Horst Kasper, Mnemotechniken im Unterricht

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Ulrich Voigt
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Horst Kasper, Mnemotechniken im Unterricht

Beitrag von Ulrich Voigt »

Horst Kasper, Mnemotechniken im Unterricht. Mit cleveren Lernstrategien zum Lernerfolg, Buxtehude 2011

Es handelt sich hier einmal nicht um einen Gedächtnistrainer, der Mnemotechnik an die Schulen heranträgt, sondern um einen Schulmann, der sie hereinholt. Kasper hat seine mnemotechnischen Kenntnisse und Fertigkeiten bei Gregor Staub gelernt, den er als Verkörperung der Mnemotechnik sieht, über den hinaus er also auch kaum einen Blick tut. Dementsprechend sind seine Methoden also Methoden aus der Schule Staub und man kann hier vielleicht ganz gut kennen lernen, was das heißt.
Es heißt zunächst, dass man lernt, mit 10-Garderoben umzugehen, die dann zu einer 100-Garderobe vervollständigt werden, die man sich so einpaukt wie das kleine Einmaleins oder das Alphabet. Dabei geht es um Lehrer und Schüler gleichermaßen, die – ein sehr alter und sehr moderner Gedanke, der mir aus der Seele gesprochen ist – gemeinsam lernen sollen. Lehrer und Schüler finden in der Schule ja mannigfaltige Betätigungsfelder, und vielleicht die Lehrer sogar noch deutlicher als ihre Schüler: Klassenlisten, Stundenpläne, Lehrpläne, Hausaufgaben. Für die Schüler vor allem auch elementares Faktenwissen: Stadt-Land-Fluss, die 16 Bundesländer nach Einwohnerzahl geordnet, die zehn Bundespräsidenten, die deutschen Literaturnobelpreisträger, das ICAO-Alphabet, ein paar Dutzend Nachkommastellen der Zahl Pi und was es nicht alles an nützlichen oder unnützlichen Dingen gibt.
Der Autor stützt sich auf moderne Gehirnforschung, nach der jedes Lernen mit einem Wachstum im Gehirn einhergeht, das Lernen hat also seinen Zweck in sich, wunderbar, auf dem Weg zur Schule sich schnell ein paar Autonummern zu merken.
Hier gibt es also eine 180° Wandlung: Die Devise heißt nicht mehr „Sei ökonomisch und lerne nur das Notwendige, denn sonst belastest Du nur Dein Hirn“, sie heißt: „Lerne, was das Zeug hält, denn jedes Lernen macht Dein Gehirn größer und stärker.“ So recht eine Wendung zum Nachdenklichwerden!
"Die Schule Gregor Staub" heißt auch, dass das major system als überholt abgetan wird; aber auf solche Einzelheiten wollte ich hier nicht weiter eingehen. Statt mich nämlich über Details aufzuregen, erfreue ich mich lieber an der Tatsache, dass es - entgegen meinen Erwartungen - halt doch vielversprechende Ansätze gibt, Mnemotechnik in die Schulen hereinzuholen.
CAIROS

Beitrag von CAIROS »

Ich kann gerade den Texten zwischen den Zeilen gut zustimmen.

Aber da Gregor Staub ja in diesem Forum mittlerweile von höchster Stelle gelobt wird, blasen die Windmühlen, gegen die man als ernsthafter Mnemotechniker anrennen muss, noch etwas stärker.
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Andi
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Beitrag von Andi »

