Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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Horkas
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Horkas »

Horkas hat geschrieben: Die Einführung mnemotechnischer Methoden des Lernens in der Schule braucht gewisse Bedingungen. Musisches Tun wie Musizieren, Theaterspielen, aber auch Bewegung, also Sport sind förderlich dafür. Warum das so ist?
Ich will eine Erklärung versuchen, warum und wie musisches Tun erwiesenermaßen das Lernen (nicht nur das mnemotechnisch gestützte, aber auch dieses) fördert.

Georgi Lozanov, der bereits hier erwähnte Begründer (oder Erfinder?) des suggestopädischen Lernens, hatte bereits in seinem Institut in Sofia mit dem damals einzigen verfügbaren Gerät zur Messung von Hirnströmen, dem EEG, Meditation praktizierende Zeitgenossen untersucht und herausgefunden, dass das Vorherrschen der Alphawellen, wie sie in einem leichten Trancezustand in Entspannung beobachtet werden, für das Lernen besonders förderlich sind. Bei einer Studienreise nach Indien beobachtete er, wie Brahmanenschüler den Lernstoff im Zustand der Entspannung vermittelt bekamen. Gleichzeitig wurde ihnen langsame Musik auf der Sitar vorgespielt. Lozanow experimentierte, von der Reise zurück, mit verschiedenen europäischen Musikstilen und kam zu der Erkenntnis, dass dafür langsame Barockmusik besonders effektiv ist. Er entwickelte daraufhin das bekannte suggestopädische Lernkonzept, in dem der Lernstoff auch mit aktivem Musizieren, Rezitation, szenischem Spiel, Malerei zusammen "aktiviert" wird. Näheres unter http://de.wikipedia.org/wiki/Suggestopädie. Auch wenn man beim Lernen kein suggestopädisches Verfahren praktizieren möchte, kann man für das eigene Lernen aus Lozanovs Erkenntnissen seine Lehren ziehen.
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DocTiger
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von DocTiger »

Das Hauptproblem mit den EEG-Wellen ist, dass man nicht soooo genau weiß, was man mit ihnen anfangen soll. Man weiß aber zum Beispiel, dass Beta Wellen mit höherer Konzentration zusammenhängen, und dass stark erhöhte Alpha- und Thetawellen typisch sind für ADHDS. Unter Entspannung sieht man tatsächlich mehr Alphawellen, ganz besonders bei geschlossenen Augen. Bei Neurofeedback zum Zweck der Konzentrationssteigerung und gegen ADHDS trainiert man den Praktizierenden, die Alpha- und Thetawellen zu erniedrigen gegenüber den Betawellen, was ziemlich genau die Wirkungen hat, die man sich von einer Therapie gegen ADHDS vorstellt.

Dabei rede ich allgemein nicht von EEG-Aufzeichnungen in diagnostischer Qualität, da Geräte für Neurofeedback, egal ob jetzt für 100€ oder 4000€, eine ausreichende Auflösung für quantitatives EEG zulassen, aber eher nicht für genauere Diagnostik oder Experimente. Dahingegen war QEEG in den 60er Jahren, also da wo die Suggestopädie entstand, noch mehr oder weniger unmöglich, da die Fast Fourier Transformation nicht elektronisch machbar war, man musste also aufgrund der EEG Kurven per Sichtkontrolle das Frequenzspektrum abschätzen.

Was ich gut finde an der Suggestopädie ist, dass sie sich überhaupt mal um den Lernzustand gezielter kümmert. Ich habe aber den Eindruck, dass Wachsamkeit, die mit Betawellen assoziiert ist, in jeder Hinsicht praktischer ist.
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Frederica
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Frederica »

DocTiger hat geschrieben:
Was ich gut finde an der Suggestopädie ist, dass sie sich überhaupt mal um den Lernzustand gezielter kümmert. Ich habe aber den Eindruck, dass Wachsamkeit, die mit Betawellen assoziiert ist, in jeder Hinsicht praktischer ist.
Genau den gleichen Gedanken hatte ich auch immer:
Um effektiv lernen = sich etwas merken oder ein Problem lösen zu können, muss man doch eher "im Eustress" sein, also interessiert, motiviert, engagiert - eben "wach", vielleicht auch "wacher als sonst".

Die Suggestopädie fände ich toll, um nach einer anstrengenden Stunde erst mal entspannt im neuen Unterricht/ Thema anzukommen, aber dann muss man ja die (Einschlaf-) Entspannung wieder von sich abschütteln, wenn man sich für den neuen Unterricht konzentrieren soll.
Viel sinnvoller als vor der Stunde fände ich Suggestopädie aber nach der Stunde, also kurz vor Stundenende einer anstrengenden Stunde, in der sich einige Schüler vielleicht auch sehr verspannt haben, auf jeden Fall aber eher k.o.sind.

