Kurzzeitgedächtnisspanne

Hier wird über das Gedächtnis und Gehirn aus der Perspektive der Medizin und Wissenschaft diskutiert incl. Thematiken rund um Altersdemenz, Alzheimer aber auch Hochbegabung bei Kindern etc.

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Ulysses
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Kurzzeitgedächtnisspanne

Beitrag von Ulysses »

Wie ja sicherlich die meisten hier im Forum wissen, beträgt die Kurzzeitgedächtnisspanne 7+/-2 Chunks.

Ich hatte heute und Montag einen Workshop Gedächtnistraining, in dem ich mit den Schülern unter Anderem auch einen Kurzzeitgedächtnistest gemacht habe. Dabei habe ich einige interessante Beobachtungen gemacht und mir sind einige Fragen aufgekommen.

Bis heute Vormittag dachte ich, dass eine Kurzzeitgedächtnisspanne von 9 Chunks - wie das zum Beispiel Dr. Gunther Karsten in seinem Buch Erfolgsgedächtnis schreibt - etwas extrem seltenes ist (einer von mehreren Tausend) und nur bei außerordentlich intelligenten Menschen vorkommt. Meine Vorstellung war, dass die Kurzzeitgedächtnisspanne eine ganze Menge über die Intelligenz einer Person aussagt und das in beiden Richtungen: Erstens verfügt eine sehr intelligente Person auch ein KZG von mindestens 8 Chunks und zweitens ist jemand mit einem KZG von 8 Chunks immer auch sehr intelligent. Bei einem KZG von 9 Chunks noch in einem größeren und seltenerem Ausmaß.

Diesen Glauben habe ich heute Morgen verloren. Ich begann den Teil mit dem KZG - wie auch schon Montag - mit Geschichten über das Kurzzeitgedächtnis, wie selten ein KZG von 9 Chunks ist und es lediglich ganz außerordentlich intelligenten Personen vorbehalten ist. Dann sagte ich noch, dass jemand mit einem KZG von 8 Chunks sicherlich intelligenter als 95% der Bevölkerung. Und so weiter und so fort...

Im Anschluss folgte der KZG-Test, der mit vier Ziffern, also, für meine Schüler, vier Chunks, begann. Danach kamen fünf Ziffern, dann sechs, die alle Schüler schafften. Bei den sieben Ziffern hinterher scheiterten bereits einige Schüler. Mit großem Erstaunen musste ich dann bei 8 Ziffern feststellen, dass mehr als die Hälfte der 24 Schüler sich die Ziffern merken konnte. Was mich aber noch sehr viel mehr erstaunt und zugleich - aufgrund meiner Behauptungen zu Anfang - beschämt hat, war, dass ganze vier Schüler sich die neun Ziffern merken konnte. Als erstes dachte ich: Das kann doch nicht sein. Also machte ich nochmal eine Zahlenreihe und wieder konnten sich sie alle merken. Bei den nächsten zwei Prüfdurchgängen wieder dasselbe. Ich konnte es immer noch nicht wahrhaben und machte jetzt eine Reihe mit 6 sechs Ziffern und 3 Buchstaben, also 9 Chunks. Immernoch konnten alle sie memorieren.

Dabei waren diese vier Schüler auch gewiss nicht außerordentlich intelligent, aber sicherlich alle überdurchschnittlich.

Deswegen jetzt meine Fragen:
*Gibt es Statistiken zu der gesellschaftlichen Verteilung der Kurzzeitgedächtnisspanne?
*Korreliert die Kurzzeitgedächtnisspanne wirklich so stark mit Intelligenz?
*Wie aussagekräftig sind solche Tests?
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Boris
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Beitrag von Boris »

Das hier eine starke Korrelation mit der Intelligenz ist, habe ich nicht gehört bisher.

Wie "präsentierst" du das ganze denn?

Ich mache den Test auch immer am Anfang von Seminaren/Workshops und hatte noch nie jemanden, der 9 geschafft hat. Bzw. wenn, dann nicht nochmal.
Zuletzt geändert von Boris am Mi 26. Jul 2006, 11:08, insgesamt 2-mal geändert.
Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

Ich habe die Ziffern vorgelesen und danach haben sie sie aufgeschrieben.
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Boris
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Beitrag von Boris »

Ulysses hat geschrieben:Ich habe die Ziffern vorgelesen und danach haben sie sie aufgeschrieben.
Ok. Also "völlig normal". Weißt du auch, wie schnell vorgelesen?

Achja: Ich denke auch, dass dies nicht gänzlich unverändlich ist. Als ich mir Ende 2002 Gunthers Buch bestellt und gelesen hatte, hatte ich 7 oder 8. 7 immer, 8 ab und zu. 9 praktisch nie. Ich rede jetzt natürlich nicht von Techniken, aber 9 schaffe ich jetzt immer, 10 oft. (Also definitiv ohne Technik)
Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

Zeitabstand etwa 1-1,5 Sekunden.
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Boris
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Beitrag von Boris »

Ok. So mach ichs auch immer. 9 hatte da niemand mehrfach. 8 schon.
Komisch. Scheinst ne gute Klasse erwischt zu haben.

(Wobei bei dem Seminar für hochbegabte Studenten hatten einige 9, aber keiner alle drei Versuche oder so. Bin mir aber nicht ganz sicher).


