Bei wem hält das Schnelllesen (>300WpM) schon lange an?

Wie funktioniert Schnelllesen? Welche Techniken gibt es? Wie kann man es erlernen?

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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Hm, also von der Seite betrachtet, dass das Textverständnis / die Erinnerung sich nicht vom normalen Lesen unterscheiden würde, wirkt das Versprechen der Schnellleser weniger übertrieben. So kam das bei mir aber nicht an, was wohl kein völlig unbeabsichtigter Zufall ist.

Ich störe mich allerdings am horrenden Preis, und dass der gerechtfertigt wird durch die versprochene Geschwindigkeitssteigerung, so als ob Lesen nur aus Lesen bestünde. Wir sind keine Datenleitungen mit einer Durchsatzrate, oder ein Festplattenspeicher oder ein Tonbandgerät.

Ich kann jetzt schon schneller "lesen" als verstehen, geschweige denn behalten, wobei ich mich ja hauptsächlich mit wissenschaftlichen Artikeln, Mathematik und medizinischen Lehrbüchern beschäftige, mir erscheint eine Steigerung auf über 1.000 WPM in diesen Gebieten nicht sinnvoll. Allerdings hat Speedreading bei mir dazu geführt, dass ich besser überfliegen kann, und das nutze ich vor allem beim Lesen von blogs. Mein Gehirn schaltet sich an der richtigen Stelle wieder ein ;-)
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Boris
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Beitrag von Boris »

Wenn jemand einen Spiegelartikel mit 300 WPM lesen kann, wird er beim medizinischen Lehrbuch oder einem Journalartikel ja auch viel langsamer sein. Meinetwegen schafft er dann noch 100 WPM.

Der Schnellleser schafft beim Spiegelartikel dann evtl. 1500 und beim wissenschaftlichen Artikel 400. (KEINE gemessenen Zahlen, plakatives Beispiel) - ist damit aber immer noch besser.

Und die Vorführungen von den englischsprachigen "optischen" Schnelllesetrainern Anne Jones, Vanda North oder Sean Adam finde ich schon gut dokumentiert.

@pat:
Einerseits Professoren vorzuwerfen, sie seien wohl nicht unabhängig wenn sie mit einem Schnelllesetrainer der viel Geld verlangt zusammen arbeiten - andererseits aber dokumentierte Vorführungen wollen. Passt irgendwie auch nicht. Wie gesagt, Herr Rösler arbeitet sehr intensiv an der wissenschaftlichen Dokumentation, schauen wir doch mal, was dabei raus kommt.
Pat
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Beitrag von Pat »

Hi Boris,

ist ja 'n richtig explosives Thema ... ;)

Prof. Musch wollte ich (habe das auch so geschrieben) natürlich in keiner Weise irgendetwas unterstellen, er weiß wahrscheinlich gar nicht, dass er auf diese Weise Teil einer werbenden Homepage für einen gewerblichen Anbieter ist.

Aus meiner Perspektive verhält es sich so: Wenn ich als Professor zusammen mit einer gewerblich tätigen Person schnelllesebezogene Literatur ausgewertet hätte, würde ich es nicht zulassen, dass dieser Umstand in einer Weise auf dessen Homepage zitiert wird, die zumindest nahelegt, ich würde dessen Fähigkeiten gutheißen oder besagte Person hätte sich durch die Zusammenarbeit mit mir erst die Fähigkeiten zumindest teilweise erworben.

Und das soll es doch heißen: Eine Art Qualitätsmerkmal: "Habe mit Prof. XY Literatur ausgewertet, --> deshalb besitze ich gewisse Fähigkeiten". Letztlich wird so der Name des Wissenschaftlers zum Teil der Werbung.


"Zusammenarbeiten mit einer Person bei der Auswertung der Literatur" und Werben mit dieser Zusammenarbeit sind aus meiner Sicht zwei verschiedene Dinge, und "Testen der Fähigkeiten dieser Person" ein drittes.

Ich habe ja auch überhaupt nichts gegen die wissenschaftliche Auswertung von Studien und deren Abgleich. Was Herr Rösler mit Prof. Musch da gemacht hat, war sicher fundiert und sehr gründlich (auch die Gliederung seiner Homepage und Auflistung der Studien deutet ja stark darauf hin).

