Der 500 Zeichen memory stunt von Matteo Ricci (Chinesisch)

Hierein gehört alles was die Geschichte und Methoden der Mnemotechnik betrifft. Z.B. Was ist die Geschichtenmethode? Was sind Routen? Des Weiteren geht es auch um die historische Betrachtung und Analyse der Mnemotechnik.


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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Es gibt keine scharfe Grenze zwischen "stupide" Lernen und "intelligent" lernen, dass sind zwei völlig subjektive Begriffe. Ich drücke mich bewusst kürzer aus, vermeide persönliche Angriffe, ausschweifende Literaturzitate und Literaturanspielungen.

Trotzdem lese ich was andere Forenmitglieder schreiben, und sei es auch noch so lang und ausschweifend und umständlich beschrieben. Andererseits scheint hier jemand nicht ganz mitzubekommen, was ich mehrmals betont habe.

Nochmal Klartext: 4C nix Hauptmethode, nur Hilfsmittel!!

Und damit ist das Thema zu Ende beschrieben. Ich habe die Technik beschrieben, ich habe erklärt wozu sie gut ist. Ich habe keinerlei Problem damit wenn sie niemand benutzen will.
Lerntechnik Praxis: http://bit.ly/8ONmbS
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

DocTiger hat geschrieben:Nochmal Klartext: 4C nix Hauptmethode, nur Hilfsmittel!!
Ich fasse zusammen, was ich glaube verstanden zu haben:
(1) Die eigentliche Lernmethode (= Hauptmethode) trägt die Bezeichnung "brute-force".
(2) Das 4-Corner System gilt als empfehlenswerte Alternative zum KangXi System ("gerade für die ersten Jahre").
(3) Wenn es darum ginge, den Matteo-Ricci stunt zu können, bietet sich vor allem und in erster Linie (wenn nicht gar: einzig und allein) das 4-Corner System an.
(4) Ein ausgearbeitetes Beispiel dafür, wie letztlich die Verknüpfung "Zeichen - 4Corner - mnemotechnisches Bild" aussehen soll, existiert nicht, aber doch eine gewisse Ahnung, wie es aussehen könnte.

Zu (2) hatte ich argumentiert, dass die 4C-Methode die Zeichen als vollkommen (=100%) willkürliche Zusammensetzung von Zeichenbestandteilen analysiert und daher vollkommen an ihrer Konstruktion vorbeigeht. Sie verwandelt ein sinnvolles Konstrukt in einen geordneten Scherbenhaufen. Das KangXi System dagegen ist ein weitgehend sinnvolles System, welches der Konstruktion der Zeichen entspricht.

Man nehme als Beispiel etwas uns Vertrautes wie z.B. ein Auto und überlege sich eine n-Eck Methode unter Ignorierung von Begriffen wie "Motor" und Karosserie". Der arme Alien, der noch nie ein Auto gesehen hat und dem wir nun die "Autos" per n-Eck-Methode beibringen!

DocTiger hat geschrieben:Es gibt keine scharfe Grenze zwischen "stupide" Lernen und "intelligent" lernen, dass sind zwei völlig subjektive Begriffe.
Da bin ich zunächst einmal sprachlos.
Zuletzt geändert von Ulrich Voigt am Do 13. Nov 2008, 17:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Ulrich Voigt
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:1. um eine Vorstellung von dem Umfang der Aufgabe zu geben
2. um eine Anregung zu geben, diese 500 Zeichen auswendig zu lernen
3. weil Ricci den ersten Satz dieses Kapitels in seiner Xiguo jifa behandelt, das heißt, er gibt eine genaue Anleitung, wie man sich diesen Satz merken kann. Man kann also seine Anleitung verwenden und sie weiter führen (siehe Lackner, Kapitel V, Festlegung von Wissensstoff, S. 49)
Zu 1. Ja, das ist wirklich eine eindrucksvolle Aufgabe!
Zu 2. Nein, daraus wird nichts, denn wir wären dem nicht gewachsen. (Es sei denn, man kennt die dahinter verborgene Geschichte ..., das entspräche aber nicht mehr dem Matteo-Ricci stunt).
Statt dessen schlage ich vor, dass wir die ersten 20 (= 2 x 10) Zeichen nehmen und nach der Merhode Riccis konstruieren. Zum Vergleich könnte Doc Tiger mit der 4-Corner Methode dasselbe herstellen.
3. Dazu gehört noch Lackner S. 30: "Hat man derartige Überlegungen kurzfristig anzustellen und kann sich nicht eines Vorbildes bedienen [...], so stellt man ordentlich eine Reihe zusammen und fasst die Bezeichnungen der Schriftzeichen zusammen. Für jeweils bis zu zehn Örter so eine Bezeichnung - so merkt man sich auf einmal zehn Schriftzeichen. Man merkt sich darauf, wieviele Zehnereinheiten, also wieviele "Bezeichnungen" es waren, um eine bessere Übersicht zu behalten und alle ijn Verbindung miteinander setzen zu können."

