Schalfen, Lernen, Nicht verstanden werden

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fernstudent
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Schalfen, Lernen, Nicht verstanden werden

Beitrag von fernstudent »

ich habe gerade einen Film gesehen, über ein hochbegabtes Kind, das von seinen eigenen Eltern nicht verstanden wird, werden konnte und immer wieder in Ärger bekam.
Das rief in mir das Gefühl hervor, dass ich als Kind auch immer hatte. Ich würde wütend und traurig, habe sogar geweint. Weil dieses Gefühl so erschütternd ist.

Ein IQ Test, der bei mir während meiner Depression in der Klinik gemacht wurde ergab, dass ich „nur“ 123 IQ-Punkte nach dem HW-Test habe. Ich konnte mich zu diesem Zeitpunkt nicht konzentrieren und habe einfach nur das angekreuzt, was mir als logisch erschien, also quasi ohne Nachdenken. Ich bin also weder hochbegabt noch ein Genie.

Zu meiner schulischen Laufbahn:
Ich habe nie gelernt und bin trotzdem immer durchgekommen, außer in der 10. Klasse bin ich auf dem Gymnasium sitzen geblieben.
Lernen sah bei mir immer so aus, dass ich „einfach“ alles durchgelesen habe und dann „konnte ich es“ - häufig habe ich noch nicht mal das getan, sondern habe im Unterricht immer „nur“ zugehört. Richtig gelernt habe ich nie, wüsste auch nicht, ob und wie es sich lohnen würde.
Nach der 10. Klasse bin ich abgegangen und habe meine Ausbildung als Polizist bekommen. Irgendwann bin ich zu Linux gekommen und habe dann im Rechenzentrum "Karriere" gemacht (in 2 Jahren)
Es ging immer nur um die mentale Herausforderung. Ich habe mich mit 14 Jahren darum gekümmert auf das Gymnasium zu gehen und habe alles vorbereitet. Meine Eltern musste nur unterschreiben, habe sich sonst auch nicht um mich gekümmert, weil sie mich nie wirklich verstanden haben.

Ohne Abitur habe ich mit 20 begonnen ein Informatik Studium begonnen, bisher ohne Abschluss, weil ich vorher abgebrochen habe und mich alles gelangweilt habe.
Vor 2 Jahren, fast 16 Jahre später, habe ich erneut ein Fernstudium begonnen und mein Lernverhalten hat sich nicht verändert. Dreimal durchgelesen reicht für eine 2,0 in der ersten Prüfung, obwohl ich es „nicht konnte“
Mein Anspruch ist weniger alles GUT zu bestehen sondern, die Herausforderung der Prüfung. Das Lernen davor ist weiterhin so wie in der Schule. Durchlesen, Langeweile kommt auf und ich weiss, dass ich sowieso alles schon kann.

Im Sport war ich immer einer der besten, aber nie der „Beste“ - der Aufwand nutzen ist aus meiner Sicht nicht effizient. Ich habe keinen Anspruch der Beste zu sein, da der Aufwand hierfür in meinem Augen in keinem Verhältnis steht.

Im vergangenen Sommer habe ich damit begonnen ein Kartenspiel zu memorieren, konnte danach zwei Nächte nicht schlafen, weil ich ein so gewaltiges Gedankenfeuerwerk im Kopf hatte und nachts immer von Karten geträumt habe. Das war motivierend und hat spaß gemacht. Allerdings kann ich auf meinen Nachtschlaf nicht verzichten. Die Depression konnte ich durch täglichen Schlaf von mind. 8 Stunden (meine Schlafregel) und Hypnose überwinden.

Kennt jemand von Euch diese Problem mit dem Lernen, was tut ihr dagegen?
Kann mir jemand helfen?
Frederica
Superbrain
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Registriert: Mi 24. Jun 2009, 14:53
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Re: Schalfen, Lernen, Nicht verstanden werden

Beitrag von Frederica »

Hallo fernstudent,
willkommen im Forum!

