Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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JokerPixel
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Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Beitrag von JokerPixel »

Guten Abend zusammen

Ich bin ganz neu hier im Forum und habe einige Fragen bezüglich der Mnemotechniken.

Mein Ziel ist es eigentlich, Gelesenes nicht mehr zu vergessen. Wenn ich zum Beispiel ein Buch lese und auf einer Seite 10 Namen mit Geburtsdatum und so weiter notiert sind, würde ich mir das gerne merken können. Hauptsächlich geht es mir dabei aber darum, Informationen und Fakten aus Büchern nicht mehr zu vergessen. Gibt es eine Mnemotechnik, welche mir dies ermöglicht? Wenn ja, welche?

Wenn man die Loci-Methode verwendet, überschneiden sich dann nicht mit der Zeit die Informationen?

Was haltet ihr vom Gedächtnispalast und inwiefern besteht dabei ein Zusammenhang zur Loci-Methode?

Ich möchte die Informationen, welche ich in diese Techniken einflechte ja eigentlich auf ewig behalten, unterscheiden sich die Methoden bezüglich wie lange man etwas behalten kann?

Wenn ich etwas lese, dauert es viel länger, die Information in die Technik einzubinden, anstatt einfach normal zu lesen?

Ich freue mich schon auf eure Antworten und vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüssen

JokerPixel
FrASo
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Re: Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Beitrag von FrASo »

Willkommen im Forum!

Zunächst sei ein übliches Missverständnis ausgeräumt: Auch beim auf langfristiges Behalten angelegten Lernen mit Mnemotechniken muss man wiederholen. Es wird nur die Menge erheblich reduziert, welche man zwischen den Wiederholungen vergisst, wodurch man dann auch erheblich weniger lernen muss. Die erfolgreichen Wiederholungen bestimmen, wieviel Prozent des Gelernten man nach wie langer Zeit wieder vergisst. Das ist so ähnlich wie beim klassischen Vokabelkasten. Natürlich gibt es für jeden Bilder, die er nach einmaliger Vorstellung nie mehr vergisst. Aber das ist individuell verschieden.

Ein zweites Missverständnis ist, dass man eine Technik 1:1 von jemand anderem, womöglich schon komplett mit Informationen ausgestattet, übernehmen kann. Dies geht nicht, da jeder Mensch verschieden ist und z.B. andere Assoziationen hat. Es gibt aber grundlegende Techniken, die man einüben kann. Dabei merkt man in der Regel schnell, welche Modifikationen man vornehmen muss. Allerdings ist es von Bedeutung, dass man, wenn man eine Änderung vornimmt, die Grundgedanken verstanden hat. Hierbei ist die Loci-Methode eigentlich schon fortgeschritten. Zunächst kann man sich üben, Bilder, Schlagworte, Geschichten und was es dergleichen mehr gibt zu schaffen, die man gut behalten kann. Wie gut man darin ist, entscheidet u.a. darüber, wie weit man beim Lesen aufgehalten wird. Es ist auch ein Grund, warum man Ketten bilden sollte, bevor man zur Loci-Methode kommt. Wie viele verschiedene Informationen mit einer Route gespeichert werden können hängt u.a. von der Übung ab. Die Zahl kann nur individuell durch Experimente ermittelt werden, d.h. man muss versuchen, bis zu einer wievielfachen Belegung die Informationen erreichbar bleiben. Dabei sollten sich die Informationen aber nicht zu ähnlich sein. Dafür können auch Übungen zu Römischen Räumen hilfreich sein.

Wenn du schon mit der Loci-Methode vertraut bist und sie schon angewandt hast, dann schaffe mal eine Route innerhalb eines Raumes. Irgendetwas wie Tür, gedeckter Kaffeetisch, Foto vom gefallenen Vater in Wehrmachtsuniform, Fenster mit Ausblick auf einen Spielplatz, ein Klavier und ein hässliches Sofa. Nennen wir das ganze Tante Fridas Folterkammer. Die Route sollte so gut sitzen, dass du sie nicht von vorne oder hinten durchgehen musst, sondern jeden Punkt einzeln ansteuern kannst. Dann füge noch Tante Frida und ihren Pudel Hansilein hinzu, die sich frei im Raum bewegen. Male dir als weitere Route auch noch den Spielplatz aus, zu dem die Kinder vom Kaffeetisch fliehen. Dann vielleicht noch Flur, Küche und Bad. Tante Frida, andere Personen, Tiere und Gegenstände, wie der Teewagen z.B., können an verschiedenen Stellen zu finden sein. Damit hast du schon einen kleinen Gedächtnispalast. Wie effektiv er ist, hängt davon ab, wie gut er und die Informationen organisiert sind. Also etwa im Esszimmer ein Rezept, auf dem durch das Fenster erreichbaren Spielplatz eine Variante davon. In Küche und Bad andere Rezepte und im Flur vielleicht ein Index, der das ganze Kartiert... Es hilft dabei sehr, wie in der Informatik zwischen Informationen und Daten, also kodierter Information zu unterscheiden. Ob dies für dich effektiv ist, musst du selbst wissen, allerdings braucht ein Gedächtnispalast Planung, die auch Raum für Erweiterungen und Umbauten lässt.
FrASo
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Re: Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Beitrag von FrASo »

