Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut aber ..

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

Moderatoren: Hannes, Boris

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Synapses
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Registriert: So 22. Sep 2013, 21:21

Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut aber ..

Beitrag von Synapses »

Hallo zusammen,

ich habe schon sehr viele Bücher zu dem Thema Gedächtnistraining, Merkstrategien, Lerntypen usw. gelesen.
Werde mir auch sicher das bald erschienende Buch von Boris zulegen in der Hoffnung etwas Neues zu lesen.
Bin jedesmal wieder begeistert und danach motiviert und die Methoden funktionieren im Kleinen auch zeitweise ganz gut.
Aber mit der Zeit verläuft sich das jedesmals wieder und ich höre auf die vielseitig beworbenen einschlägigen Methoden
zu benutzen. Im Moment habe ich wieder ein hoch und insgesamt lässt mich dieses Thema doch nicht los, was
ich im Grunde gut finde. Ich habe den Wermutstropfen aber schon identifiziert und daraus ergeben sich meine Fragen,
auf die ich auch in diversen Büchern und Seminaren nie wirklich eine befriedigende Antwort gefunden habe.

1.
Nun, das Mastersystem funktioniert nur, wenn man sich die Zahl-Bild Kombinationen soweit eingeprägt hat,
dass man hier nicht mehr nachdenken muß und die Routenmethode klappt auch nur dann, wenn die Route sitzt.
Genau hier ist mein Problem. Ich habe ernsthaft Schwierigkeiten mir diese Ankerpunkte dauerhaft einzurichten.
Wie schafft ihr das, dass ihr diese Dinge dauerhaft abrufbar habt um hier neues Wissen anzuknüpfen?
Das gleiche gilt für die Routenpunkte selbst, wie kann man sich diese zuverlässig merken? Bei mir artet
das immer in stumpfes Ausweniglernen aus und genau dann verliere ich jedesmal die Lust, denn auswendig
lernen im klassischen Sinne will ich ja eben nicht.

2.
Routenpunkte = Variablen "löschen". Also ganz ehrlich, die Einkaufliste mit 10 Punkten kann jeder innerhalb
kürzester Zeit lernen. Aber wie werde ich die möglichst schnell wieder los, wenn ich eine Route neu belegen möchte?
Also wie nutze ich eine Route für Dinge die ich mir nur temporär merken möchte immer wieder ohne
völlig durcheinander zu kommen?

3.
Nach welcher Strategie kann man ernsthaft massig Wissen, welches man möglichst dauerhaft speichern und abrufbar
halten möchte verankern. Wie gesagt, zwei drei kleine von mir aus auch mittlere Routen für zwischendurch, ok. Aber
was mache ich, wenn ich bspw. wirklich ein ganzes Fachbuch oder gar ein ganzes Studium möglichst langfristig ernsthaft
abrufbar halten möchte? Klar, natürlich habe ich von dem Gedächtnispalast gelesen, welcher im Grunde nix anderes ist
als eine 3D Matrix aus Variablen und Routen. Aber um das ernsthaft umzusetzen, müsste man für jedes Faktum bzw.
Lernelement eine Variable schaffen, die man sich zuvor merken muss um an diese ebenjenes Element anzuknüpfen. Jetzt
ist man im Grunde wieder bei Punkt 1. Wie lerne ich die 3D-Matrix bzw. den Palast an sich?

4.
Lange Zahlenkombinationen:
OK, angenommen Mastersystem sitzt. Dann kann ich sicher die eine oder andere längere Zahl merken. Aber was mache ich,
wenn ich auch hier ernsthaft viele Zahlen dauerhaft speichern möchte? Irgendwann habe ich alle möglichen Begriffe so
oft in unterschiedlichsten Varianten miteinander ver"story"t, dass nur noch Chaos im Kopf ist. Information overflow sozusagen.
Wie löst man so etwas?

