Was ist möglich?

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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Roberto
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Was ist möglich?

Beitrag von Roberto »

Hallo!

Ich bin vor kurzem auf Gedächtnistechniken gestoßen und bin neugierig. Ich würde gerne wissen, was wirklich möglich ist. Gibt es zum Beispiel unter euch jemanden, der oder die nie mehr etwas aufschreibt? Ich meine damit weder im Alltag, noch wenn man sich langfristig etwas merken will oder wenn man etwa etwas für einen Kurs lernen muss. Ist es möglich, durch Training nie wieder etwa mitschreiben zu müssen, etc.
Kann man sich einfach alles im Kopf merken und nie wieder etwas notieren? Bleibt das überhaupt so lange im Gedächtnis?

Also noch einmal konkret: Was ist wirlich möglich?

Danke.

LG
Flossi
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Flossi »

Hallo Roberto,

willkommen im Brainboard :D

Die aktuellen Weltrekorde im Gedächtnissport sind auf dieser Seite einsehbar. Allerdings geht es eher darum, sich große Mengen an bedeutungslosen Daten einzuprägen, und zwar über kurze Zeiträume. Ich weiß jetzt nicht, ob die Frage auf das Mitschreiben abzielt, oder ob generell gemeint ist, wozu Gedächtnistechniken gut sind. Wenn es um die physiologischen Grenzen geht, dann solltest du dich informieren über Solomon Schereschewski, Antonio Magliabechi, Kim Peek und John von Neumann. Die Herren waren dazu in der Lage, das zu leisten, was du beschreibst. Bis heute ist jedoch unklar, ob sich die Merkfähigkeit allein durch Training auf ein so wundersames Level steigern lässt. Die meisten Normalsterblichen müssen wiederholen, wenn sie sich Fakten über längere Zeitspannen merken wollen. Am effektivsten ist wahrscheinlich das 'spaced repetition', bei dem die Abstände zwischen den Wiederholungen immer größer werden.

Gruß,
Flossi
Captain Basil
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Captain Basil »

"Nie mitschreiben" ist für normale Menschen eine schlechte Idee. Gerade auch für das erwähnte "spaced repetition".
Roberto
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Roberto »

Hallo!

Danke für die Antworten.

@Flossi: Ich meinte, wie weit sich die Merkfähigkeit mit Training als Normalsterblicher steigern lässt. Meinst du, das spaced repetition auch ohne Mitschrift, also nur im Kopf möglich ist (z. B. mit Hilfe eines Gedächtnispalasts)?
Ich könnte mir vorstellen, dass man irgendwann zu viele Infos hat, um die Wiederholungen noch praktikabel durchführen zu können bzw. irgendwann einfach meint, man könne eh schon alles und dann wieder einzelne Dinge vergisst.

@Captain Basil: Warum meinst du, dass nie mitzuschreiben für spaced repetition eine schlechte Idee ist? Wegen der von mir oben genannten Gründe?
Captain Basil
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Captain Basil »

Zwei Gründe. Erstens ist das Mitschreiben bei normalen Menschen schon dazu nötig, ausreichend Aufmerksamkeit auf das Gesagte zu lenken. Zweitens, dein Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis verlieren zu schnell Inhalte. Du solltest dir diesen Gedächtnispalast nicht zu "real" vorstellen. Es ist nicht so, dass du das Gesagte nimmst, ablegst, und dann sozusagen mit deinem Bewusstsein hinwanderst, um es dir "danach" zu merken.
Flossi
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Flossi »