CAIROS hat geschrieben: Aber da Gregor Staub ja in diesem Forum mittlerweile von höchster Stelle gelobt wird, blasen die Windmühlen, gegen die man als ernsthafter Mnemotechniker anrennen muss, noch etwas stärker.
Jens, du kennst meine Meinung zu Staub, Hofmann und Co. Ich denke nicht, dass Staub hier in diesem Forum übermäßig gelobt wird, was ja auch nicht sein sollte. Seine Werke sind für den Einstieg gut und spannend, weiter aber auch nicht. Ich sage es gerne immer wieder – die Beiden verstehen Marketing auf diesem Gebiet brillant, können sogar von Gedächtnisvorträgen ihre Brötchen verdienen, aber ernsthaftes Betreiben von Mnemonik (wie etwa durch Gedächtnissportler oder Gedächtniskünstler) ist das nicht.
Ich denke wir brauchen mehr solcher Menschen wie Herrn Voigt, nur dadurch kann ein tieferes Verständnis von Mnemotechniken erfolgen. Ich finde seine beiden Werke „Esels Welt“ und „Das Jahr im Kopf“ gehören zu der unbedingten Primärliteratur - für jeden der sich wirklich ernsthaft mit der Gedächtniskunst beschäftigt EIN MUSS. Ich behaupte jetzt einfach mal frei weg: Hofmann, Staub & Co. haben solche Bücher noch nie gelesen, sonst hätten sie ein ganz anderes Verständnis der Techniken. Ich hab mit beiden schon persönlich gesprochen und ein Expertenwissen war da nicht zu erkennen.
Ulrich Voigt hat geschrieben: halt doch vielversprechende Ansätze gibt, Mnemotechnik in die Schulen hereinzuholen.
Staub hat sich aber nicht speziell auf die schulischen Ansätze spezialisiert. Staub hält gerne Vorträge in Schulen, warum? Um der lieben Kinder willen, nein damit er danach an die Eltern sein mega memory- Gedächtnistraining-Set verkaufen kann. Staub hält in Schulen, Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen ein und dieselben Vorträge: US-Präsidenten auf Körperliste, Nennen sie 20 Begriffe die „ich“ jetzt gleich lerne, ein paar Gesichter, 10 Begriffe mit aktueller Raum-Loci …. Das nennt sich dann Impulsvortrag – was hat das mit Gedächtniskunst zu tun? Wie sieht es mit den Zuhörern aus: Geschätzte 30-40 % kaufen sich das mega memory- Gedächtnistraining-Set – lernen max. eine Woche damit, werfen es in die Ecke und vergessen die Techniken. Der Rest findet die Techniken anfangs toll, nach ca. 1 Monat – keine praktische Anwendung. Wenn überhaupt wenden 5-10 % die Techniken über einen längeren Zeitraum an.
Zuletzt geändert von Andi am Mi 02. Nov 2011, 11:30, insgesamt 2-mal geändert.
„Die Leistungsfähigkeit des Hirns nimmt zu, je mehr man es in Anspruch nimmt.“
Alfred Herrhausen (1930-1989), dt. Bankier
CAIROS

Beitrag von CAIROS »

Wie wahr, Andi, wie wahr.
Hansolka
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Beitrag von Hansolka »

Genauso habe ich es an der Schule meiner Tochter erlebt.
St. ist ein brillianter Verkäufer. Kritische Fragen werden gnadenlos abgebügelt.
Er verkauft jetzt auch ein Set CDs zum "vedischen Rechnen".


...nein, ich habe nichts gekauft.
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DivineTraube
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Beitrag von DivineTraube »

Na na, das klingt ja immer so als wäre Gregor Staub der Teufel. Ich z.B. habe durch sein MegaMemory überhaupt erst von der Existenz der Mnemotechniken erfahren. Sicher, er leistet nicht unbedingt wissenschaftliche Aufklärungsarbeit, ist aber zweifelsohne ein großer Motivator - und vor allen Dingen bekannt. Und auch wenn es natürlich Käse ist zu behaupten das Master System sei der Loci-Zahlen-Kombo-Technik unterlegen - funktionieren tut sie. Ich habe mir damals auf diese Weise das Periodensystem mit Ordnungszahlen eingeprägt.
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Beitrag von Hansolka »

DivineTraube hat geschrieben:Na na, das klingt ja immer so als wäre Gregor Staub der Teufel. ...
Inwiefern?
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Horkas
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Mnemotechniken im Unterricht

Beitrag von Horkas »

Andi70012 hat geschrieben: Staub hält gerne Vorträge in Schulen, warum? Um der lieben Kinder willen, nein damit er danach an die Eltern sein mega memory- Gedächtnistraining-Set verkaufen kann.
Staub nimmt für seine Auftritte in den Schulen kein Honorar. Er arbeitet morgens mit den Schülern, am Nachmittag mit den Lehrern und am Abend referiert er für Eltern und interessierte Öffentlichkeit. Das ist verdienstvoll und ehrenwert.

Da er aber wie alle Besucher dieses Forums, auch die Schnäppchenjäger, die sich rühmen, nichts gekauft zu haben, von irgendwas leben muss, soll man ihn doch seine CDs verkaufen lassen. Man hat ja auch was davon. Ich jedenfalls habe damit sein ganzes System adaptiert und finde es gerade für die Schüler fantastisch.
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