Hab jetzt noch nen paar Testreihen gemacht: 9 schaff ich praktisch immer, 10 oft. Auch Buchstaben/Ziffern gemischt. Das hab ich vor 2 Jahren auf keinen Fall gekonnt.
Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

Also, was die Intelligenz der Viererbande betrifft:
*Matthäus: sicherlich hochbegabt; sagen wir: Top in 250
*Sandhya (kommt aus Indien): sicherlich hochbegabt; sagen wir: Top in 400
*Magdalena: überdurchschnittlich; sagen wir: Top in 30-40
*Die Vierte (Name entfallen): keine Ahnung; der Lehrer, der die Aufsicht hatte, hat sie gefragt, ob sie gut in der Schule ist. Ihre Antwort: "Schon eher." Daraufhin frage ich sie, ob sie gut in Mathematik ist, und sie antwortet: "Eher nicht."
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Beteigeuze
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Beitrag von Beteigeuze »

Hallo

Ich habe in letzter Zeit im Internet öfter mal etwas über den KAI ( http://de.wikipedia.org/wiki/KAI ) gelesen.

Auf der folgenden Seite kann man nicht nur das Buchstabenlesen ausprobieren, man findet dort auch eine PDF-Datei, in der der Test erklärt wird. Einigen Tabellen kann man dort auch einsehen.
http://www.walterzorn.de/kai_test.htm

Und auf dieser Seite hat man die Möglichkeit, verschiedene Gedächtnisspannen zu prüfen.
http://www.phil.uni-sb.de/~jakobs/paedp ... spanne.htm

Beteigeuze :D
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Boris
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Beitrag von Boris »

Interessanter Test. Aber ich verstehe nicht so ganz, warum das mit dem Kurzzeigedächtnis korreliert (auch wenn es das bei mir scheinbar tut).
Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

In der Wikipediadiskussion zu der Kurzzeitspeicherkapazität hat einer folgendes geschrieben:
Ich frage mich bei vielen Einträgen, wie man auf einen solchen Schwachsinn kommt. Einstein war in diesem Kontext folglich ein Trottel, denn der Zeitindex seiner Erkenntnis war relativ hoch.

Man sollte nicht jeden Blödsinn glauben, der von irgendeiner Hochschule kommt oder was jemand von sich gibt, der mit Vornamen Professor oder Doktor hat. Das sind oftmals größere Deppen als die Normalbürger.

Bitte etwas weniger ausfallend. Der Einwand mit Einstein leuchtet nicht ganz ein (wurden mit ihm entsprechende Tests durchgeführt?).
Abgesehen davon ist es nicht unsere Aufgabe, die Gültigkeit solcher Theorien zu beurteilen: Laut WP:NPOV sollten sie hier einfach wiedergegeben werden, sofern deutlich gemacht wird, von wem sie stammen, und die Urheber als wissenschaftlich relevante Stimmen gelten können. - Allerdings ergibt sich aus dem gleichen Wikipedia-Grundprinzip auch, dass Theorien, die in der Fachwelt noch nicht universell akzeptiert sind (also zB in jedem einschlägigen Lehrbuch stehen), nicht als feststehende Fakten formuliert, sondern mit einer Zuschreibung versehen werden sollten (also nicht "Der Mond ist aus grünem Käse", sondern "Laut einer Theorie der NASA-Forschergruppe XY von 2002 besteht der Mond aus grünem Käse). grüße, Hoch auf einem Baum 04:42, 3. Mai 2006 (CEST)
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion ... zit%C3%A4t
Dieser Test ist in hohem Maße durch die Mundwerkzeuge beeinflusst und lässt sich außerdem sehr stark trainieren, was die Autoren dieser Tests selbst immer wieder zugeben. Und ob das Vorlesen solcher Buchstabenreihen etwas mit Intelligenz zu tun hat, will ich einmal stark bezweifeln.

Noch bescheuerter sind eigentlich nur noch die Behauptungen mancher Gehirn-Gurus, dass man durch das Lösen von solchen Aufgaben, oder wie sie es bezeichnen: Gehirnjogging, dann auch tatsächlich seine Intelligenz (die dieser Test natürlich zu 100% erfasst) in dem Maße, in dem die Ergebnisse sich verbessern, steigert.

Aus Wikipedia(Gehirnfogging):
"Von vielen Neuropsychologen wird die Wirksamkeit des sogenannten "Gehirnjoggings" angezweifelt. Zwar kann man sich in den konkreten Übungsaufgaben verbessern. Der Nachweis einer Alltagsrelevanz des geübten steht aber aus. Kritiker führen an, dass die plumpe Analogie zum Muskelaufbau durch Training beim komplexen Organ Gehirn so nicht funktioniert."
Sicaine
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Beitrag von Sicaine »

Warum is den dat wichtig? Ich mein wenn ich die Zahlen lese und gleich ein muster miteinlesen kann, bin ich doch gleich viel viel effektiver und genauso schnell oder nich?
nebenbei bin ich bei diesem Test, wie mir scheint, extrem mies
ruonitb
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Beitrag von ruonitb »

Bezweifle auch, dass das etwas mit Intelligenz zu tun hat...anzunehmen, dass jeder, der 9 Ziffern o.ä. memorieren kann hochbegabt ist, finde ich etwas übertrieben.

Mit "Gehirnjogging" trainiert man eventuell die Testaufgaben und schneidet dann in (Intelligenz)-Tests besser ab, tatsächlich intelligenter ist man deshalb allerdings trotzdem nicht.

Gemäß dem würde Intelligenz dann ja an der (unbewussten) Anwendung von bestimmten Techniken gemessen werden...denn wer weiß schon, was sich die Schüler denken, wenn sie die Ziffernreihe vorgelesen bekommen.
Vl. verwenden sie (wenn auch unbewusst) ein System, das es einfach macht, sich 9 Ziffern zu merken.
Schlaf kann verheerend sein…kurz nach dem Aufwachen bin ich meist immer noch trunken von diesem todesähnlichen Zustand und bilde mir doch tatsächlich einen Moment lang ein, dass das alles doch gar nicht so schlimm sei.
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