Ricci setzt also ein loci-System voraus, das aus Abteilungen besteht, die jeweils bis zu 10 Zeichen aufnehmen können.
Ich denke dabei an so etwas wie die Döbelschen Stuben, etwa (1) = Eingang, (2) = rechte Wand, (3) = hintere Wand, (4) = linke Wand, (5) = Mitte. Dann hätte ein Raum 5 Bilder. Denkt man sich das Haus zweigeschossig, enthält es 10 Bilder.
Klaus Horsten
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben: Zu 2. Statt dessen schlage ich vor, dass wir die ersten 20 (= 2 x 10) Zeichen nehmen und nach der Merhode Riccis konstruieren.
Ja, das Gleiche wollte ich eben auch vorschlagen. Ricci sicherlich, aber auch sagen, wie man selber es versuchen würde.
Zuletzt geändert von Klaus Horsten am Do 13. Nov 2008, 20:20, insgesamt 1-mal geändert.
Klaus Horsten
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Klaus Horsten »

Kongzi in [i]Lunyu[/i] hat geschrieben:1 子
2 曰
3 學
...
Hier ist es so, dass die Chinesen das " '...', sagte er ..." immer an den Anfang eines Satzes gestellt haben. Sie haben immer gesagt: "Er sagte: ..." Nie in der Mitte oder "..., sagte er". Das kommt erst in der neueren Literatur vor.

Zi yue ist fast wie ein Mantra - es kommt dauernd vor. Dauernd heißt es: zi yue, also "(Konfu)zius sagte: ..."

Ich würde mir das einfach merken: Anfang: zi yue. Nichts verbildlichen, ich brauche keine loci dazu, einfach zi yue.
Kongzi in [i]Lunyu[/i] hat geschrieben:3 學
4 而
5 時
6 習
7 之
8 不
9 亦
10 說
11 乎

12 有
13 朋
14 自
15 遠
16 方
17 來
18 不
19 亦
20 樂
21 乎
Ich kann den ersten Satz sowieso auswendig (sorry for cheating!). Der ist so berühmt, den konnte wohl jeder der Literati. Davon bin ich überzeugt (ohne es nachweisen zu können).

xue er shi xi zhi bu yi yue hu
lernen und oft üben, ist das nicht eine Freude?!

und

you peng zi yuan fang lai bu yi le hu
wenn es einen Freund gibt, der aus der Ferne kommt, ist das nicht ein Glück?!

Die beiden Sätze sind gleich gebaut. Beide enden in einer Interjektion. Beide wiederholen dieselbe Satzstruktur.

... etwas tun, Beschreibung, dann bu yi plus Glückliches plus Ausrufer. So könnte man etliche Sätze bilden. So sind etliche Sätze gebildet worden in den Beamtenprüfungen, in den "Achtfüßigen Aufsätzen". So könnte ich selber viele andere Sätze bilden wie z.B. yong xiguo jifa ji zi bu yi le hu?! "Die westliche Merkmethode zum Zeichenlernen verwenden, ist das nicht ein Glück".

Und hier sehe ich genau einen Grund, weshalb Ricci keinen Erfolg hatte - er hatte in dem Buch nicht so gedacht, wie ich eben denke. Ich habe in einem Posting vorher schon spekuliert, dass er aufgrund seiner rhetorischen Bildung sehr wohl so gedacht hat, aber im Buch steht es nicht.

