Der Sinn des Gedächtnissports

Mnemotechnik als Mentalsport. Hier dreht sich alles um Meisterschaften, mentale Höchstleistungen, neue sowie alte Rekorde im Bereich des Gedächtnissports.

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daywalker
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Der Sinn des Gedächtnissports

Beitrag von daywalker »

Ich habe Prof. Dr. Markowitsch, ein Psychologe, der unter anderem bei der Gripsshow aufgetreten ist, eine E-Mail geschrieben. Seine Antwort fand ich ganz interessant, deswegen poste ich hier einen Auszug. Meine Frage war, inwiefern Gedächtnissport sinnvoll ist.

Seine Antwort war folgende:
Wie Weit sich das Gedächtnis verbessert, hängt von der Motivation ab. Ob
man diese "Denksportaufgabe" als Antrieb nimmt, sich überhaupt mit
seinen Gedächtnisleistungen zu befassen und evtl. danach strebt, diese
zu optimieren, oder ob man nur damit "glänzen" will, mehr Zahlen abrufen zu können als andere. Nachteile sehe ich grundsätzlich keine, es sei denn, man übt sehr verbissen und vernachlässigt deswegen
Alltagsfähigkeiten. Vorteile liegen sicher in Aufmerksamkeits- und
Kontrationsvermögen und möglicherweise in der Generalisierung
hinsichtlich Verbesserung anderer Gedächtnisleistungen.
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Julius Jellinek
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Beitrag von Julius Jellinek »

Dieser Meinung bin ich auch. Außerdem, denke ich, dass die "theoretische Anwendung" beim Sport, im Gegensatz zum praktischen Nutzen, z.B. für die Schule den Automatisationsprozess beim memorieren wesentlich besser fördert! Bei praktischen Anwenden ist meißt auch mehr Skepsis vorhanden, da es um einen Sachverhalt geht, den man sich einprägen muss. Beim Sport versuche ich mir auf Zeit möglichst viel einzuprägen und bin nicht sehr traurig, wenn ich mir 2 der 10 FIKTIVEN historischen Daten nicht eingeprägt habe, da ich sie ja nie wieder brauche.
Für mich ist der Sport Motivation Hoch10!!!
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isegrim
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Beitrag von isegrim »

@Julius Jellinek
Ich hätte mal eine Frage, wenn's nicht zu persönlich ist :D :

In Deinem Profil steht unter Beruf unter anderem Schauspieler. Da würde mich interessieren, ob für Dich die Mnemotechnik auch für das Lernen von Rollen nützlich ist.

In Mnemotechnikbüchern wird diese Anwendung meistens nur am Rande erwähnt (etwa bei Jonathan Hancock).

Ich finde es im Theater immer wieder faszinierend, wie die Schauspieler ellenlange Rollen mehr oder weniger fehlerfrei beherrschen.

isgrim
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Julius Jellinek
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Beitrag von Julius Jellinek »

@ isegrim:
Ist überhaupt nicht zu persönlich! Da ich mich noch nicht solange mit Mnemotechniken beschäftige, aber schon wesentlich länger Schauspieler bin, nutze ich diese Techniken nicht zum lernen der Texte. Außerdem merke ich mir den Text niemals Wort für Wort, da ich nicht Theater spiele. In "normalen" Filmen legen die Regisseure und Filmfirmen nicht soviel Wert auf die wortwörtliche Wiedergabe (es sei denn, es ist Ausschlaggebend für die Handlung), sondern mehr auf Inhalt und die Art, wie man es dann halt "schauspielert". Ich übe die Texte, indem ich sie mit übertriebenen Gestiken und Mimiken spiele. Außerdem gibt es oft noch direkt am Drehort Änderungen, die dann schnell umgesetzt werden müssen.
MfG
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Flauwy
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Beitrag von Flauwy »

Ich denke, der Gedächtnissport hat vor allem den Sinn eines jeden Sports: Wettbewerb. Durch das Messen mit anderen motiviert man sich selbst mehr zu üben. Das führt dazu das sich die Leistungen der Gedächtnissportler immer weiter verbessern. Diese hervorragenden Leistungen führen zwangsläufig dazu, das ein immer größer werdendes Interesse für diese Techniken entsteht. Mehr Menschen setzen sich damit auseinader. Mehr Menschen nutzen ihren Verstand zum verbesserten memorieren. Diese Menschen erzählen anderen Menschen davon und so weiter.

