Lernen für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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fips
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Lernen für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Beitrag von fips »

Hallo zusammen,

ich bereite mich derzeit auf die Berufsexamina Wirtschaftsprüfer und Steuerberater vor.

Neben sehr viel praktischem Wissen und Anwendungsfällen hilft ein gutes Faktenwissen dabei viel weiter.
Für Steuerrecht z.B. nimmt man sich die Gesetze, Richtlinien und Erlasse mit in die Prüfung .. man hat jedoch keine Zeit, diese im Examen auch zu verwenden.

Daher kommen Mnemotechniken ins Spiel - es würde tatsächlich sehr weiterhelfen, einen Großteil der Grundlagen abrufbereit im Kopf zu haben.

Ich hoffe ich, ich treffe hier einige Mitstreiter an, die ggf. bereits vergleichbare Berufsexamen abgelegt oder vergleichbare Fächer im Studium belegt haben.
Um allen "Fachfremden" einen Vorgeschmack zu geben, folgt eine Beispieltabelle:

Bild

Um es kurz zu fassen müsste ich ca. 1.000 solcher Tabellen mit ähnlichem Umfang in einem Monat auswendig lernen.
Insgesamt habe ich drei Monate dafür Zeit, aber für das Auswendiglernen an sich dürfte maximal ein Monat verwandt werden.
Anschließend können kurze Zeiteinheiten auf das Wiederholen der Inhalte verwendet werden.

Wie geht ihr an solche Lerninhalte ran?
"Leider" ist es eine Mischung aus verschiedenen Themen, Texten und Zahlenangaben und Gesetzesangaben.
Ich wäge gerade ab, die Loci-Methode zu verwenden und mir zu jedem Ort den Aufhänger für eine Tabelle/ein Schemata zu merken.
Die Tabellen/Schemata selbst müssten dann in eigene Eselsbrücken umgebaut werden. Ich befürchte fast, dass der Zeitaufwand für die Umsetzung nicht lohnt, da hier Eselsbrücken für fast jeden Sachverhalt neu erfunden werden müssen.

Welche Mnemotechniken habt Ihr schon erfolgreich für das Studium oder Berufsexamina einsetzen können, wenn die Zeit knapp war und die Inhalte "komplex" (im Sinne von abwechslungsreich, umfangreich und anwendungsbezogen)?

Besten Dank für Eure Erfahrungen und Ideen im Voraus!
Frederica
Superbrain
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Re: Lernen für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberat

Beitrag von Frederica »

Hallo fips,
was musst Du denn genau wissen: Den Inhalt der Tabelle oder die Tabelle an sich (rekonstruieren könnnen)?

Rein rechnerrisch müsstest Du bei 1000 Tabellen im Monat und 8 Stunden Lernen pro Tag jeden Tag etwa vier Tabellen pro Stunde lernen, jeden Tag.
Vier Tabellen pro Stunde sind zwar machbar, aber ob Du das jeden Tag 8 Stunden durchhältst (+ eine Stunde Minimum, in dem der vorherige Lernstoff rekapituliert wird, damit er im Gedächtnis bleibt)?

Wenn es nur um den Inhalt geht. würde ich die Tabellen erst mal thematisch ordnen und dann nach Themengebieten lernen.

Als größtes Problem sehe ich die Routen: Wenn jede Tabelle stabile, nicht wiederverwendete Routenpunkte bekommt, bräuchtest du ja ca. 20.000 Routenpunkte bei 20 Punkten pro Tabelle. :shock:

Ich würde wohl folgendermaßen vorgehen:
1. Tabelle lesen, prüfen, was Du davon ohne Hilfsmittel im Kopf hast, prüfen, was Du verstehst/ visualiseren kannst und wo es hapert.
Dann vor allem das visualisieren (als Schlüsselwort), das Dir Probleme bereitet.
Dann noch mal versuchen, die Tabelle oder deren Inhalt abzurufen, mit dem visualisierten Hilfsmittel.
Jetzt würdest Du dieses Hilfsmittel, das, was Du Dir schlecht merken konntest, als Tabellenaufhänger nehmen mit einem weiteren Schlüsselbegriff/ Bild für das Thema der Tabelle.
Diese beiden Begriffe verbindest Du aussagekräftig ohne Route (es sei denn, Du hättest 2000+ Routenpunkte parat - wenn ja, kannst du die nutzen, müsstest dann aber ggf. die Routen chronologisch durchgehen, um eine Tabelle zu finden, was Zeit kostet).

Du würdest also pro Tabelle zwei bis wenige Bilder haben, die das Thema und die schwierig zu merkenden Inhalte/ Begriffe verankern und dabei die restlichen Inhalte automatisch mit abrufen.