Seine Lehrmethode ermöglichte es nicht, in den Beamtenprüfungen besser zu sein mit Mnemotechnik. Was er lehrt, sind die chinesischen Zeichen und die Art und Weise, sie atomistisch zu verorten. Die Zeichen können die gebildeten Chinesen schon. Sie sind nicht mehr an ihrer Erlernung interessiert. Und die Verortung hilft ihnen nicht, den Anforderung in den Prüfungen zu genügen.

Was Ricci lehrt, ermöglicht nicht den syntaktischen Aufbau und das partielle Ersetzen der Zeichen. Es ermöglicht nicht die Musterbildung, so wie ich es gerade gemacht habe, so dass man sagen kann: nach diesem Muster nun könnte man viele andere Sätze bilden.

Nun zurück zum Beispiel. Ich bin da noch ohne Loci - xue er shi xi zhi ... you peng zi yuan fang lai ... - das würde ich mir so merken (nicht in einem stunt natürlich), sondern wenn ich das auswendig lernen wollte. Mein Anhalt wäre die syntaktische Struktur, der Aufbau dieses Parallelismus.

Ich würde mir denken: Anfangs Parallelismus - irgendetwas tun, dann er, dann Verneinung mit yi, dann etwas Glückliches, dann ein Ausrufer. Und inhaltlich: erster Satz "lernen", zweiter Satz "Freund aus Ferne" - dann würde ich versuchen, es bei der Wiedergabe inhaltlich zu übersetzen.

Ich könnte die Zeichen nicht rückwärts. Ich könnte nicht sagen, welches Zeichen das 12., welches das 18. ist. Das konnte Ricci aber auch nicht auf Anhieb (nur nach Nachzählen).

Bei 500 Zeichen würde ich bald die Ordnung verlieren. Was kommt zuerst? Was kommt danach? Die Loci-Technik müsste ins Spiel kommen. Aber ich könnte vielleicht in größeren Blöcken verorten, nicht 1:1 jedes Zeichen je einem Ort zuordnen.

Aber wir haben ja noch gar nicht eingehend besprochen wie Ricci es machen würde ...

Und doctiger, vielleicht hast auch Du Lust, ein wenig zu experimentieren.
Klaus Horsten
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Ich denke dabei an so etwas wie die Döbelschen Stuben, etwa (1) = Eingang, (2) = rechte Wand, (3) = hintere Wand, (4) = linke Wand, (5) = Mitte. Dann hätte ein Raum 5 Bilder. Denkt man sich das Haus zweigeschossig, enthält es 10 Bilder.
Da ich auch mit den Döbel'schen Stuben experimentiert habe, würde mich sehr interessieren, wie das gehen könnte.

In diesem Entwurf haben wir ja nur zwei abstrakte Räume, leere Tableau-Mnemonik, welche eigentlich eine überwundene Stufe in der Geschichte der Mnemotechnik darstellt. Bei 2 Stuben geht das noch, aber bei 20 verliert man den Anhalt aufgrund der geometrischen Abstraktheit.

Im Zentrum der Döbel'schen Mnemotechnik steht das mnemonische Abc und nicht die Verortung in den Stuben.

Wir haben also beispielsweise

1 Aaron künstelt ein güldenes Kalb.
2 Äneas trägt seinen Vater auf dem Rücken.
3 Abimelech rutscht die Krone herunter.
4 Adonis blutet und ein Röschen entsteht.
5 Augustus fährt im Triumphwagen.

6 Bartel holt den sauren Most.
7 Benedikt predigt in der Kirche.
8 Bileam reitet auf dem Esel.
9 Boas steigt auf eine Boa.
10 Buddha meditiert im Lotussitz.

An der ersten Wand die ersten 5 in Form eines M positioniert, die zweiten 5 an der zweiten Wand wieder in Form eines M positioniert.

Würde uns das weiter helfen? Könnten wir so die ersten 10 Zeichen memorieren?

Oder sollten wir die chinesischen Bilder lebendig werden lassen, immer zu jedem Bild eine Person dazu tun, so dass also je 5 Personen in einem Raum zu stehen kommen. Wird das dann nicht zu einem Meer von Personen? 500 Personen, ein Massenauflauf?