Meinst du, das spaced repetition auch ohne Mitschrift, also nur im Kopf möglich ist (z. B. mit Hilfe eines Gedächtnispalasts)
Meiner Erfahrung nach ist es keine gute Idee, das Prinzip während eines Vortrags anzuwenden. Das Problem sind die ersten Wiederholungen. Idealerweise erfolgen sie nach fünf Sekunden, einer halben Minute, zwei Minuten, zehn Minuten und einer Stunde. (Die genauen Abstände variieren je nach Quelle, aber über den Daumen kann man sagen, dass sie sich jeweils verfünffachen.) Du müsstest also bereits wiederholen, während der Vortrag noch läuft, und dann besteht die Gefahr, dass einem wichtige Dinge durch die Lappen gehen - ganz zu schweigen davon, dass man sich auch laufend neue Fakten einprägen muss. Mit einem Gedächtnispalast und ein wenig Übung lässt sich dieser Nachteil tatsächlich umgehen, die Wiederholungen können dann gleich in etwas größeren Abständen erfolgen. Allerdings ist nicht immer auf Anhieb klar, welche Punkte wichtig sind und deshalb abgelegt werden sollten. Das ergibt sich häufig erst, wenn man einen Überblick gewonnen und die Materie durchdrungen hat. Stopft man sich einfach undifferenziert jede Kleinigkeit in den Kopf, dann wird es zunehmend schwierig, die wichtigen Sachen präsent zu halten. Außerdem hast du dann das Problem, dir massenhaft neue Orte suchen oder ausdenken zu müssen, um den Palast zu erweitern. Es hat eben alles Vor- und Nachteile. Vielleicht besteht die Kunst gerade darin, die richtige Balance zu finden. Dürfte ich fragen, um welche Stoffmenge und -art es geht?

Gruß,
Flossi :D
Roberto
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Roberto »

Es ging nicht um eine konkrete Stoffmenge, es war mehr eine grundsätzlche Frage.
Wenn ich das richtig verstehe, dann ist der Gedächtnispalast eine Methode, die sich dazu eignet, Infos abzuspeichern, die schon in irgendeiner Art und Weise aufgearbeitet sind. Zum Beispiel in Form einer Mitschrift, aus der dann die wichtigsten Punkte extrahiert wurden.

Könnte mir auch vorstellen, dass spaced repetition mit irgendeiner Art von schriftlich festgehaltenen Infos einfacher ist. Die Abstände werden ja immer größer und wenn man dann das Wiederholen vergisst, können einzelne Punkte des Palastes verblassen. Da ist es dann natürlich schon ein Vorteil, wenn man weiß, wo man nachschauen muss.
Flossi
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Flossi »

Roberto hat geschrieben: Wenn ich das richtig verstehe, dann ist der Gedächtnispalast eine Methode, die sich dazu eignet, Infos abzuspeichern, die schon in irgendeiner Art und Weise aufgearbeitet sind. Zum Beispiel in Form einer Mitschrift, aus der dann die wichtigsten Punkte extrahiert wurden.
Das würde ich zumindest anraten :D
Roberto hat geschrieben:Könnte mir auch vorstellen, dass spaced repetition mit irgendeiner Art von schriftlich festgehaltenen Infos einfacher ist. Die Abstände werden ja immer größer und wenn man dann das Wiederholen vergisst, können einzelne Punkte des Palastes verblassen.
Stimmt. Wenn ein Punkt verblasst, dann ist man heilfroh, wenn er irgendwo schriftlich festgehalten ist. Fairerweise muss man aber dazusagen, die Chancen stehen gut, dass einem die Dinge irgendwann auch ohne Nachsehen wieder einfallen. Das dürfte vor allem daran liegen, dass sie zweifach in einen Kontext eingebettet sind: Einmal in den Palast, das zweite Mal in den übrigen Stoff. Doppelt hält bekanntlich besser.
Captain Basil
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Re: Was ist möglich?

Beitrag von Captain Basil »

Flossi hat geschrieben:Fairerweise muss man aber dazusagen, die Chancen stehen gut, dass einem die Dinge irgendwann auch ohne Nachsehen wieder einfallen. Das dürfte vor allem daran liegen, dass sie zweifach in einen Kontext eingebettet sind: Einmal in den Palast, das zweite Mal in den übrigen Stoff. Doppelt hält bekanntlich besser.
Dieser Punkt wird vielleicht klarer, wenn man einfach sagt, dass das Einsortieren in die Route / den Palast / whatever schon die erste Verstärkung im Gedächtnis ist und jede weitere Wiederholung beim Durchgehen eine weitere Verstärkung ist. Jede Verstärkung macht das zukünftige Erinnern wahrscheinlicher, aber keine macht es 100% sicher.
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