Mir hat nur der Zusammenhang mit der Werbung nicht völlig gefallen. Auswerten ist sehr gut, Testen auch, deshalb, finde ich, ist der Widerspruch in meiner "Forderung" auch gar nicht soo groß.

Grüße,

Simon

P.S.: 100 Wörter in der Minute ist schon sehr langsam. Unter 200 lesen doch wohl die wenigsten, oder?
Phexx
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Beitrag von Phexx »

es geht ja auch nicht darum, jedes wort zu lesen.
Auch in fachbüchern ist viel information überflüssig für manchen leser.

Man darf dabei ja auch wechseltempo betreiben.. vorlesungen gucke ich meistens nur noch auf 3x Geschwindigkeit, und dann bremse ich eben, wenn mal eine komliziertere stelle kommt.

Damit kann ich dann bei der komplizierteren mehr zeit investieren, und die anderen verstehe ich trotzdem.
DivineTraube
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Beitrag von DivineTraube »

Boris hat geschrieben:Wenn jemand einen Spiegelartikel mit 300 WPM lesen kann, wird er beim medizinischen Lehrbuch oder einem Journalartikel ja auch viel langsamer sein. Meinetwegen schafft er dann noch 100 WPM.

Der Schnellleser schafft beim Spiegelartikel dann evtl. 1500 und beim wissenschaftlichen Artikel 400. (KEINE gemessenen Zahlen, plakatives Beispiel) - ist damit aber immer noch besser.
Das dürfte wohl äußerst unwahrscheinlich sein. Denn es zeigt gerade die schier unerklärliche Fehleinschätzung, dass Speedreading andere kognitive Fähigkeiten im gleichen Maße anhebt wie die Lesegeschwindigkeit. Wenn jemand in der Lage ist einen Spiegelartikel mit 300 wpm zu lesen, dann zeigt das: er kann prinzipiell 300 wpm aufnehmen. Warum schafft er das bei seinem medizinischem Lehrbuch nicht?
1. Griechische, lateinische und deutsche Fachtermini erschweren das Lesen auf Basis von Wiedererkennung - diese Wörter tauchen nur selten auf und können deshalb weder schlagartig wiedererkannt, noch gar in übergeordneten Chunks von mehreren Wörter gelesen und verarbeitet werden
2. Eine komplexe Thematik erfordert das Mitdenken, das Einsortierten und in-Beziehung-Setzen von bereits Gelerntem und Neuem sowie das Visualisieren neuen und alten Wissens. Beispiel [Huppelberg, J.; Walter, K.: Kurzlehrbuch Physiologie, 2. Aufl., S. 189]:
"Der proximale Tubulus [Erinnerung: was ist das, wo lieget der?] umfasst das proximale Konvolut un den dicken absteigenden Teil der Henle-Schleife [Visualisierung: wie passt es ins bisherige geistige Gesamtbild?]. Es spielt mengenmäßig die größte Rolle für die Rückresorption: ca. 2/3 der Wassers und des NaCl, 95% des Bikarbonats und praktisch 100% der filtrierten Glukose und Aminosäuren werden bereits hier isoosmotisch rückresorbiert [Memorieren: Zahlen für Stoffe merken; Verstehen: was bedeutet das, was impliziert hier isoosmotisch, etc.]"

Keine der vier kognitiven Leistungen die ich hier exemplarisch ergänzt habe, wird durch das Speedreading unterstützt, weder das Erinnern, das Visualisieren, das Memorieren noch das Verstehen. Die notwendige Konsequenz: können andere Texte auch noch so schnell gelesen werden, hier wird die Geschwindigkeit dennoch nicht die 100 wpm Marke überschreiten. Aber ich lasse mich auch gerne belehren, wie (und wenn ja, warum) kann das Speedreading eine der konkreten oben aufgeführten Leistungen unterstützen - für dieses konkrete Beispiel?
Phexx
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Beitrag von Phexx »