LG
Frederica
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Horkas »

Frederica hat geschrieben: Die Suggestopädie fände ich toll, um nach einer anstrengenden Stunde erst mal entspannt im neuen Unterricht/ Thema anzukommen, aber dann muss man ja die (Einschlaf-) Entspannung wieder von sich abschütteln, wenn man sich für den neuen Unterricht konzentrieren soll.
Viel sinnvoller als vor der Stunde fände ich Suggestopädie aber nach der Stunde, also kurz vor Stundenende einer anstrengenden Stunde, in der sich einige Schüler vielleicht auch sehr verspannt haben, auf jeden Fall aber eher k.o.sind.
Schön, dass du die Suggestopädie so positiv siehst. Doch ich weiß nicht so recht, ob wir unter diesem Begriff dasselbe verstehen. Sie findet nämlich nicht vor oder nach der Stunde statt, sie ist selbst das Unterrichtsverfahren. Eine kurze Einführung bietet auch Wikipedia. Wir haben Elemente des Systems eingesetzt. Im folgenden Beispiel ist es das erste Lernkonzert mit Hinleitung in die Entspannung, Darbietung des Inhalts und Rückführung aus der Entspannung: http://www.brainboard.eu/phpbb/viewtopi ... 909#p21909. Hier ist es kombiniert mit Locitechnik. Der Kommentar stellt den inhaltlichen Zusammenhang her.
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Beitrag von f.j.neffe »

Das Problem liegt eigentlich in unserem beschränkten Verständnis von Wissenschaft. Wissenschaft ist heute, was die Wissenschaft NICHT messen und NICHT verstehen KANN und WILL. Dabei ist die Geschichte der herrschenden Wissenschaft ein einziges Rückzugsgefecht: sie selbst muss sich selbst ständig korrigieren.
Ich erinnere mich noch an die Vorlesung meines Pädagogikprofessors, der im vorigen Jahrhundert, gestützt auf Literatur aus dem vorvorvorigen Jahrhundert, immer noch blauäugig und blindgläubig dozierte: "Pädagogik ist keine Hypnose. Pädagogik ist keine Suggestion." Damit hat er mich u.a. zum Ich-kann-Schule-Artikel: "Pädagogik ist Hyponose." angeregt - als Suggestion ist sie ja sowieso nicht zu übersehen - und zu einem Bericht im Sonderschulmagazin über zwei Hypnosestunden in einer Lernbehinderten-Klasse.
Alles, was wir in den Schulen als tun, unterscheidet sich kaum von dem, was ein Hypnotiseur tut. Auch er spricht nur einfache deutsche Sätze. Im Gegensatz zum Pädagogen kennt er in der Regel ihre und seine Wirkung und geht - ebenfalls im Gegensatz zum Pädagogen - sehr achtsam und sensibel damit um.
Alles, was wir tun, hat a) suggestive und b) oft auch hypnoide Wirkung. Es greift viel zu kurz, wenn wir meinen, Suggestion wirke erst, wenn wir irgendwelche angelernten Zeremonien veranstalten. Alles wirkt immer und überall suggestiv.
Wenn uns gerade um konkreten Umgang mit unseren suggestiven Wirkungen klar wird, dass die entscheidenen Kräfte unseres Lebens ausgesprochen feine Kräfte von Geist und Seele sind, wird das ganze Ausmaß der Verirrung unserer Pädagogik deutlich. Auf ihrem Irrweg versucht sie ja alles im Problemfall mit immer noch mehr Kraftaufwand immer noch gröber. Damit verfehlt sie vollkommen die Wirkung auf die entscheidenden feinen Lebenskräfte. Wie nicht zu übersehen ist, wachsen infolgedessen überall die Probleme und mit ihnen die Ohnmacht einer das Leben verfehlenden Pädagogik.
Der Nutzen der Suggestion entscheidet sich viel weniger auf der technischen als vielmehr auf der menschlichen Ebene.
Das bedeutet ganz praktisch: statt Unterrichtsvollzug sollten wir fein und sorgfältig auf unsere und andere Wirkungen achten und ggf. nicht andere sondern immer erst uns fein korrgieren.
Ich grüße freundlich.
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von DocTiger »

Bei F.J. Neffe habe ich immer das Gefühl in Trance zu fallen wenn ich den Sinn der Beiträge ergründen will ;-)
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Horkas »

DocTiger hat geschrieben:Bei F.J. Neffe habe ich immer das Gefühl in Trance zu fallen wenn ich den Sinn der Beiträge ergründen will ;-)
Er meint es bestimmt gut. Und was wäre so schlimm am Trancezustand, den du ja offensichtlich kennst? Er ist jedenfalls frei von Angst und Sorgen. Die Amygdala ist im Ruhezustand. Da wächst Vertrauen in die (eigenen) guten Kräfte. Ich erinnere mich an ein Wort eines bekannten Schulreformers: Prüfungen messen das, was die Angst übrig gelassen hat.

