Das Jahr im Kopf

Hier findet man Rezensionen über Bücher (und teilweise andere Medien), welche die Thematik des Boards betreffen.

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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Caeles hat geschrieben:Den Wochentag für bestimmte Ereignisse zu bestimmen ist für mich neu,
für ein beliebiges Datum hat dies jedoch schon Tony Buzan beschrieben. (Titel: "Nichts vergessen")
Tony Buzan Kap. 18: Wie man für Daten aus dem 20. Jahrhundert die Wochentage bestimmt. - Also nur ein enger Zeitraum und keineswegs" beliebig"! Buzan folgt darin Harry Lorayne (1961).
Über beliebige (julianische und gregorianische) Jahre meines Wisens zuerst: Aimé Paris, Le Vérificateur des Dates, 1866. Danach erst wieder Das Jahr im Kopf (2003).

Der Nutzen, beliebige Wochentage sicher und schnell bestimmen zu können, leuchtet erst dann ein, wenn man sich halbwegs professionell für Geschichte interessiert.
Ich z.B. bin Historiker und studiere seit einer Reihe von Jahren Fragen der frühchristlichen Chronologie und Komputistik. Für mich sind die Wochentage tägliches Brot.

Eine aus meiner Sicht interessante Beobachtung: In der gesamten Literatur zur Chronologie bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts habe ich hinsichtlich des Wochentages niemals einen Fehler gefunden. Bei Theodor Mommsen (1888) gibt es dann aber schon einen Wochentagsfehler von Belang, und im 20. Jahrhundert fallen mir die Histiriker auf, die sich in diesem Punkt absolut sicher sind. Venance Grumel wäre solch ein Beispiel. Es ist für einen Historiker aber ausgesprochen übel, wenn er über einen Wochentagsfehler stolpert.
Für Historiker sollte die Fähigkeit, den Wochentag eines beliebigen Datums im Kopf bestimmen zu können, eine Grundfertigkeit sein.
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brainuser
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Beitrag von brainuser »

Wochentagsfehler finde ich nicht nur im größeren geschichtlichen Kontext interessant.
So findet sich hier z.B. ein interessanter Bericht zum Tod von Tom Simpson bei der Tour de France:

http://blog.zeit.de/tourdefrance/2007/07/13

Zitat:
"Aber alleine der Berg, der auch andere in die Knie zwang, ist natürlich nicht für den Mythos-Simpson und seinen Tod verantwortlich. Auch die Mystik der Zahlen spielt der Legende in die Hände. Es war Freitag, der 13. und zudem die dreizehnte Etappe der Tour, an dem Simpson an Herzversagen 1,5 Kilometer vor dem Gipfel zusammenbrach."

Tom Simpson ist im Jahr 1967 gestorben. Dem Kalenderrechner wird auffallen, dass es in diesem Jahr nur zwei Monate gibt, an dem der Freitag auf einen 13. fällt:
Januar und Oktober. Nun ist es mir neu, dass die Tour de France jemals an einem der beiden Monate stattgefunden hätte. Außerdem soll es an diesem Tag "mörderisch heiß" gewesen sein. Herr Simpson starb im Juli 1967. Es war ein 13. - nur eben kein Freitag. Die in der "Zeit" herangezogene Zahlenmystik verliert daher doch ein wenig an Dramatik...

Eine Anfrage bei der "Zeit" blieb übrigens unbeantwortet :-)
Viele Grüße

brainuser
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Noch ein Beispiel:

The Roman apprehension of the identity of the day is particularly strong because their calendar has the same pattern every year, undisturbed by the contingencies introduced by our system of the week. For us, 12 January might be a Tuesday this year and a Friday next . [...]

Denis Feeney, Caesar`s Calendar. Ancient Time and the Beginning of History, Univ. of California Press 2007, 159
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Über das Bewusstsein des jeweiligen Wochentags als wesentliches Element sozialen Da-seins gibt es ein hervorragendes Buch:

Eviatar Zerubavel, The Seven Day Circle. The History and Meaning of the Week, London 1985

Eine der ersten Maßnahmen Robinson Crusoes war es, die Woche sicherzustellen. Den ersten Menschen, der ihm dann begegnete, nannte er Freitag nach dem Wochentag, an dem er ihn fand.