Das Netz wurde gerade so langsam, dass ich den Post gerade noch abschicken konnte, hier also die letzten beiden Themen:

Ich schrieb davon, dass die Einübung der Grundlagen besonders wichtig sei. Um das zu illustrieren gebe ich die Gewichtung aus Ulrich Bien, Einfach. Alles. Merken., Hannover 2012 wieder:

Die Grundlagen, also die Codierung der Informationen stehen auf 160 Seiten.
Geschichten, Römische Räume und Loci-Methode werden auf 50 Seiten erklärt.
Als Höhepunkt geht er auf die individuelle Anpassung und die Anpassung hinsichtlich des Stoffes ein: ca. 25 Seiten.
Der Gedächtnispalast wird dabei auf 2,5 Seiten behandelt.

Das Erlernen der Informationen aus Büchern setzt aber eigentlich Vorarbeiten voraus, die diese Informationen ordnen. Ich kenne nur sehr wenige Bücher, die gleich beim bloßen Lesen ihre Informationen preisgeben. In den Geisteswissenschaften müssen viele Bücher mehrmals gelesen werden, um sie zu verstehen. Auch dafür gibt es Techniken, die das ganze vereinfachen und die zwischen dem Lesen und der mnemotechnischen Verarbeiten stehen sollten.

Das klingt alles nach viel Arbeit, schließlich ist die Mnemotechnik kein Nürnberger Trichter. Was sind also die Vorteile der Mnemotechnik?

1. Auf die Dauer ist sie effektiver, da man mehr behält und beim eigentlichen Lernen schneller ist.
2. Klassisches Lernen ist meist Langeweile pur. Wenn die Mnemotechnik individuell eingestellt ist, macht sie Spaß. Und das ist gleich wieder ein Lernvorteil: Was uns interessiert, merken wir uns einfacher.
3. Dies ist zwar bei deinen Fragen eigentlich kein Thema, aber die Mnemotechnik vergrößert auch, was man in kurzer Zeit aufnehmen kann, und erleichtert den Übergang aus dem Kurzzeitgedächtnis.
4. Aus 2 folgt auch, dass jemand, der Mnemotechnik beherrscht eigentlich keine Langeweile mehr hat, da er z.B. immer alte Routen besuchen und neue anlegen kann.

Da du Geburtsdaten und somit Zahlen, die man sich besonders schwer merken kann, erwähnt hast, sei hier auch auf den Zahlencode nach Aimé Paris hingewiesen, der auch Major-Code oder fälschlich Master-Code genannt wird.

Die Antwort auf deine Fragen müsste eigentlich noch ausführlicher sein, daher sei empfohlen ein entsprechendes Buch zu lesen.
JokerPixel
Foren-Neuling
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Re: Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Beitrag von JokerPixel »

Vielen Dank für Deine Antwort, ich werde mir auf jeden Fall ein Buch zulegen. Eine Frage jedoch habe ich noch: Wenn ich sagen wir mal eine Einkaufsliste auf einer Route anlege, zum Beispiel liegt auf dem Stuhl in meinem Zimmer, das Brot, welches ich einkaufen soll und das Fenster ist mit Zahnpasta verschmiert, an welche ich denken muss. Eine Woche später möchte ich mir Informationen von Büchern auf dieser Route anlegen und das Brot auf dem Stuhl wird plötzlich zu den Zellorganellen, welche ich mir für den Biologie unterricht einprägen soll. Auf was ich hinaus will ist, was ist wenn sich die Assoziationen ändern? Vergesse ich dann was ich mir eigentlich gemerkt habe? Beziehungsweise ist dann der Gedächtnispalast beschädigt?

Nochmals vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Mit freundlichen Grüssen

JokerPixel
FrASo
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Re: Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Beitrag von FrASo »

Eine Belegung, die nicht mehr gebraucht wird, verschwindet in aller Regel in kurzer Zeit. Das hängt aber auch davon ab, wie lange die Route mit der fraglichen Belegung belegt war. Und, wie gesagt, man kann eine Route mehrfach belegen.
Falls es bei dir Problem gibt, halte 2 oder 3 Routen für Einkaufslisten, bzw. das Merken alltäglicher Dinge vor.

Du kannst aber auch nachhelfen. Stell dir vor, wie das Fenster gereinigt wird, spektakulär mit Flammenwerfer. Das Brot wird von einer Ameise aus dem Zimmer getragen und und von einem Adler ergriffen, der es schließlich ins Meer fallen lässt. Am Ende muss das Bild von sauberem Fenster und freiem Stuhl stehen.