Fazit: Der Gedächtnissport fördert allein durch seine Existenz die Verbreitung von Mnemotechniken in der Welt. 8)
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Ulrich Voigt
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alles fake?

Beitrag von Ulrich Voigt »

Gedächtnissport:
Da geht es um den Genuß der mentalen Anstrengung und den Prickel des Wettkampfs, für wenige auch um den Triumpf des Rekords. Die Protagonisten sind unter sich. En famille. Sie nehmen sich und ihre Kontrahenten ernst, trainieren, halten Seminare, verbessern ihr Gedächtnis. So weit, so gut.

Aber wie ist es nach Außen? Da haben sie ein Problem, und das liegt am fake.

Gedächtnissport:
Man stelle sich einen Wettbewerb im Schnellmerken mathematischer Formeln vor, zum Beispiel dieser: log (a+b) = log(a) + log(b). Die hab ich mir gerade ausgedacht. Sieht nett aus. Oder dieser: 3 + 3 = 33. Mathematischer nonsense? Fake-Formeln, die ich nun geschwind auswendig lernen will! Und kann! Sagen wir mal: 80 solcher Formeln in 10 Minuten? Meisterlich! Hoffentlich aber vergesse ich sie auch wieder! Es wäre ja fatal, wenn ich mir Falsches aus Versehen doch dauerhaft einprägen tät. Kann ich das aber steuern?
Egal! Mathematik interessiert mich eh nicht. Weder würde mir meine fake-Mathematik-Mnemonik bei der realen Mathematik helfen, noch hätte ich daran Interesse. Nein, umgekehrt wird ein Schuh draus: Gerade weil ich mich für Mathematik nicht interessiere, fange ich an, mathematische Formeln zu memorieren.

So, und nun schreibe ich aus dieser Position heraus an die Allgemeinbildenden Schulen einen Rundbrief und sage: "Hört mir zu, ich habe etwas Nützliches für Euch! Ich bringe Euch den fake." Was mich dort erwartet? Ein Homerisches Gelächter (hoffentlich).

Der Gedächtnissport hat eine klare Tendenz zum reinen fake. Er hat sogar die Tendenz, sich im reinen fake zu erschöpfen.

Die Mnemotechnik aber nicht. Wir (wahren) Mnemotechniker blicken immer auf das Reale. Unsere Phantasien erschöpfen sich nie im Phantastischen, sondern helfen, das Reale zu beherrschen. Die Grundlage unserer Beschäftigung mit einem Sachthema ist sachliches Interesse, nicht sachliches Desinteresse.

U.V.
gandalfthewhite
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Beitrag von gandalfthewhite »

Ich kann mich Ulrich Voigt nur anschließen, denn meiner Einschätzung nach kann es doch nicht sinnvoll sein sich etwa künstliche historische Ereignisse zu merken. Hierdurch wird sehr wahrscheinlich nur eine historische Verwirrung hervorgerufen. Sinnvoller fände ich es eine Disziplin wie "Historisches Wissen" einzuführen, bei dem tatsächliche historische Daten memoriert werden müssen. Allerdings hat hier natürlich einen Vorteil wer sich mit Geschichte beschäftigt und schon viele Daten / Zusammenhänge kennt...
Schlussendlich erscheint mir der Sinn von Gedächtnissport doch wesentlich im konkurrierenden Wettkampf und der damit verbundenen Show zu liegen. Solch eine "Show-Mnemonik" ist natürlich legitim, hat aber zweifelsfrei keinen so hohen Stellenwert verdient wie "echte" Mnemonik.
"Show-Mnemonik" ist in etwa zu vergleichen mit politischen Reden im Bundestag, wogegen "echte" Mnemonik sich eher im Hintergrund abspielt - genauso wie die echten Politikentwickler...

Nur meine Sicht der Dinge...

Mit freundlichem Gruß,

Gandalf
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isegrim
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Beitrag von isegrim »

Ich muss Ulrich Voigt und gandalfthewhite widersprechen!