Vielleicht sind diese 4 Punkte für den Anfang erstmal genug Fragen, will hier ja niemanden überfordern :-P
Über ein paar Anregungen würde ich mich sehr freuen.

greets
Synapses
FrASo
Stammgast
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Registriert: Do 03. Jan 2013, 18:24

Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von FrASo »

Also,
zu 1:
Auch diese Dinge muss man lernen. Doch stundenlanges und stumpfes Lernen ist die schlechteste Methode dazu. Bei Zahl-Symbol-Kombinationen ist es von Vorteil, wenn das Symbol schon mit einer Zahl verbunden ist. Ansonsten kann man sich das mit einer Geschichte merken. Zur Not muss man eine Lernkartei bemühen. Das gilt auch für Routen: Jeder hat vorgefertigte Routen im Kopf, da wir uns Wege an markanten Punkten merken. Eine meiner ersten Routen war z.B. das lange abgerissene Haus eines Onkels. Hierbei muss man sich klar werden, welche markanten Punkte für einen selbst bedeutsam sind, da diese von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind. Der eine merkt sich einen Pfahl, auf dem er schon oft einen Turmfalken gesehen hat, der zweite einen schön gestalteten Garten und der dritte den Porsche-Verkäufer. Bleibt dies so nicht hängen, würde ich es durch eine Geschichte verbinden. Reißen alle Stricke, bleibt wiederum die Lernkartei. Auch wenn es einfach klingt, würde ich zur Lernkartei erst ein Buch lesen, da es durchaus ein paar Fallstricke gibt. Z.B. der optimale Zeitpunkt der Wiederholung, an dem schon viele scheitern. Ein Lateinlehrer mag für seinen Unterricht passende Abmessungen vorschlagen (Ich bevorzuge aus manchen Gründen immer noch das echte Ding.), aber, wenn der Schüler auch noch Englisch und Französisch lernen will, passt dies nicht und die Lernkartei verwandelt sich wieder in ein stumpfsinniges Mittel zum Pauken. Es gibt auch mnemotechnische Methoden der rechtzeitigen Wiederholung, aber dazu muss man auch erst lernen.
Ach, ja: Manche können sich besser merken, was sie sich selbst ausgedacht haben, andere, was sie erlebt haben.
Und es kann nicht oft genug gesagt werden: Sicher Lernen kann man nur durch Wiederholung. Mnemotechnik und Lernkartei dienen nur dazu , die notwendigen Wiederholungen zu reduzieren und die 'Vergessensquote' zu senken. Dabei kann die Mnemotechnik erstaunliches leisten.

zu 2:
Damit habe ich keine Probleme. Wenn ich das Gemerkte als unwichtig erachte, 'verschwindet' es. Bis es soweit ist, kann man eine andere Route benutzen. Ist die Route zu lang dafür, kann man sie auch mehrfach belegen, was man ein bisschen üben muss.

weiter im nächsten Post...
FrASo
Stammgast
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von FrASo »

zu 3:
Schon mal von römischen Räumen und wissenschaftlichen Modellen gehört? Das kann auch kombiniert werden. Zum Beispiel mit Atommodellen. So passt ein Großteil der Geschichte der Chemie in nur 1 Raum. Wie in Ulrich Voigt, Esels Welt geschildert, hat Aristoteles die Modelle übrigens wahrscheinlich aus der Mnemotechnik entwickelt.

Dann kommt es darauf an, wie ich auf einen Stoff zugreifen will. Wenn ich eine Sprache nur sprechen will, nehme ich die Lernkartei und benutze zusätzlich Assoziationen. Will ich eine Sprache studieren, ist ein Gedächtnispalast von Vorteil, um sich z.B. später zusätzliche Bedeutung (z.B. lat. beneficium: Wohltat; im Mittelalter auch: Lehen) oder die Verwendung bei bestimmten Dichtern zu merken. Dann muss man wissen, wie präsent der Stoff sein soll: rezitierte Monologe (Faust: "Habe, ach, ..."; Hamlet: "Sein oder nicht sein, ...") wirken besser mit kurzer Verzögerung, Sprichworte will man wie aus der Pistole geschossen können (Wilhelm Tell: "Die Axt im Haus ..."; Wallenstein: "Spät kommt ihr, ..."), ebenso unmittelbar sollen Redewendungen oder Sprechweisen einer Fremdsprache über die Zunge kommen. (Ja, Monologe braucht der Schauspieler, auf's Stichwort hin.) Beim Einen kann man sich erst die Route suchen, beim Anderen, muss es irgendwann ohne Route sitzen, beim Dritten (studierte Sprache), müssen Wort und Route sitzen...
Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Auch die Verbotene Stadt und Versailles nicht. Wie ein guter Programmierer sollte man aber auf die Erweiterbarkeit achten, und einen, zumindest groben Plan haben. Einige Zutaten sollten dem Service dienen.