Z.B. 學 xue "lernen" ist ein Student. "Ein feiner junger Schüler bei der Betrachtung seiner Bücher" wäre das Bild von Ricci. Der ist also vor der ersten Wand.

Was mich stört, ist, dass die Räume völlig abstrakt sind. Es gibt keinen Anhalt. Döbel'sche Stuben sind abstrakt. Ihre Konkretion bekommen sie durch das mnemonische Abc. Und diese Verbindung ist so lose, dass sie Aretin, wie wir wissen, überhaupt völlig über Board geworfen hat und nur noch das Abc benutzt hat.

Ist dieser Entwurf irgendwie rettbar?

Gibt es darin etwas, das weiter hilft?
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Ulrich Voigt
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben: Ich kann den ersten Satz sowieso auswendig (sorry for cheating!). Der ist so berühmt, den konnte wohl jeder der Literati. Davon bin ich überzeugt (ohne es nachweisen zu können).
Aus diesem Grund ist die gesamte Wortliste verfehlt. Sie entspricht nicht dem Matteo-Ricci stunt.
Um hier festen Boden unter die Füße zu bekommen sehe ich vor allem zwei Möglichkeiten, Entweder stellen wir aus den Beispielen, die ja bei Lackner zahlreich ausgeführt sind , eine Zufallsliste her und können dann die fertigen Bilder Riccis einsetzen, oder wir nehmen die vorliegende Liste und permutieren sie, so dass der Bezug zu einem vorgegebenen Sinnzusammenhang verschwindet. Wir müssten uns dann zutrauen, hier und da Bilder "im Stile Riccis" herzustellen.
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Ulrich Voigt
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben: leere Tableau-Mnemonik, welche eigentlich eine überwundene Stufe in der Geschichte der Mnemotechnik darstellt.
Das ist ein sehr kategorisches Urteil. Ich wäre vorsichtiger. Ricci äußert sich warnend über die "ganz unwirklichen Setzungen", aber nur für den "Anfänger". Wenn jemand lange und klug mit solchen Gebilden umgeht, wer weiß, was ihm dann damit ales möglich ist? Wir könnten uns das vor dem Hintergund einer Zeichenliste ja mal ausmalen, müssten uns aber zunächst auf eine geeignete Wortliste einigen.
Klaus Horsten
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben:stellen wir aus den Beispielen, die ja bei Lackner zahlreich ausgeführt sind , eine Zufallsliste her und können dann die fertigen Bilder Riccis einsetzen
Das wäre wohl das vielversprechendste Verfahren.

Wie ich gesagt habe: Ich glaube nicht, dass die Zeichen in Riccis stunt völlig zufällig waren.

Wenn man zufällige Zeichen nimmt, zerstört man den Sinn der Sätze und der Sprache überhaupt. Man zerstört damit auch das Verfahren, das ich angewendet habe.

Aber man kann natürlich solche Laborbedingungen schaffen, in denen absichtlich nur zufällige Zeichen genommen werden.

Ja, nehmen wir 20 Zeichen aus Ricci her und versuchen sie zu verorten.
Klaus Horsten
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Klaus Horsten »

Klaus Horsten hat geschrieben:leere Tableau-Mnemonik
Ich meine damit einzig und allein ein leeres geometrisches Muster wie etwa 9 leere Quadrate.

