Gedächtnispyramide

Hier wird über das Gedächtnis und Gehirn aus der Perspektive der Medizin und Wissenschaft diskutiert incl. Thematiken rund um Altersdemenz, Alzheimer aber auch Hochbegabung bei Kindern etc.

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Julian
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Gedächtnispyramide

Beitrag von Julian »

Ich habe ein paar Fragen zu dieser Pyramide:

http://www.gedaechtnistraining.com/


Dort im Text steht, dass man diese Zahlen im Ultrakurzzeitgedächtnis
speichert. Bei Wikipedia steht aber, dass das Kurzzeitgedächtnis über
eine Sofortspeicherkapazität von 7+/- 2 Einheiten verfügt.

Haben die das vertauscht, oder gilt das auch für das UKZ?


Kann man das wirklich trainieren, sodass man auf 10 Zahlen
kommt, oder lässt es sich nicht trainieren?


Ich hab' gelesen, dass viel Kurzspeicherkapazität für
komplizierte Denkvorgänge wichtig ist, was zum
IQ gehört. Wenn man also mit training 10 Ziffern schafft,
heißt das gleichzeitig, dass man sich auch mehr Schritte
bei Denkvorgängen einprägen kann?


Wie viele Ziffern schafft ihr? ( Normalerweise )
Lesefaul
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Beitrag von Lesefaul »

Interessante Frage.

Ich schwanke zwischen 5 und 8.

Welche Trainings dafür wären Sinnvoll?

Gruß
Lesefaul
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Andi
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Beitrag von Andi »

Julian hat geschrieben:Haben die das vertauscht, oder gilt das auch für das UKZ?
Die Chunking-Theorie nach Miller gilt meines Wissens nur für das Kurzzeitgedächtnis und nicht für das Ultrakurzzeitgedächtnis.
Julian hat geschrieben:Kann man das wirklich trainieren, sodass man auf 10 Zahlen
kommt, oder lässt es sich nicht trainieren?
Laut einem Artikel in "Spektrum der Wissenschaft 01/07" (http://www.spektrum.de/artikel/858960) fassen Profi-Schachspieler ihre Spielvorgänge in Chunks zusammen: Dabei gilt, je mehr Übung desto mehr Erfolg.
---> folglich ist eine Erweiterung in diesem Bereich möglich. Transfereffekte eher fraglich bzw. unwahrscheinlich.
Lesefaul hat geschrieben:Welche Trainings dafür wären Sinnvoll?
Also ich kenne hierzu nur den „BrainTwister“, er soll gerade bei Steigerung der fluiden Intelligenz (Arbeitsspeicher) eine Wirkung erzielen.
http://www.apn.psy.unibe.ch/content/app ... x_ger.html
Bisher ging man davon aus das Fluide Intelligenz angeboren sei, dem ist jedoch nicht so. Sie lässt sich steigern, wie Studien der Uni Bern zeigten. (s. auch vorherigen Link).

"[…] In dieser Studie absolvierten die Versuchspersonen zunächst einen Vortest mit einem Standard-verfahren zur Erfassung von fluider Intelligenz. Die Versuchspersonen trainierten dann entweder 8, 12, 17, oder 19 Tage lang mit der Trainingsaufgabe des Programms. Dieses beinhaltet komplexe Aufgaben, um das Arbeitsgedächtnis zu trainieren. Das Arbeitsgedächtnis ist zuständig für die vorübergehende Speicherung von Information, für die Planung, die Koordination und die Kontrolle bei der Durchführung von Aufgaben und für die Hemmung von störenden oder unwichtigen Einflüssen. Nach Beendigung dieses Trainings wurden die Versuchspersonen wiederum auf fluide Intelligenz getestet und ihre Leistungen wurden mit jenen von untrainierten Gruppen verglichen. Obwohl die Intelligenzleistung der untrainierten Gruppen aufgrund des Übungseffekts ebenfalls leicht anstieg, war die Verbesserung der trainierten Gruppen viel stärker und wurde mit zunehmender Trainingszeit grösser. Das heisst: Je länger das Training mit dem Programm andauerte, desto grösser war die Steigerung der fluiden Intelligenzleistung. […]"
(Quelle: http://idw-online.de/pages/de/news257608)