Zurechtfinden? Vor dem Flügel mit den Regeln für die einfachen Maschinen könnte Archimedes Grabmal stehen (Kugel und Zylinder) und die Räume an Belagerung von Syrakus erinnern, bei der Archimedes die Maschinen gegen die Römer benutzt (für den Action-Liebhaber), vor der Infinitesimalrechnung könnten Leibniz und Newton streiten, während im Innern die Royal Society das Ganze noch nicht richtig verstanden hat und fleißig über Aufgaben brütet (für Lehrer). Einstein wartet im Gang zu den Naturwissenschaften und Thales von Milet steht an einer Weinpresse (oder waren es die Ölpressen? - Zur Aufklärung: bei Sokrates abbiegen und die Büsten betrachten.) im Gang zu den Geisteswissenschaften. Im Eingangsbereich mag man eine 'Karte' hinterlegen...

Für die Wiederholung kann man Markierungen verteilen und eine Art Kalender in der Eingangshalle unterbringen. Aber das System funktioniert bei mir nicht richtig, war also zu knapp Beschrieben, nicht richtig ausgereift oder falsch verstanden. Überlege da an etwas Eigenem. Einfacher ist ein Plan auf einem Papier und Karteikarten, um die Routen zeitlich passend zu wiederholen.

Das eigentliche Problem ist das Herausziehen der Daten aus Büchern. Vorlesungen hat man ja meist sowieso schon oft in Schlagworten erfasst. Dazu gibt es verschiedene Methoden...

zu 4: Man sollte Zahlen geordnet ablegen, siehe z.B. Esels Welt. Telefonnummern haben mit Technik, Geburtstage mit Kaffeetrinken zu tun, und sind über Personen oder mit Bezug dazu anzusteuern.
FrASo
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von FrASo »

Ich konnte nicht schlafen und hoffe in meinen Posts, die hoffentlich ein Bisschen weiterhelfen, sind nicht zu viele Fehler. Desweiteren wird darauf hingewiesen, das es sich unbeabsichtigt etwas schroff liest, was daran liegt, dass ich da so ein Problem habe, mich kurz zu fassen.

Wie ich es geschrieben habe, wirkt es nicht sehr modern, mag aber leichter zu verstehen sein. Jedenfalls war das die Absicht.
Synapses
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von Synapses »

Lieber ausführlich als ein paar hingeworfene Wortbrocken.
Ich finde den Text jetzt nicht sonderlich "schroff", vielen Dank für die Tipps.

greets
Synapses
pantalonis
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von pantalonis »

FrASo danke für deine interessante Antwort. Ulrich Voigts 'Esels Welt' habe ich mir mal vorgemerkt.
Das hier ist mein erster Post und ich würde ihn sogleich nutzen für eine Bitte nach mehr Antworten und Erfahrungswerten, weil mich die Fragestellung des Threat-Erstellers auch sehr interessiert.
Gruß
FrASo
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von FrASo »

Vor 'Esels Welt', welches sehr wissenschaftlich daher kommt´, würde ich erst ein Übungsbuch durcharbeiten. Im Forum sind einige besprochen, z.B. Ulrich Bien, 'Einfach.Alles.Merken.", welches sich gänzlich von 'Esels Welt' unterscheidet. Diese Bücher dienen eben dem praktischen Einüben einer Technik.

'Esels Welt' bietet den theoretischen und geschichtlichen Hintergrund der Mnemotechnik. Es analysiert die Funktionsweise und entwickelt eine einheitliche Terminologie. Will man ein umfangreiches Wissensgebiet auf eigene Art und Weise memorieren ist es die beste Vorbereitung. Denn eigentlich hat Ulrich Voigt es ja als Einleitung zu seiner Mnemotechnik des Kalenders ('Das Jahr im Kopf') geschrieben.
pantalonis
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von pantalonis »

Danke!
Ulrich Bien hab ich zufälligerweise eh schon aus der Bibliothek ausgeliehen auf dem Tisch liegen :-)
Mich interessiert gerade der Bereich über das praktische Einüben der Technik selbst hinaus bis hin zu Welten, in die ich selbst wohl nie eintauchen werde.

