Dolega, Marcel (2004), Gedächtnis : Architektur. Eine Kultur

Hier findet man Rezensionen über Bücher (und teilweise andere Medien), welche die Thematik des Boards betreffen.

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Der Max
Superbrain
Beiträge: 188
Registriert: Mo 04. Sep 2006, 18:43

Dolega, Marcel (2004), Gedächtnis : Architektur. Eine Kultur

Beitrag von Der Max »

Hat das einer von euch?
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Martin
Stammgast
Beiträge: 74
Registriert: Mo 04. Apr 2005, 20:48

Beitrag von Martin »

Das Buch von Herrn Dolega habe ich, dank Deines Hinweises, lieber Max, vor kurzem gelesen und wie der Titel schon sagt, geht es um Architektur speziell im Kontext von Mnemotechnik, Erinnerung und kulturellem Gedächtnis. Die ersten 50 Seiten widmen sich im Ansatz den Ordnungsprinzipien der Mnemotechnik, insbesondere den sog. Routen (loci bzw. topoi) und, um im Sinne von Dolega zu schreiben, der „virtuellen oder imaginären Architektur“ innerhalb der individuellen, persönlichen „Vorstellungswelt“. Dabei bleibt das Ganze allerdings eine reine Kurzversion des Buches „Gedächtnis und Erinnern“ von Frances Yates, welche bekanntlich den mnemotechnischen Bogen lediglich von der Antike bis zur Renaissance spannt. Mithin also ganz und gar nichts Neues, eine 1:10 Abhandlung von Yates gewissermaßen...
Die zweite Buchhälfte (Seite 52 bis 101) konzentriert sich auf die „reelle Architektur“, die wirkliche Baukunst also und deren Verständnis als Artefaktspeicher der gesellschaftlichen respektive kulturellen Erinnerung (= Mnemotektur). Dolega geht hier insbesondere der Frage nach, wie die kulturelle Identität architektonisch konserviert, gepflegt und damit erinnerbar gemacht werden kann und welche Aspekte hierbei durch aktuelle neurobiologische Forschungsergebnisse von Grund auf neu diskutiert oder zusätzlich berücksichtigt werden müssen.
Insgesamt ein ansatzweise interdisziplinäres Werk , das man sich als explizit mnemotechnisch Interessierter jedoch ersparen kann. Dann lieber gleich das Original von Yates lesen! Wer seine mnemonische Buchsammlung unbedingt erweitern möchte, sollte sich ebenfalls überlegen, ob die rund 30 Euro in einen anderen Titel nicht doch besser angelegt sind! All jene aber, die einfach über den berühmten Tellerrand schauen wollen, mögen sich durchaus an Dolegas Ausführungen erfreuen können.

PS: Noch eine kleine Info zum genannten Autor. Marcel Dolega ist weder Architekt, Psychologe oder Neurowissenschaftler, sondern vielmehr Diplom- Designer und Bauingenieur und anscheinend forschend im Bereich Kommunikationswissenschaften tätig.
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