Ich habe mit „BrainTwister“ zwei Monate trainiert, nicht regelmäßig – wird langweilig, hatte aber in einem eigens erstellten „Vortest“ 7 Chunks erreicht, nach Benutzung v. "BrainTwister" 9 Chunks. Keine Ahnung ob dieser Effekt auf das Programm zurückzuführen ist. Ich denke andere Faktoren spielen da eher eine größere Rolle: Etwa Konzentration, spezifisches Training dieser Fertigkeiten (also z.B. nur bei Zahlen und kein Transfereffekt gegenüber Wörtern), …

Auch sollen sog. MAT-Übungen die Arbeitsspeicherkapazität erhöhen:
"[…] Siegfried Lehrl von der Universität Erlangen im Wesentlichen geprägt der dieses Training 1992 unter dem Ausdruck „Mentales Aktivierungstraining“ (= MAT) präzisierte. Die Übungen bestehen darin, den "Arbeitsspeicher" auf ein "optimales" "Aktivationsniveau" zu bringen. Die Wirkungen wurden durch mehrere kontrollierte Studien belegt. Dabei ergaben sich Transferwirkungen auf Tests, die ganz andere Leistungen abverlangten wie der Interferenztest nach Stroop, der Zahlen-Verbindungstest oder der Progressive Matrizentest für fluide Intelligenz nach Raven. Das geistige Training überträgt sich auch förderlich und nachhaltig auf die Geschwindigkeit und Komplexität der Informationsverarbeitung im Alltag oder auf Aufmerksamkeitsleistungen, Wortfindungsgeschwindigkeit und Mathematikleistungen (Scanlon et al. 2008). Auch im Persönlichkeitstest EPI nach Eysenck zeigten sich Veränderungen: die Probanden erwiesen sich am Trainingsende als psychisch stabiler. Bei Erwachsenen, die den „Arbeitsspeicher“ drei bis vier Wochen lang trainierten, wurde mit Hilfe Bildgebender Verfahren festgestellt, dass durch das Training das Gehirn auf neue Aufgaben schneller und umfassender reagieren konnte. Aus neurobiochemischer Sicht ist bedeutsam, dass sich mit dem Arbeitsspeichertraining die Dichte des Botenstoffes Dopamin im Präfrontalhirn erhöht. […]"
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gehirntraining)

Weitere effektive Programme bzw. Übungen sind mir leider nicht bekannt.

Wichtig dabei ist stets keine (Mnemo-)Techniken anzuwenden, ansonsten zeigen auch oben genannte Programme nicht die erforderliche Wirkung. Inwieweit eine Unbewusste Anwendung von Technik erfolgt, z.B. Gedächtnissportler die schon Jahre Mnemotechniken anwenden, kann ich nicht sagen.

Ich halte meine Betrachtungsweise dazu folgendermaßen:
Einerseits sollen laut (den oben genannten u. weiteren) Studien Transfereffekte möglich sein, andererseits halten andere Wissenschaftler diese jedoch für ausgeschlossen:
„[....] Softwarebasierte Trainingsprogramme und Denkspiele verbessern die Fertigkeiten, die sie trainieren. Hingegen zeigen nur sehr wenige dieser Programme eine positive Wirkung (im Sinne eines Transfers) auf allgemeine geistige Fähigkeiten oder Leistungen in Alltagssituationen. Wenn man zum Beispiel eine Gedächtnistechnik zum Einprägen von Wortlisten trainiert, so gelingt es einem anschließend besser, sich Listen von Wörtern zu merken. Es gibt jedoch bislang nur wenig Hinweise darauf, dass dieses Training die Gedächtnisleistung insgesamt verbessert, und es nach Abschluss des Trainings etwa besser als zuvor gelingt, den verlegten Autoschlüssel zu finden. Wir empfehlen dringend, die Wirksamkeit von softwarebasierten Trainingsprogrammen und Denkspielen weiter zu untersuchen und ermuntern Interessierte, an entsprechenden wissenschaftlichen Studien teilzunehmen.[…]"
(Quelle: http://www.mpib-berlin.mpg.de/de/presse ... glich.html)

Siehe auch Boardbeiträge:
- http://www.brainboard.eu/phpbb/viewtopi ... light=dual
- http://www.brainboard.eu/phpbb/viewtopi ... l&start=20
„Die Leistungsfähigkeit des Hirns nimmt zu, je mehr man es in Anspruch nimmt.“
Alfred Herrhausen (1930-1989), dt. Bankier
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