Grüße
Synapses
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von Synapses »

Hallo nochmal,

Laut Inhaltsverzeichnis und den Posts von FrASo geht Ulrich Voigt sehr gut auf die Techniken an sich ein und bietet viele Beispiele an.
Liege ich da richtig? Ich versuche schon die ganze Zeit "Esels Welt" zu erwerben. Muss ich das direkt beim Verlag bzw. beim Urich Vogt bestellen?
Woanders scheint man das nichtmal mehr gebraucht, geschweige denn als ebook zu bekommen :(.

Ulrich Biens "Einfach Alles Merken" habe ich auch hier liegen. Das ist zum Üben ganz gut. Der geschichtliche Hintergrund zur
Mnemotechnik ist übrigens in Teil I in "Ein Gedächtnis wie ein Elefant" von Alain Lieury gut nachzulesen. Finde ich aber ehrlichgesagt ziemlich
nervig zu lesen. Teil II ist interessant, wenn man Wissen will wie das menschliche Gehirn arbeitet. Einfach erklärt, und mit
Studien belegt. Relativ lesenswert.

greets
Synapses
FrASo
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Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von FrASo »

Sonst gab es das bei Amazon. Ich habe meines im Buchhandel bestellt. Schau mal bei www.likanas.de. Dort gibt es unter Shop eine E-Mail-Adresse für Bestellungen.

Wie schon angedeutet handelt es sich bei Esels Welt um ein Wissenschaftliches Buch. Der Autor versteht die Gedächtniskunst als Technik der Eselsbrücken (gut merkbare Verknüpfungen) und untersucht diese, um eine zeitgemäße Mnemotechnik zu entwickeln. Dabei denkt er nicht so sehr an die alltäglichen 'kleinen' Anwendungen, sondern will ganze Wissensgebiete, in diesem Fall die Kalenderberechnung beherrschen. (In Esels Welt selbst zeigt er das merken vieler Stellen von Pi, das Buch ist aber die Vorarbeit für 'Das Jahr im Kopf'.) Dazu zeigt er die geschichtlichen Unterschiede in der Mnemotechnik auf. Natürlich behandelt er dabei Beispiele. Doch es ist kein Lehr- oder Übungsbuch. Das Aufgezeigte muss man selbst umsetzen.

Wenn man gewohnt ist, wissenschaftliche Literatur zu lesen, ist es klasse. Den gegenteiligen Fall kann ich nicht beurteilen. Aber da Du angedeutet hast, dass Du Student bist, wird es Dir sicher nützen: Bei der Anwendung der Mnemotechnik ist man letztendlich auf sich allein gestellt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Mnemotechnik-Büchern werden in Esels Welt die Zusammenhänge und Funktionsweisen aus der Gedächtniskunst selbst erklärt. Für die richtige Anwendung erscheint mir dies unerlässlich, wie in allen anderen Wissensgebieten auch. Dabei lässt er allerdings die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse außen vor, wie man sie zum Teil in 'Einfach.Alles-Merken.' findet.

Voigt gibt darin auch ein Beispiel für eine Geschichte zum Merken einer 100er Garderobe (zweistelliges Majorsystem). Er begründet auch, warum eine 1000er Garderobe unpraktisch ist.

Für das Merken langer Zahlen kannst Du Dir, ebenfalls von Dr. Voigt, hier http://www.likanas.de/index2.htm seine Erklärung des Mike-Mechtnon-Systems herunterladen. Die Erklärung ist aber besser zu verstehen, wenn man erst Esels Welt gelesen hat und die Terminologie kennt.
Lesefaul
Superbrain
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Registriert: So 01. Mai 2005, 13:32
Wohnort: Langen

Re: Master-System, Loci- und Routenmethode schön und gut abe

Beitrag von Lesefaul »

Hi,

wenn es nicht mehr bestellbar ist, versuche es mal per Fernleihe über Deine Bücherrei.

Es soll aber eine neue Auflage kommen.
Gruß
--->Lesefaul

Skype: Lesefaul2010
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