Bei jedwedem menschlichen Geschehen ist es sinnvoll, den Wochentag zu wissen. Er stellt immer ein wichtiges Element dar im Bewusstsein der Akteure.
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Auf www.likanas.de > "Das Jahr im Kopf" habe ich ein 137-seitiges pdf zum download installiert mit dem Titel Zyklen und Perioden. Grundlagen der Komputistik.
Darin versuche ich den Nachweis, dass sich die historische Forschung durch die Meinung, die Zyklen müssten multiplikativ begründet und verstanden werden (also 28 = 7 x 4 für den cyclus solaris, 532 = 19 x 28 für den cyclus paschalis) hinsichtlich der frühen christlichen Kalenderkunst und hinsichtlich der grundsätlichen Einschätzung des Fortschritts in der Komputistik hat in die Irre führen lassen.
Neben der theoretischen Untersuchung (Aufbau einer vollständigen Komputistik der Zyklen und Perioden) und der historischen Untersuchung (Quelleninterpretation) enthält das Buch auch einen praktischen Teil (Aufarbeitung der Strukturen für den Kopfrechner und Mnemotechniker).
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RobinMs
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Beitrag von RobinMs »

:lol: Danke
Braingain
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Beitrag von Braingain »

kann mir jemand sagen welcher Wochentag der 30.1.619 war?
Samstag?
wenn ja, ist das Programm falsch: http://www.agrar.de/rechner/wochentagsrechner.htm

:lol:
einauge
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Beitrag von einauge »

..ich sehe den Schatten...
Braingain
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Beitrag von Braingain »

30 mod 7 = 28 Rest 2
Januar = 0
6 Jarhundert = 2
(3-(6mod4))*2 = 3-2*2 = 2
Jahreszahl 19 = 2
2+2+2 = 6 mod 7 = 6 = Samstag
keine Schaltjahrkorrektur...

wo hab ich denn den Denkfehler? :?
einauge
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Beitrag von einauge »

oops, mein Fehler, bin doch noch besser auf dem Papier :lol:



http://www.pfeff-net.de/kalend.html
..ich sehe den Schatten...
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Braingain hat geschrieben:kann mir jemand sagen welcher Wochentag der 30.1.619 war? Samstag?
Ohne zusätzliche Information müsste dieses Datum als julianisches Datum gelesen werden, denn der Gregorianische Kalender wurde erst im 16. Jahrhundert eingeführt. Der 30.1.619 war ein Dienstag.
fill
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Beitrag von fill »

hi,

joa also ich komme auf einen dienstag ....
-i/1 = -i
1/-i = i
Braingain
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Beitrag von Braingain »

da hab ich mal wieder nicht genau gelesen :roll:

danke für die Hilfe :D
Braingain
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Beitrag von Braingain »

Wie läuft so eine Wochentagsberechnung eigentlich bei einer Kopfrechen-WM ab?
Wird dann nach dem Wochentag im jeweiligen Kalender gefragt oder ist es automatisch so, dass vor dem 15.10.1582 der Julianische Kalender gilt?
Weil wenn ich das richtig verstanden habe hat beispielsweise die Türkei den Gregorianischen Kalender erst 1927 eingeführt.

Man könnte ja dann fragen: Welcher Wochentag war der 5.8.1910?
Und wenn man dann Freitag sagt ist es falsch, weil beispielsweise in der Türkei zu dem Zeitpunkt noch der Julianische Kalender gegolten hat... das wäre ja dann ein Donnerstag.
Tiffi
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Beitrag von Tiffi »

Ich habe mir vor Kurzem das Buch "Das Jahr im Kopf" gekauft und lese da zur Zeit drin herum.
Ich habe das Buch erst zu einem Drittel durch.
Was ich aber jetzt schon sagen kann:
Das Buch ist klasse und lustig geschrieben.
Man erlebt Mnemotechnik in Aktion sozusagen.

Ich schreibe das, weil ich das Buch rundherum empfehlen kann.
Weder kenne ich den Herrn Voigt oder bin in irgendeiner Weise mit ihm verbandelt.
Nur falls jemand auf den Gedanken kommen sollte, daß ich irgend einen Vorteil davon hätte.
Mich hat das Kalenderrechnen vorher nicht die Bohne interessiert und es gibt im Leben auch ganz bestimmt wichtigere Dinge, die man beherrschen sollte.
Warum habe ich mir das Buch dennoch gekauft:
Eigentlich nur, weil ich neugierig war.
Ich habe geahnt, daß dort noch viel mehr Dinge zur Sprache kommen, die mit Mnemotechnik zu tun haben.
Dem ist tatsächlich so.
Ich möchte hier nichts aus dem Inhalt preisgeben. Wen ich neugierig gemacht habe, der sollte es sich kaufen.
Dürfen wir mit einem 3. Buch aus dieser Reihe rechnen ? :wink:

MfG

Tiffi
Manta
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Re: Das Jahr im Kopf

Beitrag von Manta »

Ich habe ein paar Fragen zu dem Buch, aber erstmal ein großes Lob an den Autor für seine effektiven und einfachen Methoden, in denen die Mnemotechnik sehr gut zum Einsatz kommt. Schon am ersten Tag des Lesens dieses Buches konnte ich die Wochentage berechnen, am zweiten Tag sie mir mnemotechnisch erschließen. Derzeit beschäftige ich mich mit dem Kapitel über die Osterberechnung und konnte auch nachvollziehen, wie diese vonstatten geht, allerdings hapert's noch bei der Berechnung der Mondzustände. Es ist mir zwar möglich, die Lunazahl V herauszufinden und das damit verbundene Datum, das mich zum Frühlingsvollmond führt, allerdings weiß ich nicht, was ich mit der Zahl anfangen soll, wenn ich herausfinden möchte, wann im Dezember Voll- und Neumond gewesen ist oder ob am 24. September des Jahres zunehmender oder abnehmender Mond war und welche Form der Mond an diesem Tag hatte. Ich habe die Antwort zu diesen Fragen im Buch leider nicht gefunden bzw. nicht ganz verstanden.

Edit: Ich habe nochmal mir die Titel der nächsten Kapitel angeguckt und es scheint, dass diese Thematik doch erst in diesen Kapiteln erklärt wird. Das Kapitel, mit dem ich mich beschäftigt hatte handelte wohl nur von der Bestimmung des Ostertermins und der Lunazahl V. Bin gespannt, was auf mich im Kapitel über die Mondphasen zukommt :).
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Ulrich Voigt
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Re: Das Jahr im Kopf

Beitrag von Ulrich Voigt »

SELBSTKRITIK

Die Behandlung der Kalender in Das Jahr im Kopf ist grundsätzlich punktuell.
Zum Wochentag wird die Frage beantwortet: Welchen Wochentag hat dieses Datum?
Zum Osterfest wird die Frage beantwortet: Welches Osterdatum hat dieses Jahr?
Zum jüdischen Kalender wird die Frage beantwortet: Mit welchem julian. oder gregor. September- oder Oktoberdatum beginnt dieses jüdische Jahr?

Das betrachte ich doch als ernste Kritik an meiner Arbeit, und es tröstet mich wenig, dass andere Bücher darin auch nicht anders vorgehen.

Zur Wochentagsbestimmung ist die Sache allerdings im julian. Kalender und innerhalb der Jahrhunderte (die von 00 bis 99 laufen) auch für den gregor. Kalender einfach und lautet "six-five-six-eleven", ein System das nur noch mit dem Schaltjahrsrhythmus verbunden werden muss. Es gibt hier nichts Neues zu entdecken, wohl aber Altes optimal in Mnemotechnik umzusetzen.

Die generelle Frage hinsichtlich des Osterdatums lautet: Gegeben sei das Osterdatum eines Jahres. Für welche Jahre gilt dann dasselbe Osterdatum?
Für den julian. Kalender lässt sich das analog zum "six-five-six-eleven" vollständig beantworten. Eine verbesserte Mnemotechnik müsste dazu befähigen, zu einem einmal gegebenen julian. Osterdatum den Gesamtüberblick für beliebige Zeiträume im Kopf herzustellen. Dieselbe Frage für den gregorian. Kalender lässt sich dann beantworten, wenn man den Zeitraum eingrenzt, etwas von 1583 bis 2099.

Für meinen eigenen Gebrauch baue ich mir das gerade auf. Dabei ändere ich im Vergleich zu Das Jahr im Kopf den Ansatz auch noch in anderer Hinsicht: Statt so weit wie möglich Kopfrechnen einzusetzen, versuche ich, es zu minimieren, d.h. möglichst ganz rauszuhalten. Ob es möglich wäre, die gregorian. Osterdaten über die besagten fünf Jahrhunderte einfach so zu wissen und die Wiederholungen der julian. Osterdaten über beliebige Zeiträume (die einzige Rechnung, die dann übrigbliebe, wäre die Restbestimmung zur 532).
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