Mein Denkbuch

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thomasteepe
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Mein Denkbuch

Beitrag von thomasteepe »

Ich beschäftige mich seit langem mit der Frage, wie Notizenmachen beim Nachdenken helfen kann.
Seit Jahresbeginn hat sich mein Verfahren dazu geändert, und ich komme damit besser zurecht als je zuvor.
Ich stelle das im folgenden vor und würde mich über Antworten mit Euren Erfahrungen und Verbesserungsvorschlägen sehr freuen.

Also: Mein Denkbuch

Grundideen
  • Für das Vorgehen spielt die Reflexion über vorherige Gedanken eine zentrale Rolle – klingt akademisch, hat aber handfeste Vorteile.
    Um Reflexionen zu erleichtern werden die Notizseiten in zwei Spalten unterteilt:
    die linke, breitere für das Hauptmaterial des Denkens,
    die rechte, schmalere für Reflexionen, aber auch spontane Einfälle, Markierung von Dingen, die zu erledigen sind usw.
    Für beide Spalten gibt es jeweils einen Satz von Denkwerkzeugen.
    Diese Werkzeuge habe ich zur Erinnerung auf einen Haftnotizzettel geschrieben und hefte sie auf die jeweils aktuelle Seite.
Material
Ich benutze
  • ein gebundenes Notizbuch im Format A5 mit weißen Seiten
    (Format ist auch in Straßenbahnen gut zu gebrauchen)
    Druckbleistift der Stärke 0,3mm samt Radiergummi
    (s e h r klein schreiben können ist von großem Vorteil für das Verfahren)
    Haftnotizen im Format 4cm x 5cm für die Sammlung von Denkwerkzeugen
    (einige Reservezettel kleben hinten im Notizbuch – nützlich, wenn die Werkzeugsammlung überarbeitet werden soll)
Natürlich sind hier zig Varianten möglich.

Vorbereitung der Werkzeugsammlung
Auf der Haftnotiz habe ich folgende Werkzeuge notiert:
für die Hauptspalte: „PrAnProdPlAus“ steht für
  • „Problembeschreibung“
    „Analyse“ der aktuellen Problemsituation
    „Produkt“, das bei der Untersuchung herauskommen soll
    „Plan erstellen“
    „Ausführung“
für die Reflexionsspalte: „KoNeAltUnd“ steht für
  • „Konflikt“ - welche Ziele, Umstände, Ideen... stehen gerade im Konflikt zueinander?
    „Nervt“ - was nervt mich gerade an meiner Problemlösung?
    „Alternativen“ - welche sind möglich?
    „Und“ steht für „Und nun?“ - was kann als nächstes getan werden?
(Man kann sich 9 Elemente vielleicht noch grade ohne Aufschreiben merken. Mir hilft die Haftnotiz trotzdem als Erinnerungsstütze.)
Daneben notiere ich auf der Haftnotiz weitere Werkzeuge, die mir nützlich erscheinen; von Zeit zu Zeit ändere ich dann die Zusammenstellung.
Zum Beispiel finde ich die Beschreibung eines „Produkts“ nützlicher als die frühere Beschreibung eines „Ziels“, die oft zu recht unverbindlichen Ideen geführt hat.

Vorgehen
  • Ich unterteile die Seite in zwei Spalten und notiere das Thema als Überschrift.
    Außerdem klebe ich den Werkzeugzettel auf die Seite.
    Im wesentlichen durchlaufe ich dann diejenigen Phasen aus „PrAnProdPlAus“, die mir gerade sinnvoll erscheinen. Dabei benutze ich in jeder der Phasen eine Reihe weiterer Werkzeuge, etwa Frageketten oder Kreativitätswerkzeuge.
    Eine umfangreichere Werkzeugsammlung habe ich auf den letzten Seiten des Notizbuchs zusammengestellt, ich schaue dort aber nicht oft nach.
    Wenn immer es mir sinnvoll erscheint – insbesondere wenn ich gerade feststecke, oder am Ende einer Phase - ergänze ich Reflexionen in der zweiten Spalte.
    Diese Reflexion ist nach meinen bisherigen Erfahrungen die ganz große Stärke des Verfahrens.
    Die Notizen selbst ordne ich hierarchisch an und verbinde sie durch Linien.
    Dabei beginne ich mit der jeweiligen Phase als Abkürzung, etwa so:
    Projektschwierigkeiten
    ├PR
    ├ Zeitfresser ───────── Umfang abschätzen?
    │ ├ Sitzungen
    │ ├ Mailverkehr
    ├ Stimmungstief
    ├ Ursachen?