DivineTraube hat geschrieben:Wenn jemand in der Lage ist einen Spiegelartikel mit 300 wpm zu lesen, dann zeigt das: er kann prinzipiell 300 wpm aufnehmen. Warum schafft er das bei seinem medizinischem Lehrbuch nicht?
weil niemand einen zwingt alle Passagen gleich schnell zu lesen und der Anteil der komplizierteren Passagen im medizinischen Lehrbuch höher liegt. Trotzdem kann man bei den unkomplizierten Passagen im Lehrbuch zeit sparen.
Keine der vier kognitiven Leistungen die ich hier exemplarisch ergänzt habe, wird durch das Speedreading unterstützt, weder das Erinnern, das Visualisieren, das Memorieren noch das Verstehen.
Man gewinnt dafür andere hinzu, die man sonst nicht nutzt, wie den effekt, dass man wenn man zwei zeilen parallel liest, oft den inhalt der zweiten hälfte der oberen zeile schon nach der hälfte erschließt und diese dann nicht mehr gelesen werden muss.


Die notwendige Konsequenz: können andere Texte auch noch so schnell gelesen werden, hier wird die Geschwindigkeit dennoch nicht die 100 wpm Marke überschreiten.
Das hat natürlich überhaupt keine Gültigkeit, wegen der variablen Geschwindigkeit für unterschiedliche Passagen.

Interessant finde ich z.b. auch die variante die erste und letzte zeile eines absatzes jeweils langsamer und die mitte schneller zu lesen, da man mit anfang und ende eines absatzes häufig einen großteil der information des absatzes erraten kann. Dann muss man in der mitte nur noch nach schlüsselwörtern suchen und kann dabei zeit sparen.

Ich finde auch die Definition der nötigen Fähigkeiten bestätigend:

1. Erinnerung: Je nach Fachgebiet kann das fast komplett wegfallen. Wenn man einfach gar nichts über das Thema weiß, ist der Punkt gegessen.
2. Visualisieren: Beim Lesen nicht zwingend notwendig.
3. Memorieren: Beim Lesen nicht zwingend notwendig.
4. Verstehen: Und der Punkt hier hängt natürlich gewaltig vom Text und vom Leser ab. Je verständlicher der Text geschrieben ist, desto schneller gehts. Ansonsten finde ich nicht, dass es etwas mit der Lesegeschwindigkeit zu tun hat, wenn man vor einer Formel sitzt und über deren Bedeutung philosophiert.
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Beitrag von DivineTraube »

Aha, die Entkräftung lautet also in kondensierter und etwas polemisierter Form:
Erinnern, Visualisieren, Memorieren und Verstehen sind garnicht nötig, deshalb ist der Lesegeschindigkeit durch sie auch keine Grenze gesetzt.
Überzeugt mich nicht...
Du studierst doch wie ich denke Informatik, hier lies doch mal eines der berühmtesten und populärsten wissenschaftlichen Papers überhaupt: http://mesh.caltech.edu/taubin/publicat ... n-sg95.pdf, wenn du das mit 400 wpm lesen kannst, na dann, bist du entweder ein Halbgott oder der Autor :D
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Hm, ich glaube nicht das der proportionale Geschwindigkeitsgewinn bei einfachen Texten gleich dem bei schwierigen Texten ist.

Gerade aus der Präsentation die hier verlinkt wurde, erklärt sich warum: Die Wörter müssen sehr bekannt und sehr geläufig sein, einerseits für den Mosaikeffekt, andererseits um schnell genug denken zu können. Tryponosomen, Toxoplasmose oder Erysipelothrix sind zwar leicht verständliche Namen mit nachvollziehbarer Bedeutung, aber sie sind alles andere als geläufig, daher spart man nicht viel Zeit durch den Mosaikeffekt, den ich ansonsten sehr gerne ausnutze.

Zumindest bei mir nimmt das Lesen oder erfassen der Worte die wenigste Zeit in Anspruch. Ich habe den Eindruck, dass ich bei mehr verständnisorientierten Texten, wie wenn ich zum Beispiel (Bio-)Informatiker spielen will, wesentlich weniger Stichworte brauche und ein nicht geringer Teil des Fließtextes mehr zum Komfort beiträgt als 100%ig notwendig zu sein.