Gedächtnissport hat genau dieselbe Legitimität wie etwa Langstreckenlauf oder, was meine Lieblingsanalogie für den Gedächtnissport ist, Gewichtheben bzw. Krafttraining: Es geht darum festzustellen, wieviel der Mensch auf einem bestimmten Gebiet bei intensivem Training und Wissen über geeignete Techniken erreichen kann. Wir müssen einfach herausfinden, wo die Grenzen sind. Warum muss der Mensch den Mount Everest besteigen: Weil er da ist!

Der Grund, warum des zu memorierende Material bei WettkämpfenPhantasieformeln und historische Phantasiedaten sind, ist doch dieser: Der Anlass für den Wettkamp ist ausschließlich die Messung der Leistungsfähigkeit eines trainierten, künstlichen Gedächtnisses. Da müssen dieselben Voraussetzungen für alle gelten. Bei echten Geschichtsdaten habe ich eben das Problem, dass der historisch Gebildete viele Daten kennt, sich diese also nicht mit Hilfe mnemotechnischer Hilfsmittel einprägen muss. Für die Disziplin Einprägen von Gesichtern und dazugehörigen Namen würde man ja auch nicht die Bilder von Verwandten eines Teilnehmers verwenden.

Außerdem: Der trainierte Gedächtnissportler wird auch die -wenn ich den Begriff mal verwenden will, obwohl ich ihn ablehne- "wahre" Mnemotechnik effizienter und virituoser einsetzen können, einfach weil er geübter ist, genauso wie ein trainierter Gewichtheber auch ein besser Kampfsportler ist und überhaupt das bessere Bewegungsgefühl hat.

Gedächtnissport ist auch ein hervorragendes Mittel, um die Möglichkeiten der Mnemotechnik einem größeren Publikum nahe zu bringen.

Ich kann auch nicht verstehen, inwieweit der Gedächtnissport eine Tendenz zum "fake", also einer Fälschung haben soll!?

Mich wundert übrigens nicht, dass Lehrer oft ein zwiespältiges Verhältnis zur Mnemotechnik haben: Welcher Vertreter einer akademischen Disziplin gibt schon gerne zu, dass man alleine mit einer guten Gedächtnisleistung (die sich, wie die Teilnehmer hier im Forum wissen, mit der Mnemotechnik dramatisch steigern lässt) ohne eigentliches Verständnis des Stoffes sehr weit kommen kann?

Allerdings lässt man sich hierbei schon wieder auf einen künstlichen Gegensatz zwischen "echtem Verständnis" und "sturem Pauken" ein: Ich kann mich um Verständnis der Zusammenhänge bemühen, mir aber auch gleichzeitig ein umfassendes Detailwissen einprägen. Das schließt sich doch nicht aus!

Letztlich ist die Mnemotechnik eine Kulturtechnik, wie Lesen und Schreiben, die hoffentlich wieder eine Blüte erleben wird.

isegrim
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Njord
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Beitrag von Njord »

Ich stimme Isegrim zu. Der Gedächtnissport ist doch im Gegenteil eine wundervolle Erweiterung bzw. Ergänzung des Langzeitmemorierens da gleichfalls die Phantasie sowie Kreativität durch das ausdenken phantastischer Geschichten gefördert wird die auch fürs Langzeitmemorieren notwendig sind. Ausserdem ist es ungerechtfertigt das der Gedächtnissport als fake oder gar unterentwickelt dargestellt wird denn die Techniken die beim Gedächtnissport verwendet werden sind im wesentlichen dieselben wie beim Langzeitmemorieren. Ich persönlich trainiere für Wettkämpfe aber auch für Allgemeinbildung und Schule mein Gedächtnis und komme ohne Probleme damit zurecht(auch Verwechslungen irgendeiner art sind bei mir noch nicht aufgetaucht) Zu den historischen Daten möchte ich ein für allemal klarstellen das der Vorwurf
kann es doch nicht sinnvoll sein sich etwa künstliche historische Ereignisse zu merken. Hierdurch wird sehr wahrscheinlich nur eine historische Verwirrung hervorgerufen.
der historischen Verwirrung absurd ist da beim kurzeitigen memorieren die Daten aufgrund mangelnder Wiederholung, die beim Langzeitmemorieren in bestimmten Abständen nötig ist, noch einigen Tagen aus dem Gedächtnis verscgwunden sind. Ausserdem kann man ja z.B. Boris und meine Methode für Daten zum Wettkampf und Bens für Langzeitmemorieren benutzen(oder umgekehrt :) ) . Wie Isegrim schon geschrieben hat bin auch ich der Meinung das Gedächtnissport genauso legitim ist wie alle anderen Sportarten die letztendlich auch nur für den Wettkampf trainiert werden. Wozu muss ein Sprinter im normalen Leben schnell laufen können oder ein Stabspringer 7 Meter springen? Es geht nur um den Spass am Sport und den Wettkampf was auch völlig in Ordnung ist. Zuletzt möchte ich noch anmerken das der von Herrn Voigt gewählte Begriff der "wahren Mnemotechniker" wohl eher auf die Leute zutrifft die sowohl den Gedächtnissport als auch das Langzeitmemorieren in Symbiose trainieren.(und nicht auf solche die kategorisch den Gedächtnissport ablehnen und verteufeln und nur die eine Seite der Medaille nutzen) Das musste mal gesagt werden,