    Außerdem benutze ich reichlich Tabellen und Diagramme.
    Daneben finde ich eine Reihe Tricks nützlich:
    Das mittels „Prod“ festgelegte Ziel bekommt in der Reflexionsspalte ein leeres Kästchen, das nach Erreichung des Ziels abgehakt werden kann.
    Ergeben sich Dinge, die ich später erledigen will (Webrecherchen, Literatursuche...), markiere ich sie ebenfalls mit Kästchen.
    Spontane Ideen notiere ich in der Reflexionsspalte und markiere sie mit einem eingekringelten i.
Auch hier sind natürlich eine Menge Details geschildert, die jeder individuell anders einrichten mag.
Zuletzt geändert von thomasteepe am Mo 07. Mär 2011, 23:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Delta-Notch
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Beitrag von Delta-Notch »

Hättest du mal ein konkretes Beispiel für einen Anwendungszweck?
Also in welchen Situation greifst du auf deine Methode zurück?
Was möchtest du damit Erreichen?
thomasteepe
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Beitrag von thomasteepe »

Delta-Notch hat geschrieben:Hättest du mal ein konkretes Beispiel für einen Anwendungszweck?
Also in welchen Situation greifst du auf deine Methode zurück?
Was möchtest du damit Erreichen?
3 Fragen, 3 Ansätze zu Antworten;-)

Anwendungszwecke
- Ich schreibe gelegentlich kürzere Texte für das Internet; die Vorüberlegungen vor dem eigentlichen Schreiben mache ich mittlerweile meist mit dem Verfahren. Inhaltlich geht es meist um Probleme und Lösungsmethoden.
- Ich arbeite als Versicherungsmathematiker und habe viel mit Softwareentwicklung zu tun. Dabei stoße ich immer wieder auf Probleme, die für das Verfahren richtig dimensioniert sind - zu schwierig, um sie direkt im Kopf (genauer: in meinem Kopf) zu lösen, aber einfach genug, um nicht eine große Maschinerie mit Excel-Listen, Word-Dokumenten oder Computer-Mindmaps anzuwerfen.
- An einem Samstag habe ich neulich damit experimentiert, mittels Mathematica-Demos etwas über Differentialgleichungen zu lernen - auch das hat für mich ganz gut funktioniert.
(Für eine Hauptanwendung "Lernen" würde ich die beiden kleinen Werkzeugsammlungen vermutlich anpassen.)

Situationen
- Beruflich: Die Anwendungen oben passieren meist in einem Schreibblock auf meinem Arbeitsschreibtisch.
- Privat: Das geschilderte A5-Denkbuch benutze ich zweimal täglich auf den (recht langen) Arbeitswegen mit der S-Bahn - Langeweile kommt damit sehr selten auf.

Was will ich erreichen?
- Hauptziel: In aller Regel will ich ein Problem lösen oder, etwas allgemeiner, mir über etwas klar werden, manchmal auch zu meiner Unterhaltung.
Mir gelingt das mit schriftlichen Aufzeichnungen viel besser als rein im Kopf - ich kann mich besser konzentrieren, behalte besser den Überblick, kann erste Überlegungen schrittweise verbessern, und habe zudem Aufzeichnungen, die ich noch nach Jahren anschauen kann.


Zusatzinfos
http://www.scribd.com/doc/49125709/A-Ne ... ing-Method ist ein Foliensatz zum Thema
http://www.youtube.com/watch?v=t2ZlEk5oHzo ist ein 2 Jahre altes Video. Hier fehlt noch der (für mich wichtige) Teil zur Reflexion.
Hervorgegangen ist das Ganze aus Überlegungen zu Mindmaps (die ich mittlerweile nur noch ziemlich selten nutze).
Mehr Infos dazu finden sich auf http://www.scribd.com/thomasteepe
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Delta-Notch
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Beitrag von Delta-Notch »

Vielen Dank für die Antworten; meine Fragen sollten auch nicht negativ zu verstehen sein, ich finde deine Methode nämlich sehr interessant.