Vielleicht kannst Du Dich auch in diesem Forum mehr über Persönliches austauschen:
Forum für hochbegabte Erwachsene.

Viele mit Deiner Biografie haben das Lernen nie gelernt und einige haben sogar gelernt, sich das Lernen zu verbieten, wenn es kein richtiger Schulstoff ist (durch Kommentare wie "konzentriere dich doch auf etwas Wichtiges! Wofür willst du das denn wissen/ lesen?! Ist das wichtig für die Schule!?" etc.). Einige haben auch das Gefühl, sich für bestimmte Themen nicht interessieren zu "dürfen" und andere haben regelrecht das Gefühl sie wären "dumme", weil sie zu oft Kommentare in dieser Richtung gehört haben (auch solche, die gar nicht so gemeint waren).
Falls Dich dieses Aufarbeiten der Biografie interessiert, wären ggf. zwei Bücher für Dich interessant:
Jutta Billhardt: "Hochbegabte - die verkannte Minderheit" ist eigentlich eine kommentierte Geschichte eines Jungen, der in den 70ern aufwächst und außer von seiner Mutter von keinem verstanden wird. Er muss halt immer dafür kämpfen, dass er angemessen lernen darf. Später kommen auch seine jüngere Schwester - Mädchen müssen nicht gefördert werden - und sein höchstbegabter jüngerer Bruder, der aber wohl noch andere, nicht genannte Probleme hat (sehr aufsässig, sehr abweichendes Denken) ins Bild.
Das Schöne an der Geschichte für Menschen, die von den Eltern oder dem Umfeld wenig Unterstützung erfahren haben, ist dass hier eine Löwenmutter am Werk ist, die das eigene Kind in den Mittelpunkt (aller) stellt. :wink:

Auch interessant zur Aufarbeitung der eigenen Biografie: Monika Reinsch: Hochbegabt oder gescheit gescheitert? Darin finden viele besonders Situationen aus der Schulzeit wieder.

Sehr gut sind beide Bücher von Andrea Brackmann: "Hochbegabt und hochsensibel" und "Leben als hochbegabeter Erwachsener". Im zweiten Buch kommen vor allem "gescheiterte" Menschen zu Wort, die ihre Hochbegabung erst spät entdeckten und sich oft lange für besonders dumm hielten.

Ich würde Dir empfehlen, Deinen Interessen zu folgen, egal, ob sie zum Studium, Beruf oder sonstigen bisherigen Leben passen. Oft "verbietet" man sich das sonst!

Interessant könnte als Herausforderung auch die Teilnahme an Gedächtniswettbewerben sein - es gibt immer wieder mal "Open", an denen dann jeder Neuling teilnehmen kann. Das wäre vielleicht mal ein Jahresprojekt.

Hier im Forum gibt es ja die Rubrik "Bücher", in der die Werke kommentiert werden. Joshua Foer hat z.B. einen Bericht über sein einjähriges Training für Wettbewerbe geschrieben, das ganz witzig zu lesen ist (Moonwalk mit Einstein). Auch Anleitungsbücher sind oft ganz hilfreich. Ansonsten gibt es auf memocamp auch ausführliche Anleitungen und man kann ein bisschen üben.

Ich würde mir parallel zu memocamp - wo man mMn besonders gut seine Routen einüben kann - empfehlen, täglich einen anderen Inhalt zu memorieren - aktuelle Nachrichten, Webseiteninhalte, Fachbuchartiekl, Sachbuchartikel, Lexikaartikel - was immer Dich interessiert. Man kann beim Allgemeinwissen anfangen, bei den Studieninhalten, beim Hobby, bei etwas ganz Neuem - es geht nur um die Übung.
Anfangs würde ich mir täglich eine halbe Stunde vornehmen, bewusst auch die verschiedenen Techniken üben, und den Fortschritt dokumentieren (wie viel lernst Du, welche Routen kannst Du gut, wo hapert es noch). Später kann man dann auch unterwegs mal versuchen, wichtige Begriffe zu merken, um ein bisschen die Stresssituationen in der Prüfung oder dem Wettkampf zu simulieren.