MfG Njord


PS: Es ist nicht meine Absicht irgendjemanden mit diesem Beitrag vor dem Kopf zu stoßen doch denke ich das man das Thema Gedächtnissport:ja - nein nicht nur einseitg sondern aus mehreren Perspektiven beleuchten muss.
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Boris
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Beitrag von Boris »

gandalfthewhite hat geschrieben:Ich kann mich Ulrich Voigt nur anschließen, denn meiner Einschätzung nach kann es doch nicht sinnvoll sein sich etwa künstliche historische Ereignisse zu merken. Hierdurch wird sehr wahrscheinlich nur eine historische Verwirrung hervorgerufen.
Nein, das sehe ich nicht so! Es ist doch jedem bekannt, dass dies ausgedachte Ereignisse sind und im Gegensatz zu dem Mathe-Formelbeispiel sind es auch nicht reale Ergebnisse mit falschen Jahreszahlen sondern schlicht fiktive Ergebnisse.
Sinnvoller fände ich es eine Disziplin wie "Historisches Wissen" einzuführen, bei dem tatsächliche historische Daten memoriert werden müssen. Allerdings hat hier natürlich einen Vorteil wer sich mit Geschichte beschäftigt und schon viele Daten / Zusammenhänge kennt...
Genau. Und dieser Vorteil würde dem Prinzip des Gedächtnissportes völlig widersprechen. Es soll die reine Gedächtnisleistung verglichen werden.
Und für die Zahl-Wort-Kombination nimmt man halt fiktive Daten. Man hätte das ganze auch Zahlenwörter nennen können um dann jeweils hinter der Jahreszahl ein beliebiges Wort zu platzieren.
Schlussendlich erscheint mir der Sinn von Gedächtnissport doch wesentlich im konkurrierenden Wettkampf und der damit verbundenen Show zu liegen.
Ja, das ist korrekt. Aber das bestreitet doch auch niemand?
Das ist ja auch in jeder beliebigen Sportart so.
Sei es Formel 1, wo das Prinzip Autofahren sportlich umgesetzt ist, oder ein Marathon. Oder halt Gedächtnissport.
Solch eine "Show-Mnemonik" ist natürlich legitim, hat aber zweifelsfrei keinen so hohen Stellenwert verdient wie "echte" Mnemonik.
Wieso das denn nicht? Abgesehen davon, ist es ja nicht vergleichbar.
Um nochmal das Beispiel Formel 1 zu nehmen:
Dort versuchen auch Techniker und Fahrer das bestmöglich herauszuholen was die Disziplin Autofahren bietet. Um auch dort einen Vergleich zu haben, nimmt man unwirkliche Situation, die mit dem normalem Autofahren nichts zu tun haben: Nämlich das dauernde im Kreis fahren um die selbe 2km lange Strecke.

