Es gibt 2 Arten des Gedächtnis-Sports:
1. Während des Wettbewerbs wird etwas memoriert und im Wettbewerb wieder gegeben.
2. Vor dem Wettbewerb wird etwas memoriert und im Wettbewerb wieder gegeben.
Die zweite Möglichkeit ist denkbar, aber sie wird nicht veranstaltet.
Wochentagsberechnung ist eine Berechung und kein Memorieren und Wiedergeben von Merkinhalten, gleichwohl natürlich memorierte Merkinhalte Voraussetzung für die Berechnung sind.
Pi-Memorisation, wenn es rein darum geht, Pi zu memorieren, kann nicht während eines Wettbewebs gemacht werden, weil man schwindeln könnte. Man könnte sagen, ich habe mich nicht vorbereitet und hat sich doch vorbereitet.
Pi-Permutation muss vor dem Wettbewerb erlernt und geübt werden.
Es gibt keine andere Gedächtnissportart, die unter 2 fällt, obwohl alle Wissensgebiete dafür in Betracht kämen. Ja, etwa das Bibelwissen oder die chinesischen Schriftzeichen. Aber hier schon macht sich etwas bemerkbar: die einen wollen die Bibel nicht lernen, die anderen interessieren sich nicht für Chinesisch. Gibt es also eine Schnittmenge zwischen allen Interessensgebieten? Wenn ja, dann könnte jeder sich dafür interessieren. Die Antwort: Allgemeinwissen. Das Allgemeinwissen ist am ehesten dazu geeignet, allgemeines Interesse zu finden. Die Frage ist allerdings, ob es das wirklich gibt, so ein Allgemeinwissen, das jeden wirklich interessiert. Ich vermute eher, dass das Allgemeinwissen etwas ist, das jeder haben
sollte, das also eine Norm darstellt, aber das bedeutet nicht zugleich, dass es alle angeht und wirklich interessiert. Also: selbst das Allgemeinwissen ist nicht geeignet, vor allem deshalb, weil es in sich vielfach unterteilt und spezialisiert ist, so dass sich der eine für etwas interessiert, das einer anderen gleichgültig ist.
Es gibt nichts, was alle interessiert und alle lernen möchten. Deshalb setzt sich 2 nicht durch.
Dem könnte man aber durch Konvention begegenen: Man könnte sagen "Gut, ihr interessiert euch nicht sonderlich für das Gebiet Y, aber for the sake of Memorisation, lasst uns doch das Gebiet Y nehmen. Lernt es alle und sehen wir, wer schneller ist."
Dann müsste es etwas sein, das am ehesten alle interessiert. Kochrezepte zum Beispiel. 10000 Kochrezepte. Wer schneller ist bei der fehlerfreien Angabe der Mengen und der Schritte, der hat gewonnen. Das wäre ein praktisches Wissen!
Ich persönlich sehe mehr und mehr die Schönheit und den Grund, so eine völlig sinnlose und zwecklose Zahl wie Pi für das Memorieren zu nehmen. Wenn ich nämlich, sagen wir, 10000 spanische Vokabeln hersage, dann wird man sagen: gut, Du kannst Spanisch, schön, das können abertausende andere auch. Bei Pi aber tritt die Mnemotechnik rein hervor. Der Inhalt muss ein völlig nutzloser sein, damit sich die Technik davon deutlich davon abhebt.
Vielleicht ist es schön, in seinem Leben mit 10.000 Merkeinheiten herum zu rennen, die die Provokation an sich haben, in einer Nutz-Gesellschaft völlig unnütz zu sein, die zweitens den Vorteil haben, die Leistungsmöglichkeit der Mnemorisationstechnik rein hervor treten zu lassen, und die drittens zudem ermöglichen, einen selbst als mit einer besonderen Fähigkeit ausgestattet bewunderungswert erscheinen zu lassen.
Ulrich Voigt hat geschrieben:Matteo Riccis: 500 Zeichen
Ich habe mir einmal in einem Gedankenspiel überlegt, das nachzumachen.
Ich halte es für möglich.
Man muss kein Lexikon dafür auswendig können. Welches Lexikon soll Ricci auswendig gekonnt haben? Das
Kangxi Zidian? Gibt es dafür einen Beleg? Das ist in meinen Augen keine Voraussetzung. Voraussetzung ist, die chinesischen Schriftzeichen zu können. Aber selbst wenn man eines nicht kann, dann kann man es sich zusammen setzen.
Ich würde so vorgehen:
* Route mit 500 Stellen.
* Den "1000 Zeichen Klassiker" (
qian zi wen) hernehmen, und die erste Hälfte lernen. Sehen, welche Schwierigkeiten sich ergeben. Daraus eine Methode entwickeln. Dann die zweite Hälfte. Sind je 500 Zeichen, die die Schwierigkeit besitzen, alle verschieden zu sein, denn alle Zeichen im "1000 Zeichen Klassiker" sind verschieden. Dieser Text wurde im alten China zum Erlernen der Schriftzeichen memoriert.
* Dann würde ich versuchen, etwa eine chinesische Zeitung zu memorieren, 500 Schriftzeichen und immer wieder mit einer Zeitung üben.
Was hätte man für eine Vorteil damit?
* Man könnte beweisen, dass es prinzipiell und historisch möglich ist, das, was Matteo Ricci getan hat, zu machen.
* Man würde eine gewissen Bekanntheit erreichen und damit sein Ego und seinen Narzissmus befriedigen, was ja nicht unwichtig ist.