Mich interessiert also mehr die praktische Anwendung: Für welche Situationen ist Speedreading geeignet? Überfliegen und "scannen" bzw reine Berieselung sind ja offensichtlich. Aber wie sieht es aus mit Informationen, die eben nicht besser von einer Suchmaschine oder Filteralgorithmen ausgewertet werden sollten?
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Phexx
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Beitrag von Phexx »

DocTiger hat geschrieben: Mich interessiert also mehr die praktische Anwendung: Für welche Situationen ist Speedreading geeignet? Überfliegen und "scannen" bzw reine Berieselung sind ja offensichtlich. Aber wie sieht es aus mit Informationen, die eben nicht besser von einer Suchmaschine oder Filteralgorithmen ausgewertet werden sollten?
Genau darum gehts nämlich. Da ists doch beim schnelllesen genau wie der mnemotechnik. Die muss im Alltag auch so gut es geht mit dem "einfach so merken" und dem "verstehen" kombiniert werden, um optimale ergebnisse zu erzielen.

Deine Tryponosomen könnte ich ja zu überhaupt nicht zuordnen, ohne sie vorher zu wikin.. ich könnte aber vermutlich sehr wohl das buch zügig durchlesen und danach mehr wissen als vorher. Es ist ja auch die frage "wieviel genau braucht man aus dem buch?"

Häufig lohnt sich das schnell-lesen ja auch um sich kurz einen eindruck zu verschaffen.

@Divinetraube da hast meine Argumentation aber schlecht nachvollzogen. ;-) Ich studiere auch kein Informatik. Zu solchen Papers sagen ja viele "die muss man nicht einmal, sondern 10 mal lesen und sie dann ein paar tage weglegen und dann nochmal rangehen", die kann man schon mal speedreaden.. dann weiß man immerhin ein bisschen worums geht.
Viel interessanter sind aber gerade z.b. die Nachrichten, die sehr zügig gelesen werden können.

Wenn es halt auch mehr Text außen rum gibt. Man nimmt ja auch keine mnemotechnik, um sich eine ziffer zu merken.

Der Kerl, der sich die 68 binärziffern in 3 sekunden gemerkt hat in hamburg, hat dafür auch aufs speedreading gepocht. Ich meine er hat gesagt, er könne die in den 3 sekunden eben 8 mal lesen und dabei würde genug hängen bleiben.
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Wenn sich einer 68 Binärziffern in 3 Sekunden merken kann, dann steckt da aber noch ein bisschen mehr als Speedreading oder die bekannten Techniken dahinter. Oder verdammt viel Übung. Wenn ich mir soviele Binärziffern - ohne Technik - 8 mal, egal wie langsam, durchlese, dann bleibt davon nicht viel hängen.
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Phexx
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Beitrag von Phexx »

versuch die mal in 3 sek überhaupt zu lesen. ^^ Schon das ist nicht leicht.
Tron
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Beitrag von Tron »

Meiner Meinung nach muss man den Lesegegenstand trennen.

Einen Roman kann man sicher sehr schnell runterattern , auch mit Lesegeschwindigkeiten von 1000-2000 WPm oder mehr.
Das hat meiner Meinung nach, aber sehr nachvollziehbare Gründe:

Ein *Roman ist nicht sonderlich kompliziert und die meisten Handlungen weisen für unser Gehirn( das ja Mustererkennung ganz toll beherrscht) Ähnlichkeiten zu anderen Geschichten auf die wir kennen und unser Gehirn vervollständigt dann ( auch ein bekanntes Steckenpferdchen unseres Hirns...) oder ergänzt logisch.

Den selben Effekt hat man auch wenn man nur die Stichworte eines Textes liest (siehe Kusa Hibari - Tony Buzan für die denen das ein Begriff ist...) oder eine Mindmap anschaut.

Nun kann man den von mir benutzten Begriff *Roman durch "nicht sehr komplexe Texte" ersetzen.

Bei mir persönlich habe ich jedenfalls festgestellt, das ich auch mit sehr hohem WPM lese bei einfachen Kram, nur sind meine Uniskripte oder technischen Dokumentationen selten sehr einfach oder mir schon so gut bekannt das ich auf allzuviele Details verzichten könnte bei gleichem Verständnis.