Danke auch für die Links, werde mich am Wochenende mal damit auseinandersetzen!

PS: Mit Mindmaps, Buzan & Co habe ich damals auch angefangen. Allein dadurch bin ich erst auf diese Seite gekommen. Mittlerweile nutze ich die Mindmap-Methode auch nur noch sehr selten. Weil ich finde, dass sie für umfangreichere Problemstellungen einfach nicht praktikabel ist. Zum Einen hat man nur ein beschränktes Platzangebot, wenn man nicht gerade auf seiner Tapeta malt und es wird auch schnell unübersichtlich, wenn sie zu voll ist. Aber wenn man mal kurz ein wenig Brainstorming zu einer bestimmten Sache betreiben möchte, ist sie immer noch meine Methode der Wahl.
Die Kritik, die ich an Buzan & Mindmaps habe, ist, dass er vermitteln möchte, dass Mindmaps das Universal-Tool für jedwede Art von Problem- und Fragestellungen sind. Ob zum Erstellen von Datenbanken, Terminkalendern, Zusammenstellungen von Lernstoff usw.
thomasteepe
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Mindmapping-Software, OneNote

Beitrag von thomasteepe »

Delta-Notch hat geschrieben: Mittlerweile nutze ich die Mindmap-Methode auch nur noch sehr selten. Weil ich finde, dass sie für umfangreichere Problemstellungen einfach nicht praktikabel ist. Zum Einen hat man nur ein beschränktes Platzangebot, wenn man nicht gerade auf seiner Tapeta malt und es wird auch schnell unübersichtlich, wenn sie zu voll ist.
Das Problem mit dem beschränkten Platz stellt sich nach meinem Eindruck viel weniger bei der Verwendung von Mindmapping-Software wie Freeplane. Dafür wird das Problem mit der Unübersichtlichkeit nicht unbedingt kleiner.

Ich möchte hier für gar nichts Reklame machen, aber wenn ich zur Denkunterstützung nur eine einzige Software auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, dann wäre es zur Zeit OneNote, ein elektronisches Notizbuch:
  • - Notizbücher lassen sich mit der Software unterteilen in Abschnittsgruppen, Abschnitte, Seiten und Unterseiten.
    - Einfügen neuer Teile und Umgruppierungen sind immer möglich.
    - Auf den Seiten kann man eine Menge Dinge anstellen: Hierarchisch gegliederten Text schreiben (Outlining), Tabellen und Diagramme einfügen, Handschrift und Freihandzeichnungen per Stifteingabe, Audio- und Videokommentare zu den Notizen oder Links zu beliebigen anderen Teilen eines Notizbuchs einfügen.
    - Die einzelnen Seiten kann man nach Bedarf vergrößern.
    - Außerdem möglich: Dokumente per virtuellen Drucker direkt in ein Notizbuch schicken, Schnappschüsse von Webseiten machen (und auf Text durchsuchen), Synchronisation mit Outlook für Termine und Aufgaben.
    - Schließlich gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mehrerer Leute an einem Notizbuch.
Vorteile von OneNote gegenüber Mindmapping-Software - mein gegenwärtiges Urteil:
  • - Outliner-Funktionen in OneNote stehen der hierarchischen Gliederung in Mindmaps nicht nach, erleichtern aber den Überblick.
    - Tabellen als sehr nützliche Strukturen sind in Mindmap-Textnotizen zwar verfügbar, aber nur bei geöffnetem Editor und ausgewähltem Zweig sichtbar.
    - Freie Zeichnungen als Instrument des Nachdenkens - in der mir bekannten Mindmapping-Software entweder zu grobschlächtig oder zu umständlich.
    - Mindmaps geraten bei mir oft allzu verzweigt - demgegenüber ist das Material in OneNote konzentrierter und viel besser gegliedert.
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