Und wenn sich nun jemand der nicht sportlich daran geht mit dem Autofahren beschäftigt und es erlernen will, dann setzt er sich ja auch nicht in einen Formel 1 Renner. Wenn er aber davon Unterhalten werden will, sieht er lieber diesen Showwettkampf, als sich auf eine Autobahnbrücke zu setzen und den Verkehr anzugucken.
"Show-Mnemonik" ist in etwa zu vergleichen mit politischen Reden im Bundestag, wogegen "echte" Mnemonik sich eher im Hintergrund abspielt - genauso wie die echten Politikentwickler...
Den Vergleich kann ich gar nicht nachvollziehen, tut mir leid.
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JanvK
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Beitrag von JanvK »

Was hat Formel 1 mit Sport zu tun ?
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Njord
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Beitrag von Njord »

@JvK Dieselbe Frage stelle ich mir schon seit Jahren und komme immer wieder zum selben Ergebnis NICHTS NICHTS UND WIEDER NICHTS :D !! (Trotzdem ein gutes Beispiel von Boris).
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Boris hat geschrieben:Nein, das sehe ich nicht so! Es ist doch jedem bekannt, dass dies ausgedachte Ereignisse sind und im Gegensatz zu dem Mathe-Formelbeispiel sind es auch nicht reale Ergebnisse mit falschen Jahreszahlen sondern schlicht fiktive Ergebnisse.
Ich kann den Unterschied nicht erkennen. Ein Phantasieereignis ist ein Ereignis, dessen Realitätsbezug uns nicht interessiert. Wir haben es uns ausgedacht und nur wenn wir mal "Pech" haben, stimmt es mit einer Realität überein. Eine Phantasieformel entsteht genau so und ihr Realitätsbezug ist eben auch genau so zufällig und irrelevant.
Irrelevant ist der Realitätsbezug dieser Dinge aber nur in unserer Phantasie. Tatsächlich verhält es sich so, daß jedes noch so phantastische Ereignis eine Behauptung impliziert, "1281 Erfindung von Holz-Skiern" impliziert die Behauptung, daß in jenem Jahr tatsächlich zum ersten Mal jemand solche Skier erdacht und gebaut hat. 13 + 29 = 44 impliziert die Behauptung, daß man nach 13 und dann nochmal 29 Klimmzügen bereits 44 Klimmzüge hinter sich gebracht hätte. Es nutzt uns nichts, daß wir es besser wissen. Die Behauptung ist sozusagen objektiv da. Jedes Ereignis stellt wie auch jede Formel eben als solche eine Behauptung dar.
Ich habe aber das Mathematik-Beispiel gewählt, weil ich denke, daß es (im Unterschied zu den ausgedachten Ereignissen) stört. Der Unterschied hat aber keinen zwingenden Grund, sondern liegt nur darin, daß man es gewohnt ist, Mathematik grundsätzlich zu respektieren, Geschichte aber nicht.
Daß ich nun wieder Historiker bin, habe ich bereits erwähnt. Ich fühle mich hier schlicht auf den Fuß getreten. Als Mathemathiker würde ich auch gegen einen Wettbewerb im Memorieren von Phantasie-Formeln protestieren.

U.V.
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Njord
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Beitrag von Njord »

@U.V.
Tatsächlich verhält es sich so, daß jedes noch so phantastische Ereignis eine Behauptung impliziert, "1281 Erfindung von Holz-Skiern" impliziert die Behauptung, daß in jenem Jahr tatsächlich zum ersten Mal jemand solche Skier erdacht und gebaut hat.
also ich muss schon sagen das ihre Argumente schon sehr weit hergeholt sind und an Haarspalterei grenzen. Wie schon erwähnt werden die fiktiven Ereignisse doch nicht im Langzeitgedächtnis abgespeichert und folglich verfällt auch jede Behauptung wie in Ihrem Beispiel das 1281 die ersten Skier erfunden wurden (denn das Ereignis ist ja auch schon nach wenigen Tagen vergessen). Und wie ich schon geschrieben habe kann man mit zwei unterschiedlichen Methoden irgendwelche Verwirrungen (die bei mir zumindest noch nicht aufgetreten sind) bei historischen Daten vermeiden,


MfG Njord
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Ulrich Voigt
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Gedächtnissport - Mnemotechnik

Beitrag von Ulrich Voigt »

Der Unterschied zwischen Gedächtnissport und Mnemotechnik ist fundamental und liegt im Realitätsbezug. Dieser ist bei der Mnemotechnik wesentlich. Mnemotechnik ist eine Technik, sich einer Realität zu versichern. Er ist beim Gedächtnissport irrelevant. Gedächtnissport versucht, Gedächtnisleistung zu steigern.