Ergo - bei mir persönlich klappt es nicht -bei komplizierten Texten habe ich etwa 400 WPM mit sehr guten verständnis und ich lese sehr viel sonst hätte ich wahrscheinlich weniger :-)
Chris_Emc2
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Beitrag von Chris_Emc2 »

Frage: Wieviele Bücher und Stunden muss man in seinem Leben gelesen
haben um bei schwierigen Texten auf 400 WPM zu kommen?
Oder bist du einfach nur "hoch intelligent" ?

Gruß,
Chris_emc²
zachdavis
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AW: Bei wem hält das Schnelllesen (>300WpM) schon lange a

Beitrag von zachdavis »

Es ist meiner Erfahrung nach tatsächlich oft so dass - trotz eines nachweislichen Erfolgs im Seminar bspw. (wobei immer die Frage ist, wie gemessen wird) - nach ein paar Tagen oder Wochen kaum noch ein positiver Effekt vorhanden ist. Die schlechte Nachricht: Ja, man muss üben. Die gute Nachricht: Man übt ohnehin im beruflichen bzw. studentischen Alltag so gut wie jeden Tag. Das ist wie bei jedem Thema so. Wer in ein Rad-Trainingslager fährt, hat – sofern es denn ein gutes Trainingslager war – einen positiven Effekt. Wer derjenige dann aber nicht mehr oder nicht mehr so gut trainiert, lässt der Effekt im Laufe der Zeit auch wieder nach. Auch beim Speed Reading ist es so.
Um eine konkrete Antwort in Form von Zahlen zu nennen. Normale Steigerungen mit wirksamen Übungen, ausgehend von bspw. 150 bis 200 Wörtern pro Minute, sind im Bereich einer Verdopplung bis Verdreifachung des Tempos bei gleichem Verständnis. 300 bis 500 Wörter pro Minute sind also keine Seltenheit. Wenn man bspw. nach 6 Monaten nachfragt, reichen die Aussagen von „bin wieder in den alten Trott zurückgefallen“ bis zu „ich profitiere jeden Tag mehr davon“
Zach Davis
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Sokron
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Beitrag von Sokron »

Was mich bei der Diskussion etwas verwundert ist die reine Beschränkung der Skeptiker auf eine Technik des Schnelllesens. Relevanter ist jedoch m.E. die Frage nach den stattfindenden Prozessen und Veränderungen im Gehirn. Mit dem Phänomen der sog. Neuroplastizität kann wohl jeder (sportliche) Anwender von Gedächtnistechniken etwas anfangen. Hierbei handelt es sich um neuronale Anpassungsprozesse, also stabilere synaptische Vernetzungen mit schnelleren Zugriffszeiten durch das Training (bei regelmäßiger Anwendung). Das Gehirn funktioniert (fast) wie ein Muskel und passt sich dem Reiz an.
Weshalb sollte das beim Speed Reading anders sein? Ganz ohne Hexenwerk ;-)
"Ein ungeübtes Gehirn ist schädlicher für die Gesundheit als ein ungeübter Körper."
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zachdavis
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Schneller lesen lernen: Technik oder Trainingssache?

Beitrag von zachdavis »

Ohne die Einflussfaktoren im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung isoliert zu haben, gibt es meiner intensiven Beobachtung nach drei Einflussfaktoren in Bezug auf die Leseeffizienz einer Person:
1) Genetische bzw. natürliche Voraussetzungen
2) Die Technik(en)
3) Übung
Ich bin sicher, dass alle drei Faktoren eine Rolle spielen - wie bei nahezu jeder anderen Spitzenleistung auch. Ob im geistigen oder sportlichen Bereich. Wenn jemand einer der besten Tennisspieler der Welt wird, dann passiert das nicht ohne angeborene Voraussetzungen, eine sehr gute Technik und extrem viel Übung mit den beiden erstgenannten Faktoren.