Ich müsste wohl schreiben "Leeres Tableau"-Mnemonik, dann wäre es unmissverständlicher.
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Ulrich Voigt
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass die Zeichen in Riccis stunt völlig zufällig waren.
Die überlieferte Beschreibung gibt doch nur Sinn, wenn die Zeichenabfolge zufällig war. Andernfalls hätte Ricci schreiben müssen: "Ein Text von der und der Länge". Er schrieb aber von "so und so vielen (einzelnen) Zeichen". S. 30 Lackner passt dazu.
Sich einen (sinnvollen) Text von dieser Länge auf Anhieb zu merken, hätte vieleicht auch der eine oder andere Chinese gekonnt. Ricci wollte etwas vorführen, was in China eben niemand konnte. Das ist ihm nach meiner Einschätzung auch gelungen.
Für Ricci war der stunt ein Mittel dazu, die Chinesen an westlicher Gedankentechnik zu interessieren. Ricci war kein Gedächtnissportler; der stunt war kein Selbstzweck. Man kann ihn allerdings aus dem engen historischen Rahmen (des Jahres 1595) herausnehmen und heute als Disziplin des Mentalsports vorschlagen.
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Wenn man zufällige Zeichen nimmt, zerstört man den Sinn der Sätze und der Sprache überhaupt. Man zerstört damit auch das Verfahren, das ich angewendet habe.
Nicht unbedingt. Denkbar wäre es doch, dass ein sinnvoller Satz zu den zufällig vorliegenden Zeichen improvisiert wird.
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Ulrich Voigt
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben: Ja, nehmen wir 20 Zeichen aus Ricci her und versuchen sie zu verorten.
Ich habe Schwierigkeiten, die Zeichen hierher zu übertragen, schlage also vor, dass Du die Auswahl vornimmst. Auf Seite 42-45 Lackner gibt es ja genügend viele.
Klaus Horsten
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben: Aus diesem Grund ist die gesamte Wortliste verfehlt. Sie entspricht nicht dem Matteo-Ricci stunt.
Klaus Horsten hat geschrieben:[Ich habe diese Wortliste gewählt,] weil Ricci den ersten Satz dieses Kapitels in seiner Xiguo jifa behandelt, das heißt, er gibt eine genaue Anleitung, wie man sich diesen Satz merken kann. Man kann also seine Anleitung verwenden und sie weiter führen (siehe Lackner, Kapitel V, Festlegung von Wissensstoff, S. 49)
Sie ist nicht verfehlt.

Wir haben hier Unbestimmtheiten und Übergänge.

Unbestimmtheiten: wir wissen nicht mit Sicherheit, wie die Stunts abgelaufen sind.

Übergänge: Es interessiert uns wohl nicht nur der Stunt, sondern vielleicht sogar mehr noch die Frage, wie wir 500 chinesische Zeichen - chinesische Sätze - so auswendig lernen können, dass wir sie sicher über lange Zeit beherrschen.

Für mich zum Beispiel lohnend wäre es, manche Sätze von Laozi mit mir im Geist herum zu tragen. Dieses Ziel zu ermöglichen, darin sehe ich den Sinn dieser Diskussion für mich.
Klaus Horsten
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Re: ~500 Zeichen

Beitrag von Klaus Horsten »

Ulrich Voigt hat geschrieben:Schwierigkeiten, die Zeichen hierher zu übertragen
Ja, so einfach ist das nicht. Ich werde mal schauen, ob es den chinesischen Text nicht irgendwo im Internet gibt. Dann kann man einfach kopieren.
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Hier, generell, das finde ich sehr gut: http://www.primezero.com/chinese/find.p ... C2%BB&tm=1

Hier kann man die Aussprache eingeben z.B. wu2 und bekommt dann das chinesische Zeichen. Damit dürften wir zurecht kommen. Wenn man das Zeichen gefunden hat, markieren und herein kopieren.

Hier in http://www.webmemory.org/list.asp?id=1217 findet sich Lackner 37ff. ab "Das Bild zweier gleichzeitig ..." bis zum Ende des Kapitels:

如兩物俱有,則象以實昼;或有事無物,則因實記虛;或體用相因,或源流相求,或假人而為用,或取錯綜而起義,或取譬況以成奇,大都活象為妙,故用人居多。如記圭璧冕旒以王侯,記高車儀從以卿相,記金鼓旗幟以將帥,記峨冠繡服以仕宦,記巾履青衿以生儒,記甲胄、干戈、弓矢、白刃以士卒,以珠冠、金鳳、翠鈿、霞帔以命婦,記穀以倉,記酒以樽,記金以囊,記錢以撲滿,記衣服以箱篚,記羞饌以俎豆,是皆實之實者也。記農以耜、以耒,記漁以竿,以綸,記匠以斧、以鋸,記陶以範、以模,記書生以筆墨,記傭工以畚鍤,記皰丁以刀案,記機杼、剪尺、緘線以婦人,此以藝業與其器具互相成實者也。記德則以有德之人,記富則以聚財之人,記天文則以精習玄象之人,記善則以樂善好施之人,記醉則以耽酒之人,記走則以徒步之人,此借人之實而記事之虛也。記視以目,記聽以耳,記嗅以鼻,記啖以口,記言語以舌,記喜怒以顏,記燃以炬,記焚以薪,記登陟以階梯,記游泳以舟楫,記馳騁以騏驥,記盤桓以林壑,記燕樂以壺觴、簫鼓,記威武以棨戟、營壘,記舂以臼,記搗以砧,記吹以笙篁,記彈以琴阮,記汲以瓶索,記轉以轆轤,記采以筐籯,記烹以釜錡,記擊以缶築,以拍以串板,記治以君,記化以民,記忠以臣,記孝以子,記敬以弟,記信以友,記別以夫婦,記貞烈以婦女,此因體而識用者也。記目以采色,記耳以管弦,記鼻以珍香,記口以甘脆,記手以扇,記足以舄,記燈燭以光明,記幾席以憑座,記君以臨軒宣政,記臣以朝謁奏對,記父以立庭訓子,記子以恭愉侍養,記夫以其妻舉案而敬事,記妻以其夫親迎而至門,記兄弟以其友愛怡怡,承歡堂上,記朋友以圖書筆硯相與討論,記兒童以橎鞀竹馬,記仆婢以井灶箒箕,此因用而識體者也。記雪雨以雲,記江湖河澤以泉,雲泉其源也。記動以風,風其本也。記果核筍乾以茂林修竹,記穀種以嘉禾,林竹、嘉禾者也。記官名,如尚書、侍郎、都禦史、都督、布政司、按察使、留守、都指揮,則以所知某人曾登是職;記地名,如府、州、縣、驛,則以所知某人,曾任知府、知州、知縣、驛丞;記姓氏,則以習知之人,而人之姓名字型大小,皆可取其一字或二字,記之為象,此而借用者也。記父以子,記子以父,記伯叔以從子,記從子以伯叔,記祖以孫,記孫以祖,記兄以弟,記弟以兄,記夫以婦,記婦以夫,記師長以弟子,記弟子以師長,記主人以仆隸,記仆隸以主人,記男子以女人,記女人以男子。如求其異,則記長以短,記大以小,記纖以巨,記寡以多,記妍以媸,記惡以善,記素以采,記文以樸,此取錯綜對待以用之也。