Der Unterschied hat eigentlich nichts zu tun mit der Unterscheidung zwischen Langzeit- und Kurzzeitspeicherung, denn es gibt short-term Mnemotechnik. Z.B. beim Kartenspieler: Wenn er sich beim wirklichen Spiel, meinetwegen Skat, merkt, welche Karten jeweils draußen sind, so hat er doch in keiner Weise vor, über das jeweilige Spiel hinaus zu speichern. Oder der Polizist, der sich die Nummern von 10 oder 20 vorbeifahrenden Autos merken kann. Er wird sich die wichtigen Nummern bei Bedarf dann aufschreiben, keineswegs aber möchte er sie tagelang im Kopf behalten. Und es gibt long-term Gedächtnissport, z.B. im Bereich der pi-Memorierung.

Allerdings lassen sich Gedächtnissport und Mnemotechnik verbinden: Der Sportfischer, der am wirklichen Fluß wirkliche Fische angelt! Das ist aber eher die Ausnahme. Und gerade dieses Beispiel zeigt doch nur wieder den fundamentalen Unterschied. Die Tendenz geht in zwei verschiedene Himmelsrichtungen.

Nehmen wir mal das Klavier.
Manche benutzen es, um Musik zu machen. Pianisten, Musiker. Sie interessieren sich für Musik und benutzen ihre Technik als Mittel.
Andere benutzen das Klavier für einen sportlichen Wettkampf im Schnellspiel. Sie interessieren sich nicht für Musik, sondern für die Geschwindigkeit ihrer Finger. Für sie ist die Technik Selbstzweck. Aber das ist natürlich nicht dieselbe Technik wie die der Pianisten, beileibe nicht. Allerdings bewegen sie auch ihre Finger. Und sogar schnell. Und präzis. Ich möchte das respektieren und finde das sogar spannend. Es wird aber seltsam, wenn diese Klaviersportler denken, sie machten Musik.

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Beitrag von flicktv »

Daß ich nun wieder Historiker bin, habe ich bereits erwähnt. Ich fühle mich hier schlicht auf den Fuß getreten. Als Mathemathiker würde ich auch gegen einen Wettbewerb im Memorieren von Phantasie-Formeln protestieren.
übrigens: habt ihr schon von den massiven Protesten der deutschen
Kellner-Vereinigung nach der letzten Wetten-Dass-Sendung gehört,
nachdem Boris darin fiktive Bestellungen von fiktiven Gästen an-
genommen hatte?
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Njord
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Beitrag von Njord »

@ U.V.
Mnemotechnik ist eine Technik, sich einer Realität zu versichern. Er ist beim Gedächtnissport irrelevant. Gedächtnissport versucht, Gedächtnisleistung zu steigern.
Ich möchte mal wissen welche Techniken Sie denn als "Menmotechniken" bezeichnen vieleicht können Sie hier mal im Forum Ihre präzise Definition von Mnemotechnik und Gedächtnissport schreiben denn ich habe das Gefühl das wir andauernd aneinander vorbeireden. Desweiteren ist auch bei der Mnemotechnik eine Steigerung der Gedächtnisleistung quasi unvermeidbar denn dem Langzeitgedächtnis werden ja schonend eine Masse von Infos zugeführt was bedeuted das auch die Leistung des Gedächtnisses steigt.
Wenn er sich beim wirklichen Spiel, meinetwegen Skat, merkt, welche Karten jeweils draußen sind, so hat er doch in keiner Weise vor, über das jeweilige Spiel hinaus zu speichern.
Dasselbe hat doch der Gedächtnissportler auch nicht vor wenn er sich 52 Karten merkt (zumal nach einigen Tagen die Reihenfolge der Karten sowieso aus dem Gedächtnis verschwunden ist). Ausserdem ist ihr Beispiel mit dem Skatspieler sehr Konfus da derselbige doch Techniken aus dem Gedächtnissport nutzt nicht aus der Mnemotechnik ,auch wenn ich der Meinung bin das Mnemotechnik und Gedächtnisleistung/sport untrennbar miteinander verbunden sind.
Für sie ist die Technik Selbstzweck.
Natürlich ist die Technik immer (egal was sie für ein Beispiel sie nehmen Musik Sport Kunst) mit einem Selbstzweck verbunden sei es um wie in Ihrem Beispiel schneller spielen zu können oder Musik zu machen. Genau so ist es mit Gedächtnissport und Mnemotechnik die jeweiligen Techniken dienen (zum Selbstzweck) dazu sich reale ereignisse sowie fiktive Fakten sich einzuprägen. Und ich möchte nochmals klarstellen das Mnemotechnik und Gedächtnissport zwei Seiten der selben Medaille sind und nur zusammen bestmögliche Ergebnisse erzielen.