Wie oben schon angedeutet, würde ich nicht dieselbe Route für unterschiedliche Themen verwenden.

Und es kommt auf die Assoziation an. Wenn dein Brot nur auf dem Stuhl lag und jetzt ein Zellkern dorthin gelegt wird, ist das nicht sehr zielführend. Ein riesiger Haufen Zellkerne, aus denen sie Stuhllehne herausschaut ist schon besser. Tante Frida, die den Stuhl nimmt und versucht, damit die ekligen Zellkerne zu zerquetschen dürfe noch besser sein. Nur: zerstöre nicht die Einrichtung mit der du die Route ausgestattet hast. Der Stuhl darf nicht zerbrechen.

Soll die alte Information erhalten bleiben, kann das Brot im Bild bleiben. Es muss beim Zerstampfen festgehalten werden...

Ach, ja: Wissenschaftliche Modelle sind schon eine Art Mnemotechnik. Stelle also lieber eine ganze Zelle auf, wie einen Pokal, oder hier vielleicht besser, eine Schneekugel. Dann frage dich, wieviele unterschiedliche Informationsbereiche dazu zu bewältigen sind und aus wievielen Positionen sie jeweils bestehen. Das musste du jetzt mit Dingen an und in der Schneekugel verbinden. Für die unterschiedlichen Informationsbereiche kannst du dir unterschiedliche Schneekugeln ausdenken, oder eine mehrfach belegen. Dinge, die zusammengehören, werden so gleich miteinander assoziiert.

Da du das Wissen über Zellen sicher höchst ungern vergisst, nutze die Schneekugel als weiteren Routenpunkt. Nur taste ihr Aussehen nicht an, soweit du es mit den Informationen zur Zelle genutzt hast.
FrASo
Stammgast
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Re: Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Beitrag von FrASo »

Seltsam, diesmal wurde der ganze Rechner langsamer.

Ein Wort noch zur Schneekugel: Für den Biologie-Unterricht wird eine relativ normale Kugel reichen. Für Medizin-Studenten dürfte das anders sein.

Vielleicht solltest du mal experimentieren. Stelle die vor wie Archimedes, so ähnlich wie Q bei James Bond, Maschinen für die Verteidigung von Syrakus entwirft. Pannen und riesige Explosionen, oder was dir sonst noch spektakuläres einfällt eingeschlossen.
Merke dir daran die Informationen zu folgenden Themen: (Die Informationen müssten bei Wikipedia zu finden sein.)

1. Die einfachen Maschinen mit dazugehörigen Formeln, oder, wenn es erst mal bei einfachen Listen bleiben soll ohne.
2. Das Leben des Archimedes.
3. Die Erfindungen und wissenschaftlichen Errungenschaften des Archimedes.
4. Die Schriften des Archimedes.
5. Sein Aussehen nach der Kunsttradition.

Die Anekdoten aus dem Leben des Archimedes: Die Bestimmung des Goldgehalts der Krone, sein Tod, das Auffinden seines Grabes, die Maschine, die Schiffe aus dem Wasser gehoben haben soll, u.s.w. können natürlich auch benutzt werden. Oder gemerkt, wenn sie unbekannt sind.

Dabei solltest du zuerst das Wissen einbauen, welches die am wichtigsten erscheint.

Und du solltest dieselben Punkte für das Wissen benutzen. Dabei solltest Du schnell herausfinden, was möglich ist. Du verdirbst dir dabei auch nichts. Wenn alles scheitert, gibt es ja noch andere Ingenieure wie Galilei oder Leonardo da Vinci, um die einfachen Maschinen zu merken... Oder du gibst das Projekt ein paar Wochen auf und legst dann nur so viele Informationen ab, wie dir möglich ist. Natürlich sollte ein Satz Informationen sitzen, bevor der nächste kommt.

Und du musst berücksichtigen, dass mit der Übung die Fähigkeiten steigen, du also irgendwann mehr Informationen einbinden kannst.

Wenn du dich mit unwichtigem Abgeben willst, merke dir Statistiken zu verschiedenen Fußballvereinen anhand eines Fußballstadions. Aber lass die Informationen zu Vereinen weg, die dir wichtig sind. Sonst liegt eine unterschiedliche Motivation vor.

Nur theoretische Beschäftigung bringt nicht viel. Mnemotechnik ist eine praktische Angelegenheit.
JokerPixel
Foren-Neuling
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Registriert: Fr 07. Aug 2015, 20:46

Re: Einige Fragen zu den Mnemotechniken..

Beitrag von JokerPixel »

Alles klar, vielen lieben Dank. :)

Mit freundlichen Grüssen.

JokerPixel
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