Du müsstest trotzdem noch ca. 4 Tabellen pro Stunde bei 8 Stunden Lernen pro Tag schaffen.
Nach jeder Stunde würde ich die gelernten Tabellen der vorherigen Stunde und der Stunden davor abrufen, um zu testen, ob sie noch sitzen und abends noch mal alle vorherigen durchgehen. So käme man dann auf 10 Stunden reinen Lernens pro Tag, was extrem stressig ist, wenn gar keine Pause hat (am WE müsstet du ja auch lernen).
Ich würde wenigstens versuchen, einige Stunden draußen zu verbringen und ggf. auch im Gehen oder Joggen zu wiederholen, damit Du nicht auch noch verkrampst, was die Lernleistung steigert.
Zudem würde ich vielleicht versuchen, weitere Assoziationen aufzubauen, indem im Hintergrund leise Lieblingsmusik läuft (evtl. kann man dann den Tabelleninhalt auch mit einem Song verknüpfen bzw. schneller abrufen, wenn man daran denkt, welcher Song parallel lief). Die Musik sollte natürlich nicht bei der Konzentration stören.
Schwierig wird das Ganze mit der restlichen Lebensorganisation: Es klappt eher, wenn Dich jemand mit Essen versorgt und ggf. mal putzt, so dass Du wirklich nur Waschen, Anziehen und Essen als Distraktoren bzw. Zeitfresser hast, und noch ausreichend Schlaf bekommst.
Auch aufs Lüften und Wassertrinken würde ich achten, da schlechte Luft und zu wenig Wasser Konzentrationsfresser sind.
Im Folgemonat müsstest Du natürlich wieder ein paar Stunden pro Tag einplanen, in denen Du möglichst viele der Tabellen noch mal durchgehst; dies könnte dann aber parallel zu Alltagsaktivitäten wie Waschen, Warten, Laufen, etc. stattfinden.

LG
Frederica
fips
Foren-Neuling
Beiträge: 9
Registriert: Mo 13. Apr 2015, 19:54

Re: Lernen für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberat

Beitrag von fips »

Hallo Frederica,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort und Deine Ideen.

Du hast Recht mit Deiner ersten überschlägigen Rechnung.
Grundsätzlich muss ich die Tabellen verstehen und anwenden können.
Das Memorieren ist aufgrund des komplexen Steuersystems jedoch schon die halbe Miete, wenn man dadurch ein strukturierte Herangehensweise und einen geringeren Zeitaufwand in der Aufgabenbearbeitung erreichen kann (anstatt in den Gesetzten zu blättern und zu suchen).

Die Notwendigkeit, die Inhalte anwenden zu können, sollte die Ablage auf Routen o.ä. erleichertern.
Durch die Aufgabenstellung sollte man im Regelfall schon auf den betroffenen Sachverhalt gestoßen werden. Damit würde in den meisten Fällen bereits aus dem Stichwort in der Aufgabenstellung (z.B. "A studiert und möchte eine Steuererklärung abgeben" --> Studium) eine ausreichende Assoziation gewonnen werden können. Damit sollte eine thematische Ablage in einem groben Gedächtnispalast reichen und keine stringente, kleinteilige Route erforderlich sein.

Ich stehe derzeit noch am Anfang - ab Mai starten meine "drei Monate", in denen ich zwei solcher Fächer (Steuern und Prüfungswesen) zu verinnerlichen habe. Derzeit steckt die Idee, Mnemotechniken hierfür stärker einzubinden, noch in den Kinderschuhen.

So sind die Tabellen z.B. derzeit noch in Fließtexten im PDF-Format eingebettet.
Ich muss also überlegen, ob der Aufwand lohnt und welche Lernform sich am besten eignet:
- direkt aus einem ausgedruckten Skript mit handschriftlichen Notizen (wie Bildern, Assoziationen)
- Übertragung auf Karteikarten, handschriftlich oder digital
- sonstige eigene Zusammenfassungen (um ggf. noch einprägsamere Darstellungsformen zu erreichen)
Auf der anderen Seite ist die Themenstrukturierung erschwert, wenn die Tabellen in den Fliestexten und über 20+ Skripte verteilt sind (umblättern, Überschriften suchen, Themenblöcke zusammenziehen etc.).

Ich schätze, dass die letzten beiden Varianten enormen Zusatzaufwand bedeuten und ich besser mit einem direkten Einstieg ins Lernen bedient bin, so dass später mehr Zeit für das Üben der Anwendung bleibt.

Vielleicht schaffe ich es am Wochenende, mir probeweise mal eins der Skripte vorzunehmen.
Die Einteilung in Sub-Themen ist der eher technische Anfang.

Interessant wird, wie aufwendig es ist, sich neue Bilder für tatsächlich neue Inhalte auszudenken, die man dem Inhalt nach verstehen muss. Die Mnemo-Disziplinen, die hier noch am artverwandtesten wären, sind wohl das Memorieren von Geschichtsdaten oder von Gedichten.
Allerdings sind Geschichtsdaten linear und haben eine eindeutige Zahl-Objekt(oder Aktion)-Verbindung.
Gedichte müssten zwar wörtlich memoriert, jedoch nicht zwangsläufig verstanden werden. Außerdem wäre eine detailgetreues Auswendig lernen dem Wortlaut nach hier nicht notwendig.

Ich bin gespannt, ob es möglich ist - oder sich als unpraktikabel erweist.

Viele Grüße,
Philipp
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