MfG Njord
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Boris
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Beitrag von Boris »

@Ulrich Voigt:

Ich kann Ihre Argumentation nicht so ganz nachvollziehen.
Der Skatspieler, der sich die Karten nur eines Spiels merken will benutzt doch ebenso wie der Polizist mit den Autokennzeichen die Techniken, die man auch im Gedächtnissport benutzt. Im Gedächtnissport benutzt man in den allermeisten fällen short-term Mnemotechniken. Und nur weil hier grade die Technik das Ziel ist, ändert es nichts daran, dass er Mnemotechniken benutzt.

Das schliesst aber eine Nutzung und Verbreitung der Techniken im herkömmlichen Sinne ja nicht aus. Jemand der Gedächtnissport betreibt, kann trotzdem Langzeittechniken nutzen um zum Beispiel nutzen im Studium davon zu haben.

Im Gegenteil: Durch die starke Beschäftigung mit Kurzzeittechniken, werden diese verbessert. Es wird durch den Vergleich herausgefunden, was am besten funktioniert. Und das kann wiederum denen helfen, die Kurzzeittechniken anwenden wollen, wenn auch nicht im sportlichen Wettkampf sonder evtl. im Beruf.

Und wenn Gedächtnissportler Seminare an Schulen halten, so wollen sie dort ja nicht den Schülern beibringen wie man in 5 Minuten 50 "fake-Daten" memoriert, sondern wie man 50 reale Daten in etwas längerer Zeit, dafür auf Dauer einprägt. Gedächtnissportler nutzen dabei genauso Mnemotechniken wie andere auch.
Nur werden halt viel weniger Techniken benutzt, da das langzeit memorieren bei den Gedächtnissportmeisterschaften wenig nutzt.

Ihre Bedenken und Kritik an der Disziplin historische Daten kann ich allerdings nachvollziehen. Ihre Kritik am Gedächtnissport an sich, aber nicht. Und bei all Ihrer Vorliebe zu den historischen Anwendungen der Mnemotechniken, die diese überhaupt erst haben Beachtung finden lassen: Heute macht es in der Praxis keinen Sinn mehr sich hunderte Reden oder Gesetzestexte einzuprägen, da es nicht nur den Buchdruck sondern sogar Computer gibt mit denen man das alles in Sekunden schnelle sichern kann - was halt zur Hochzeit der praktischen Mnemotechniken nicht gegeben war, weshalb dort der Nutzen größer war.
Und ohne die Gedächtnissportler, die diese Techniken weiternutzen und pflegen, wären diese mit Sicherheit heute noch mehr vergessen als sie es ohne hin schon sind.

Ihre Arbeit ist dabei aber natürlich auch sehr gute und lohnenswert, da sie auch die Mnemotechniken erkunden und beibehalten, die Gedächtnissportler vergessen würden, da sie diese nicht nutzen.

Unsere Ziele sind dabei in keinster Weise entgegengesetzt, wie Sie es darstellen, denn wir alle wollen die Techniken weiterverbreiten, anwenden und evtl. sogar fortentwickeln. Es gibt nur einen minimalen Richtungsunterschied, da die Schwerpunkte anders liegen.
Das denke ich zumindest.
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Boris hat geschrieben:Ihre Bedenken und Kritik an der Disziplin historische Daten kann ich allerdings nachvollziehen. Ihre Kritik am Gedächtnissport an sich, aber nicht.
Habe ich denn den Gedächtnissport an sich kritisiert? Ich wollte ihn eigentlich nur charakterisiert haben: Als Verselbständigung der Gedächtnisleistung.

Ich selbst betreibe ja Gedächtnissport. Ich dachte, das wäre bekannt.

U.V.
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Boris
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Beitrag von Boris »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Ich selbst betreibe ja Gedächtnissport. Ich dachte, das wäre bekannt.
Klar weiß ich das! Aber man ja durchaus kritisieren, was man selber macht :wink:
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