Es ist ja interessant, dass Emile Coué Jahrzehnte vor den ersten bahnbrechenden Erkenntnissen der Hirnforschung über die Natur der menschlichen (und tierischen) Gefühle einen für uns Westler gangbaren Weg gefunden hat, um das unbewusst ablaufende Konzert der Botenstoffe ins Positive zu lenken. Wenn es damit gelingt, Zuversicht auf- und Versagensangst abzubauen, was spricht dagegen, die positive Autosuggestion bewusst zu nutzen? F.J.Neffe scheint ja einen guten Weg gefunden zu haben, sie seinen Schülern nahe zu bringen. Auch wenn er das sprachlich nicht nach hier jedermanns Geschmack zum Ausdruck bringt. Das "Ich-kann" hat er ja wohl schon vor Obamas Wahlkampfslogan eingesetzt.
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von DocTiger »

Das war nicht wirklich ernst gemeint, ich will damit nur sagen, dass ich in seinen Beiträgen alles und nichts lesen kann.
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Horkas »

Schon klar! :lol:
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Kevin »

dass das Vorherrschen der Alphawellen, wie sie in einem leichten Trancezustand in Entspannung beobachtet werden, für das Lernen besonders förderlich sind.
jeder (als 80% aller Menschen) hat Alpha-Wellen im EEG sobald er die Augen schliesst, ob entspannt oder nicht entspannt.

Ein EEG hat aktuell drei Hauptindikationen:
1. Gibt es epilepsietypische Potenziale?
2. als add-on zur Feststellung der Hirntodes.
3. zur Differential-Diagnose beim unklarem Koma.


Es taugt nicht um einen Zustand zu beschreiben bei dem irgendjemand besonders gut oder schlecht lernen kann. Jedenfalls ist die Existenz dieser Effekte wissenschaftlich nicht erwiesen und umstritten. Ich würde sogar noch weitergehen und es als groben Unfug bezeichnen.
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Horkas »

Kevin hat geschrieben:
dass das Vorherrschen der Alphawellen, wie sie in einem leichten Trancezustand in Entspannung beobachtet werden, für das Lernen besonders förderlich sind.
Es (das EEG) taugt nicht um einen Zustand zu beschreiben bei dem irgendjemand besonders gut oder schlecht lernen kann. Jedenfalls ist die Existenz dieser Effekte wissenschaftlich nicht erwiesen und umstritten. Ich würde sogar noch weitergehen und es als groben Unfug bezeichnen.
Ich habe mich bei meinem Post auf den bulgarischen Neurologen Georgi Lozanov und dessen (wissenschaftlich angelegte) EEG- Studien bezogen, die dieser in den 1960er Jahren in Sofia durchgeführt hat. Ich selbst würde sowas nie behaupten, da ich diese Apparaturen nicht kenne. Die Technik ist sicher weiter gegangen und manche der alten Theorien haben sich inzwischen als Mythen entlarvt. Wenig hilfreich aber erscheint mir, alles, was "wissenschaftlich nicht erwiesen" oder "umstritten" ist, aus dem Blickfeld zu verdammen. Das sind Totschlagargumente (wie auch "grober Unfug"). Es gibt auf dem Gebiet des Lernens, das uns hier beschäftigt, viele Phänomene, die bisher niemand ernsthaft untersucht hat. Schließlich steckt die Wissenschaft vom Lernen selbst noch sozusagen in den Kinderschuhen. Vielleicht könntest du mit deinen Kenntnissen dazu beitragen, sie ein wenig voranzubringen.
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von DocTiger »

Die EEG Auswertung ist bereits etwas weiter. Für unsere Belange ist ausschlaggebend, dass durchaus bestimmte Zustände wie Entspannung und Konzentration Spuren hinterlassen, und auch Störungen von Konzentration und so weiter lassen sich auf dem EEG darstellen. Doch dazu wirde eine Fouriertransformation benutzt, bei der die Stärke der verschiedenen Frequenzbänder ermittelt wird. Lozanov hatte diese Möglichkeiten nicht. Die EEG Auswertung damals beruhte darauf, dass man die EEG Signale auf Papier ausgewertet hat. Zusätzlich ist seit 1960 natürlich eine Menge passiert was die Interpretation dieser Zustände angeht.

