzip speichert das Gehirn alles, was es einmal registriert hat, bloß der Weg dorthin wird von anderen Inhalten überlagert.
BTW: In der ganzen Diskussion liegt ein völlig überholtes Modell unserer Gedächtnisfunktionen zu Grunde! Unser Gehirn ist kein Input-System - also Menschen rezipieren nicht über die Sinnesorgane, sondern im Gehirn bilden sich Hypothesen, die durch efferente Prozesse bloß geprüft werden!
Pat
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Beitrag von Pat »

Ja dann ...
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Der_Molch
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Beitrag von Der_Molch »

@altbauer: Andere Reize umfassen für mich Emotionen und Synästhesien!
Denn ich erinnere nicht nur das befriedigende Gefühl, das ich heute Mittag nach meiner Pizza hatte, sondern auch Geschmack, Farbe, Größe und Beschaffenheit. Bei Gedanken an meine Pizza erinnere ich mich auch sofort an damit verbundene Gespräche am Mittagstisch.

Bedeutsamkeit wird also durch viele synergistische Informationen oder/und durch viele Wiederholungen erzeugt. Wie ich oben bereits geschrieben hatte.

Info: wenn du dich mit Lernen wissenschaftlich beschäftigen willst, kannst du dich ja mal mit Langzeitpotentierung (LTP) und Langzeitdepression (LTD) einlesen. Einfache Systeme sind hier die von Kandel entdeckten AMPA und NMDA Rezeptorsysteme. Für das Lernen gibt es mehrere Wege nicht nur den EINEN. deklarativ und prozedual sind die vermuteten Oberstrukturen der Lernwege.


Altbauer schrieb:
"sondern im Gehirn bilden sich Hypothesen, die durch efferente Prozesse bloß geprüft werden!"

Ich gehe davon aus, dass du hiermit die assoziativen Cortex-Bereiche meinst: Hier werden zwar Informationen verarbeitet, bewertet und verknüpft aber die Auswertung von Sinnessignalen ist nicht mit der Speicherung von Informationen gleichzusetzten.
Und es ist doch ein Input-System, denn Informationen müssen erstmal auf den AC afferent eingespult werden! Aber ich gebe dir Recht, dass nicht meine Augen mir sagen aha Quadrat sonder meine ACs das feststellen und mein Wernicke- zusammen mit meinem Broca-Zentrum den Output "aha Quadrat" ermöglichen (extrem vereinfacht).

So wird aus den Signalen: Lautstärkeanstieg, Lichtintensitätszunahme sowie Druck und Vibrationssignale ect ect. auf die Information Explosion geschlossen, wenn dann die Wissensbereiche angezapft wurden, um diese zuzuordnen. Hier die wichtigsten Schlagworte für afferente Verschaltungen: Colliculi Inferiores und Superiores, Thalamus und Hippocampus. Dies sind die wichtigsten zentralen Schalt- und Projektionsstellen für die primäre Informationsadressierung zu den verschiedenen höheren Instanzen. Ich weiß zum Glück wovon ich hier spreche. Habe gerade Neurophysiologie mit sehr gut bestanden! Herr Prof. Richter, Göttingen, gehört zu meinem Glück zu den Professoren die nen Teufel auf Lehrbücher geben und knallharte aktuelle Forschungsresultate in Prüfungen mit aufnehmen!

Mich würden deine Quellen interessieren. Es gibt ja zum Glück nicht nur die eine Lehrmeinung. Hast du aktuelle Paper und Studien zur Hand, die ich mir anschauen kann? Denn ich kenne auch kein Neuro-Lehrbuch, das deine Meinung vertritt. Gerne nehme ich mich aber von dir angebotenen Zitaten aus Lehrbüchern an, um deine Meinung nachvollziehen zu können.

Vorrausgesetzt, dass wird dir jetzt nicht wieder zu dumm und du verabschiedest dich wieder endgültig.
altbauer

Beitrag von altbauer »

Der_Molch hat geschrieben:Mich würden deine Quellen interessieren.
???
Ich dachte immer, hier geht es um die Arbeitsblätter von Stangl, die alle studiert haben - dort findest du alles relevante und auch die Quellen und Studien. Ich hatte mich hier nur durch Zufall eingemischt, da ich auf der Suche nach was von meinem ehemaligen Lehrer Stangl war und der Thread hier auftauchte! Mir ist nur bei einigen aufgefallen, dass sie offensichtlich nicht wirklich gelesen wurden oder nur ganz oberflächlich. Stangl liefert Hypertexte, die man gründlich studieren muss!
Und wenn hier in dem Thread einer was von geringer Umsetzbarkeit bei Stangl schreibt, der hat sich wirklich nicht mit seinen Lerntipps für Schüler oder Studenten beschäftigt, wo er psychologische Konzepte für den Alltag aufbereitet hat.
BTW: Wenn Menschen ein Inputsystem hätten, dann würde das menschliche Gehirn explodieren, um es salopp zu formulieren! Nochmals: die Modelle, die du bei deinem Professor Richter gehört hast, sind reine Heuristiken, sind deskriptiv für die physiologischen Substrate, haben aber nichts mit menschlichem Denken, Schließen, Wollen, Fühlen, Entscheiden zu tun, also den psychologischen Kategorien! Das, was heute in der Neurophysiologie "entdeckt" wird, ist schlicht das, was man in der ersten Hälfte des vorigen Jhts. in der Psychologie experimentell schon längst wusste und belegt hat - angefangen von der Gestalt- über die Ganzheitspsychologie oder den Strukturfunktionalismus eines Piaget. Nur nicht mit so bunten Bildchen wie heute, die Prinzipien, nach denen das menschliche Gehirn arbeitet, waren damals schon klar!
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Der_Molch
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Beitrag von Der_Molch »

sorry, aber hattest du nicht gesagt ich würde mit überholten Grundlagen argumentieren? Jetzt sagst du gerade, die Punkte wären schon alle bekannt und das Wissen auf molekularer Ebene nur ästhetische Forschung! Sorry aber Arbeitsblätter die für die allg. Bevölkerung geschrieben sind, sind zwar nett, aber mir als Quelle nicht ausreichend.