Auch das Thema Schnelllesen mag für Dich interessant sein; auch dazu gibt es im Forum viele Anregungen, Anleitungen und Tipps.

Ich hoffe, dass Du etwas findest, mit dem Du Dein Leben und auch Deinen "Geist" ausfüllen kannst - auch wenn das etwas abgehoben klingt :? : Viele Menschen haben erst mit ca. 30 oder 40 ihre wahre Berufung gefunden (Julia Child und Craig Venter fallen mir ein; es gibt aber noch viele andere). Egal, ob diese nun im beruflichen oder privaten Bereich lag. Sich selbst zu fördern ist immer gut und wenn man das routinemäßig tut und auch immer wieder Neues lernt, wird einem das später evtl. mal helfen, weil man im Alter, wenn Sinne und Möglichkeiten wegfallen immer noch die Möglichkeit findet, geistig und ggf. körperlich aktiv zu bleiben. Weil man auf viel mehr Erfahrungen als andere zurückgreifen kann (dies nicht zwingend nur als hochbegabter, aber vielseitiginteressierter Mensch).
Diesen Aspekt würde ich nicht unterschätzen, auch wenn er für Dich und viele Leser dieses Forum noch weit in der Zukunft liegt. :wink:

Bzgl. Depressionen: Das finde ich interessant, weil ich gehört habe, dass man bei Depressionen eher mehr schläft als wenig. Ein Thema, das gern übersehen wird, ist die Ernährung. Auch dazu findest Du etwas im Forum, Stichwort "Brainfood". Ansonsten kann es nie schaden, viel Frisches zu essen, vor allem Gemüse und Obst und viel Wasser zu trinken, ggf. auch andere Getränke (ich persönlich vertrage kein Koffein. Aber ein selbstgemachter Smoothie am Morgen gibt ziemlich gut Energie...).
Auch hierfür gibt es Listen mit "Wirkungsweisen" von Lebensmitteln, ein paar davon im Forum unter dem Stichwort "Brainfood".

Bzgl. Biorhythmus:
Man kann sich angewöhnen, täglich zur selben Zeit bestimmte Sachen zu machen. Natürlich ist es schwer, einzuschlafen, wenn man gerade geistig hellwach ist. Wie wäre es, statt abends zu memorieren, früher aufzustehen und morgens zu memorieren? Ich kenne eine Frau (online), die das anfing, weil sie zu wenig Zeit hatte (allerdings memorierte sie nicht sondern widmete sich einem anderen Hobby) und sich so angewöhnte, um halb fünf aufzustehen, obwohl sie erst um 7 Uhr hätte aufstehen müssen. In diesen zusätzlichen zweieinhalb Stunden schaffte sie vieles, auf das sie sonst hätte verzichten müssen und fuhr jedenfalls hellwach zur Arbeit (wie es abends aussah, sagte sie nicht). Sie ging dann um ca. 22 Uhr ins Bett.

Memorieren üben kann man aber auch immer mal zwischendurch, wenn man Leerlaufzeiten hat. Dafür kann man sich Listen im Handy speichern, auf Papier mitnehmen oder einfach ein Kartenspiel in der Tasche tragen oder eben das memorieren, was gerade vor einem ist (Gespräch, Zeitschriftenartikel, Schilder etc.).
Bzgl. Biorhythmus stelle ich fest, dass der Körper bestimmte Handlungen regelrecht verlangt, wenn man sie täglich zur gleichen Zeit macht; also muss man sich nur zwingen, täglich zur gleichen Zeit etwas zu tun.
Zum Müdewerden kann man ggf. auch Möglichkeiten finden, z.B. Sport am frühen Abend und Meditation oder etwas in der Art vor dem Schlafengehen.


LG
Frederica
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