Meine tendenzielle Meinung ist, dass Alpha-wellen, also Entspannung besser sind, als angespannte Zustände, aber wichtiger sind eher Betawellen für die Konzentration. Es ist sogar so, dass bei ADHS Alphawellen eher stärker sind.
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von Kevin »

Das Problem liegt doch darin, dass Alpha-Wellen nicht gleichzusetzen sind mit Entspannung und Beta-Wellen nicht gleichsetzen sind mit hoher Konzentration. Man kann künslich eine Beta-EEG durch die Gabe von bestimmten Medikamenten wie Benzodiazepinen oder Barbituraten erzeugen. Diese Personen können sich aber weder gut konzentrieren noch können sich sich Infomationen gut merken. Im Gegenteil sie sind unkonzentriert und vergesslich. Umgekehrt gibt es Menschen die von Natur aus ein Beta-EEG besitzen und gute Gedächtnisleistungen bringen.

Die Wellen-Frequenz im EEG sind interindividuell sehr variabel. Es gibt Menschen bei denen ein Beta-EEG normal ist, währende Manche eine Alpha-Beta-Misch-EEG haben und wieder andere ein Theta-EEG. Daraus lässt sich noch überhaupt nicht auf die jeweilige Lern- bw. Gedächtnisleistung oder Entspannungszustand schliessen. Jeder Mensch hat also schon Mal z.T. ein völlig unterschiedlichen Ausgangspunkt, was den Grundrhythmus betrifft. Dies schränkt eine standartisierte Auswertung und die Rückschlüsse, welche aus solchen Daten gezogen werden, ein.

An Hand eines EEG-Befundes kann auch nicht auf den Grad der Konzentration oder Entspannung genau bestimmen werden. Was sich aber unteranderem im EEG abbildet, obwohl es nicht direkt etwas mit der Hirnaktivität zu tun hat, sind Muskelpotentiale vom M. Masseter, M. Temporalis und den Augenmuskeln. Wenn ich also diese Muskelpotenziale sehe könnte ich postulieren, dass der Patient/Proband gerade sehr angespannt ist. Genauso könnte es aber sein, dass der Patient oder Proband absichtlich die Zähne zusammen beisst.

Ein Patient mit einem MCI (leichte kognitive Störung), einer Vorstufe von einer Demenz, kann im EEG aktuell auch nicht von einem Patienten mit „normalen Gedächtnisfunktionen“ unterschieden werden. Hingegen kann ein Gedächtnistest wie der Mini-Mental oder besser noch ein etwas ausführlicher Test dies schon. Es ist also nicht möglich von einem EEG-Muster auf die Gedächtnisfunktion vorherzusagen.

Ein psychotischer Patient mit einem völlig zerfahrenem und unkonzentriertem Gedankengang hat im kranken Zustand kein anderes EEG als im gesunden. Ich kann also im EEG nicht sehen, ob er sich gerade gut konzentrieren und lernen kann oder nicht.

Ein anderes Beispiel sind Patienten mit kleineren intrazerebralen Blutungen oder Ischämien ("unblutige Schlaganfälle). so etwas lässt sich im EEG z.T. überhaupt nicht darstellen, obwohl es zu deutlichen Verschlechterungen der kognitiven Leistungen kommen kann.

Zusammenfassend kann im EEG vom klinischen Standpunkt weder die Gedächtnisleistung noch die Konzentration ausreichend dargestellt werden. Das EEG wird in seiner Aussagekraft überschätzt. Die Sensitivität und Spezifität reicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus. Darüberhinaus ist es extrem Artefakt anfällig.
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Re: Der Placeboeffekt im Bildungsprozess

Beitrag von DocTiger »

Ich rede von sehr sehr ungenauen Rückschlüssen. Im Rahmen von Neurofeedback kann man durchaus gewisse Rückschlüsse ziehen zum Thema Entspannung und Konzentration. Der eSense Wert "Attention" von Neurosky sagt zwar nicht was er genau macht, aber er korreliert zumindest bei mir subjektiv mit Konzentration und Aufmerksamkeit und scheint für Trainingszwecke geeignet zu sein. Es stimmt allerdings, dass die Funktionen und Bedeutungen verschiedener Frequenzbänder alles andere als klar sind.
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