Hinzu kommen natürlich noch zeit- (Konzentration) und textabhängige Faktoren (schwer verständlich, fremdes Thema?), die ich hierbei außen vor lasse.
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Beitrag von Sokron »

Das ist richtig, aber m.E. nur ein Teil des Ganzen. Natürlich spielen Lese-Intelligenz und Übung eine wichtige Rolle. Des Rätsels Lösung liegt aber wissenschaftlich betrachtet nicht in der causa, sondern in der Reaktion auf das Training. Das Speed Reading Training setzt einen Reiz, der - sofern nach richtigen Parametern trainiert - ein Wachstum im neuronalen Netzwerk zur Folge hat. Es verändert sich also nicht nur die technische "Software", sondern eben auch die neuronale "Hardware".
Zuletzt geändert von Sokron am Mi 25. Mai 2011, 16:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Pat »

Es liegt uns Skeptikern fern, solch interessante Dinge wie die neuronale Plastizität zu vernachlässigen ;).

Deine Argumentation beruht ja auf folgenden Schlüssen:

- Es gibt neuronale Plastizität

- Es gibt Tätigkeiten, bei denen diese wirkt (Training von Gedächtnistechniken)

- Also sollte sie auch beim Speed Reading wirken.

Der letzte Schluss ist aber kritisch, weil eine Vergleichbarkeit vorausgesetzt wird.

Zwar liegt es nahe, von einer Art Gewöhnung des Gehirns an das Tempo auszugehen wie sich etwa auch Musiker an ein bekanntes Stück gewöhnen und es darum ohne "Click" mit der Zeit tendenziell immer schneller spielen. Das liegt aber an der Reproduktion aus dem Gedächtnis, an der fehlenden Überraschung. Speed Reading soll ja auf neue Texte wirken und die Fähigkeiten der Informationsaufnahme erhöhen. Natürlich kann es da vergleichbare Effekte geben, andererseits aber auch nicht. Unser Denken ist eben einfach oft nicht komplex genug, um solche Dinge in der Vorstellung zu simulieren und dann zu argumentieren, es müsse so sein. Deshalb sage ich: Mag sein, es sollte dann aber auch dargelegt werden. Ohne eine solche Darlegung ist es letztlich nur eine Art Glaube, über dessen wahrscheinlichen Wahrheitsgehalt dann lediglich ansatzweise diskutiert werden kann.

Also: Demonstrieren und vorher klar definierten Bedingungen, alles andere ist eher sinnlos und anecdotal evidence, der nicht weiterbringt. Kann ja wohl nicht zu schwer sein, so etwas nachzuweisen, vielleicht sollte man einfach mal eine Speed-Reading-Meisterschaft mit einem klar definierten Regelwerk veranstalten, da können die ganzen Kursleiter und Experten zeigen, was sie können.
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Sokron
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Beitrag von Sokron »

Guter Einwand. Ich spreche jedoch nicht von einem Gewöhnungseffekt oder einer Art Wiedererkennung - denn das ist es so weit ich weiß bei Gedächtnistechniken und beim Lernen allgemein auch nicht - sondern ich spreche von festen synaptischen Verbindungen, die dann entstehen, wenn das biochemische Signal intensiv und lange genug repetiert wird. Nachzulesen bei Eric Kandel, der u.a. für den Nachweis der Neuroplastizität den Nobelpreis erhalten hat, ebenfalls erforscht von Michael Merzenich et. al.

Das bedeutet m.E., dass es sich sowohl beim Lernen, als auch beim Lesen - egal auf welche Weise - nicht bloß um die Anwendung einer Technik, sondern stets auch einen Reiz handelt. Sonst müssten auch beim Lernen bestimmte Inhalte kontinuierlich wiederholt werden, damit man sie nicht vergisst. Das wäre aber unvereinbar mit beispielsweise Wissensmengen, wie CAIROS sie memoriert. Das geht nur dadurch, dass diese ins Langzeitgedächtnis wandern, was ja neurologisch nichts anders ist als eine feste synaptische Verbindung statt einer biochemischen Befeuerung durch Neurotransmitter.
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Beitrag von moneybunny »

Hallo zusammen,
ich bin erst seit kurzem hier im foren. ich hab zu hause speedreading von tony buzan. und damit über fleißig. bei mir klappt das schon ganz gut. mir ist auch egal, ob das wissenschaftlich nun belegt werden kann oder nicht. hauptsache es funktioniert, und bei mir tut es.

ich wünsch euch noch einen schönen sonntag!
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