Mindman hat geschrieben:was ist mit Permutation eigentlich gemeint?
Nun ja, "Permutation" ist zwar ein üblicher mathematischer Begriff und von daher allgemein und zweifelsfrei zugänglich, aber bitte:
Unter der
Permutation einer Sequenz von Objekten versteht man eine Änderung ihrer Reihenfolge. Zu n Objekten gibt es n! Permutationen, die identische (bei der die vorliegende Reihenfolge unverändert bleibt) mitgezählt.
Beispiel: Die sechs (= 3 * 2 * 1 = 3!) Permutationen einer Sequenz von drei Objekten: A B C / A C B / B A C / B C A / C A B / C B A .
Ganz früher habe ich nicht "Pi-Permutation" gesagt, sondern "Pi-Sprung", da man ja bei der Permutation nicht im Sinne von A B C D E voranschreitet, sondern im Sinne von E B A D C hüpft bzw. springt. Der Nachteil bei einer solchen Bezeichnung liegt aber auf der Hand: Wenn man die Erklärung nicht kennt, sagt die Bezeichnung wenig aus, während "Permutation" jedem, der einmal Mathematikunterricht an z.B. einem Gymnasium hatte, bereits ein wohlbekannter Begriff sein sollte, und sogar international. Ich habe mich also entschlossen, von der anschaulichen zur fachgemäßen Bezeichnung zurückzukehren.
Mindman hat geschrieben: Ich habe immer noch nicht wirlich verstanden was dabei eigentlich genau gemacht wird.
Nehmen wir zur Erläuterung die ersten zehn Nachkommastellen der Zahl Pi: 1415926535. Das sind also die Stellen Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10.
Fragt man mich: "Was sind die ersten zehn (Nachkomma)stellen?", so könnte man genauso gut fragen: "Was sind die Stellen Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ?" Die Antwort wäre "1415926535".
Fragt man mich aber: "Was sind die Nachkommastellen Nr. 5 9 1 4 7 6 8 2 10 3?", so lautet die Antwort "9315625251".
Lässt man nun beliebige Permutationen (Vertauschungen) der zehn ersten Stellen zu, so ergeben sich 10! = 3.628.800 unterschiedliche Fragen bzw. Antworten, die ich als P (N=10, n=1; k = 10) bezeichne, weil nämlich zehn Stellen insgesamt zugelassen sind (N=10), von denen jeweils eine abgefragt wird (n=1), wobei sich die Frage auf die gesamte Permutation von N=10 Stellen bezieht (k=10).
Man könnte ja auch auf der Grundlage von N=10 kürzere Sequenzen abfragen und etwa k= 5 wählen. Eine mögliche Frage wäre dann: "Was sind die Nachkommastellen Nr. 5 9 1 4 7 ?" mit der Antwort "93156". Das wäre also P (N=10, n=1; k = 5).
Man könnte auch z.B. Doppelstellen abfragen, etwa: "Was sind die Doppelstellen Nr. 3 5 1 4 2 ?" mit der Antwort "92 35 14 65 15". Das wäre also P (N=10, n=2; k = 5).
Bei meinem Auftritt am Matthias-Claudius-Gymnasium am 12. April habe ich den Schülern (zwei 9. Klassen) P (N=10, n=1; k = 10) erklärt und sie dazu ermuntert, sich daran zu versuchen. Ein cleverer und mutiger Schüler kam an den PC und schaffte es in etwa 20 Sekunden. Ich habe das dann mit < 4 Sekunden vorgemacht, um zu zeigen, dass hier so etwas wie nicht-trivialer Sport möglich ist. Auch P (N=100, n=1; k = 10) habe ich in < 4 Sekunden vorgeführt, für P (N=10.000, n=1; k = 10) benötige ich aber 2 Minuten, das ist noch weit entfernt von einer sportlichen Verwertbarkeit.
Mindman hat geschrieben: Also ich glaube die Gründe für das mangelnde Interesse liegen woanders.
Ich denke, sie liegen wesentlich darin, dass man die Aufgabe, die Zahl nicht nur "der Reihe nach", sondern "durcheinander" zu beherrschen, als ziemlich verschrobene Spielerei ansieht, als willkürliche Phantasie eines Sonderlings sozusagen. Auf dem englischsprachigen Forum der Kopfrechner ("mental calculation") bekam ich gerade jetzt eine Antwort in dieser Richtung: Es gibt beliebig viele Fragen, die man sich ausdenken kann und aus denen man dann einen Sport machen könnte, was solls also?!
Es gibt aber zwei wesentliche Gründe dafür, dass Permutationen wichtig sind, einen mathematischen und einen mnemotechnischen:
Der mathematische Grund:
Machen wir uns zunächst einmal bewusst, dass "Ziffernfolge" und "Zahl" nicht dasselbe sind. Als Telefonnummer ist 504437 eine bloße Sequenz von sechs Ziffern. Als Zahl aber steht 504437 für 500000 + 4000 + 400 + 30 + 7 = 5 * 10^5 + 0 * 10^4 + 4 * 10^3 + 4* 10^2 + 3 * 10^1 + 7* 10^0. Jede Ziffer in der Sequenz 504437 hat also eine zusätzliche Bedeutung als Faktor einer Zehnerpotenz.
Zu sagen: "Ich kenne die Zahl 504437" beinhaltet meines Erachtens die Kenntnis dieser jeweiligen Bedeutung. Die 0 z.B. bezieht sich auf den Exponent 4.
Die bloße Sequenz (etwa: "Telefonnummer") 504437 beinhaltet bei schärferer Betrachtung sehr ähnliches: Die 3 ist nicht einfach nur die Zahl zwischen 4 und 7, sondern sie ist die Ziffer, die an der 5. Stelle von vorn bzw. der zweiten Stelle von hinten steht.
Damit ist deutlich: Von einer Kenntnis der Zahl bzw. einer Sequenz von Ziffern kann im strengen Sinn nur die Rede sein, wenn die jeweilige Position mit gewusst wird.
Wenn aber Leute davon reden, dass sie lange Zahlen beherrschen, sei es vorwärts oder rückwärts, so haben sie doch in aller Regel immer nur einen Faden vor sich; ihre Orientierung ist entsprechen ungenau und hilflos. Sie ähneln Seefahrern, die über den Atlantik segeln, jedoch unterwegs mangels Seekarte nur eben wissen, was unmittelbar vor ihnen und hinter ihnen ist. Sie sind schon glücklich, wenn ihnen ab und an eine Boje begegnet, von der aus sie dann "zählen" können.
Wenn ich aber eine Zahl lerne, zumal eine lange, so will ich stets genau wissen, wo ich mich befinde.
Damit ist man bereits bei der Permutation angelangt. Die Frage: "Was ist die 6. Stelle von Pi?" ist äquivalent mit der Frage: "Mit welchem Faktor enthält die Zahl Pi die Zehnerpotenz zum Exponenten -6?"
"Pi-Permutation" zielt darauf ab, eine Zahl zu beherrschen und nicht nur eine Art Telefonnummer.
Bei Wikipedia gibt es einen Artikel "Pi-Sport". Dass Pi eine Zahl ist, wird dort gar nicht weiter beachtet.
Der mnemotechnische Grund:
Die übliche Beherrschung einer "Zahl" als bloßem Faden ist offensichtlich gegenüber der von mir angestrebten Beherrschung als Garderobe inferior. Aus Gesprächen mit Gedächtnissportlern weiß ich, dass man keineswegs in der Lage wäre, seine Methoden so leicht zu ändern.
"Pi-Permutation" zielt darauf ab, überlegene Mnemotechnik zu demonstrieren.