Komm überzeug mich mit wissenschaftlicher Literatur! Konkrete Quellen.

Zeig mir, dass Emotionen und Sinnesinformationen sowie vorhandenes Wissen im Gehirn nicht integrativ Verarbeitet werden. Und erklär mir warum ich sonst all diese Dinge miteinander verbinden kann. Deine Argumente sind total inkonklusiv und widersprechen jedweder Logik.

Leider müssen diese Einzelprozesse, die du als Heuristiken bezeichnest, belegt und verstanden werden, um einen Masterprozess wie denken nachvollziehen zu können. Das nennt man im übrigen wissenschaftliches Forschen. Theorien sind da um bewiesen zu werden und nicht um im Raum stehen zubleiben. Seit den 30 Jahren wo du offensichtlich studiert hast wurden viele neue Verschaltungen entdeckt und darauf basierende Theorien entwickelt.
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Beitrag von Phexx »

@Alt-Bauer, da müsste man erst mal ausschließen, dass traumatische Ereignisse unbewusst wiederholt werden.
altbauer

Beitrag von altbauer »

Der_Molch hat geschrieben:... Arbeitsblätter die für die allg. Bevölkerung geschrieben sind, sind zwar nett, aber mir als Quelle nicht ausreichend.
Du bist ein Scherzkeks, der die Arbeitsblätter gar nicht kennt! Stangls Arbeitsblätter werden an zahlreichen Unis als Studienunterlagen verwendet und sind auf dem neuesten Stand! Brauchst dir ja nur die Quellen anschauen, die er dort verarbeitet!
Aber wenn du nur recht haben willst und in deinem eigenen Saft schmoren - bitte!
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Der_Molch
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Beitrag von Der_Molch »

Entschuldige bitte dass mir nicht aufgefallen ist, dass du nicht gemerkt hast, dass ich mit dir hier ein Unterthema diskutiert habe. Stangels Blätter mögen ganz nett sein. Aber ich bin ganz ehrlich nicht bereit, seine ganze Homepage zu durchforsten, um eine Diskussion künstlich am Leben zu erhalten. Ich hatte dich gebeten, konkrete Veröffentlichungen zu deinen Standpunkt zu benennen und nicht den Wissensbestand eines ganzen Lehrstuhls.

Wir haben über einzelne Aspekte gesprochen die völlig losgelöst von den Arbeitsblättern waren und ich weiß nicht warum es dir so schwer fällt mir konkrete Veröffentlichungen zu nennen, die deine Aussagen belegen. Offensichtlich hast du ja eine starke Meinung, aber auf welche Textdokumente beziehst du dich genau. Ich finde es recht unkollegial zu sagen, hier ist die Bibliothek schau dich um in einem Buch wirst du es nachlesen können. Und sorry mir ist Herr Stangels HP für diese Diskussion zu umfangreich und die Zeit für eine so unfruchtbare Diskussion ehrlichgesagt zu schade.

Wenn du möchtest können wir weiterhin gerne über PN echte sachliche Argumente austauschen mit angenehmen Quellenaustausch. Aber ich habe keinen Bock mehr auf den vom eigentlichen Thema abweichenden Show off!
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Das mit den Hypothesen und efferenten Prozessen habe ich noch nie gehört, und es erscheint mir nicht wirklich logisch oder sinnvoll. Klingt ja schlau, so ist es nicht, aber wozu das Ganze? Warum ist alles andere veraltet? Aufgenommene Informationen als Hypothesen zu behandeln erscheint mir doch ein wenig zu sehr um die Ecke gedacht. Erst Recht, sie mit "efferenten" Prozessen zu überprüfen, wobei efferent normalerweise vom Gehirn oder jeweiligem Stück Gehirn weg bedeutet, primär in Richtung peripheres Nervensystem/Aussenwelt. Natürlich entstehen die wichtigen Informationen erst durch intensive Verarbeitung. Aber wo ist jetzt der efferente Prozess? Wie kommt man darauf, dass sich diese "Hypothesen" vor der Wahrnehmung bilden sollen? (sonst wäre sie ja doch kausal für die Bildung der Hypothesen)
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Beitrag von Pat »

Du willst es einfach nicht verstehen ...

Langsam verlier ich auch die Geduld mit Dir!

Schau doch in die Arbeitsblätter :roll: .

Sind echt gar nicht so schlecht, hab da gestern gefunden, wer Kennedy ermordet hat (ein gewisser S. Keos, übler Bursche).
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Stangl Taller - Lerntechniken

Beitrag von µBx »

Hi Leute,

ich möchte euch heute eine wunderbare Website für Psychologie interessierte vorstellen auf der es aber auch ein großes Kapitel über Lerntechniken gibt. Ich muss dazu sagen das alles sehr gut und ausführlich beschrieben ist, dabei geht der Autor auch auf Motivation ein etc.

Die Kapitel die ich dieser Gemeinde vor allem ans Herz legen möchte sind:

Gehirn
Gedächtnis
Konzentration
Lernen
Lehren und unterrichten
Lerntechniken
Motivation
Litereraturarbeit

Stangl-Taller.at

Alles absolut toll beschrieben und meiner Meinung nach eine wahre Schatzkammer :)
Grenzen existieren nur in unserem Kopf.
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