記聖人以麟鳳,記君以龍,記宰相以鼎鼐,記執法以鷹,記卿寺以棘,記將士以虎豹熊羆,記士大夫以鵷鷺,記父以椿,記母以萱,記父子以鶴、以喬梓,記兄弟以鴻雁、以棠棣,記夫婦以鴛鴦、以連理枝,記朋友以黃鳥,記賢人君子以美玉,以蘭蕙、菡萏,記進士以杏林,記舉人以丹桂,記隱逸以鹿、以菊,記醫以橘井、以杏林,記武夫以雉,記山野之人以小草,記婦女以奇葩豔卉,此則取世之譬況而用之者也。至若因實具之物兼形質以成象,或迭本象以成象,或合數象以成象,或參象意而成象,複有難於作象,乃因有形之物,稍損益之以成其象,則知天下無不可象之之字,亦在乎善權巧變也與!有如毛衣為表,皮箕為簸,木臼為桕,木禽為檎,王冊為珊,玉豕為琢,石鬼為塊(塊),犬骨為猾。衣、箕、臼、禽、冊、豕、鬼、犬,形也;毛、皮、木、石、玉、骨,質也。又老女為姥,少女為妙,金童為鍾,長弓為張,巨矢為矩,斗米為料,色絲為絕,舟方為舫,文木為枚,大目為具,扁人為偏,七刀為切,九首為馗。老、少、金、長、巨、鬥、色、方、文、大、扁、七、九,形也;女、童、弓、矢、米、絲、舟、木、目、人、刀、首,質也。是皆以一物兼形質而成象者也。有如兩木為林,重山為出,並月為朋,疊火為炎,三心為惢,三木為森,三口為品,三耳為聶,三日為晶,三貝為贔,三牛為奔,三羊為昼,三犬為猋,三女為奸,斯則以重疊本象而成象者也。有如人犬為伏,人牛為件,魚羊為鮮,魚禾為穌,金帛為錦,木帛為棉,刀圭為刲,刀貝為則,耳舌為聒,矢豆為短,瓜角為觚,犬馬為馱,口耳絲為緝,竹門日為簡,斯則合數象而成一象者也。及記休以人倚木立,記楙以矛豎林中,記輦以二夫挽車,記憃杵臼舂心,記褭以駿馬披衣,記輠以露車載果,記壟以龍蟠土阜,記翔以羊生羽翼,記梟以鳥棲古木,記蠱以蟲承巨皿,記雷以方田受雨,記器以犬張四口,記妒以女當戶旁,記竄以鼠窺垣穴,記麄以鹿分兩段,記昼以羔炙於鬲,記渥以屋臨水昼,記鸂以鳥飲溪邊,記鳴以鳥舒其喙,記告以牛哆其口,記解以牛角掛刀,記闖以馬立門中,記矮以女戴禾而執矢,記萌以日月蓡草而同光,斯又參象以意而成象者也。所謂難作象者,如記“每”字則母頭戴帽,“災”字則以火上張蓋,“午”字牛斷其頭,“幹 ”字羊截其角,“昼”字龜縮其首,“方”字房撤其戶,“什”字老人手攜藜杖,“亞”字惡人割去其心,斯又以形與意損益本體而成象者也。
更有一法,乃以兩象合為一體,取其前半為音,後半為韻,以翻切字法,區而識之。如人首獸身,或蟲首禽身,或人與禽獸昆蟲,凡一切動植有形物類,交互其體,而各半之。前段之象出切,後段之象行韻。依法翻切成字,記其象則憶其切,憶其切則憶其字矣。其記愈為簡便,其理愈為精妙。是以人首羊身,取人羊切攘;鐵釘釘雞,取釘雞切低;狗身馬頭,取馬狗切畝,魚首人身,取魚人切訚;鵝頭龜體,取鵝龜切巍;人額上猴,取額猴切漚;飾錦於筆,取筆錦切稟;貂後狐前,取貂狐切殽;玉質斧形,取玉斧切禹;蒲中居鼇,取蒲鼇切炮;豬困於筌,取豬筌切旃;獅而象牙,取獅牙切撒;烹羔於鼎,取羔鼎切影;野人殺麝,殺麝切實;豹張兩翼,豹翼切必;獐生長尾,則獐尾切旨。其妙難以形容,此則取兩象之音韻合為一字之翻切,其法固不可勝用,第音韻多同,雖切得其聲,未審其字,則於上下文義融會貫通以求之,庶無差訛之患。又有不可不知者,凡預料諸象,概以人之活象為上,其餘物之死象為次,故字字必求死活二象,鹹備目中,以應其用。如記裘,先以所知姓裘之人為活,繼以毛裘為死;記算,先以所知善算曆法之人為活;繼以算盤為死;記鳳,先以所知之人名鳳者為活;繼以丹鳳獨立為死;記劍,先以所知之人好舞劍者為活,繼以寶劍出匣為死。如記數目,則以先知行一之人,行二以至行九行十者當之,又以某百戶為百,某千戶為千,某萬戶為萬。萬戶即今指揮,或以所知姓萬之人,皆活象之例也。記一以橫栓、簽擔、鐵棍、長戈。記二以撓鉤、鋼叉、象牙、牛角、兔耳;記三以三眼神槍、鼎足、心星。記四以農家四股穫叉,或棋枰四角方棱。記五以掌開五指,或五峰筆架。記六以棱觚六角,或六合圓帽。記七以瑤琴七弦。記八以鹿角八叉。記九以斑簫九節,箏鳴九弦。記十以十字木架,或兩掌並張。此為死記之例也。惟數字連記者最為要法,又另詳後篇.

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Man muss jetzt nur noch heraus kopieren.
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Man muss jetzt nur noch heraus kopieren.
Zunächst einmal zwanzig einzelne Zeichen in zufälliger Reihenfolge:

1 學 (= lernen): ein feiner junger Schüler bei der Betrachtung seiner Bücher steht da und lernt.
2 亞 (= böse): ein böser Mensch (惡), dessen Herz (心) herausgeschnitten ist.
3 萌 (= Sprossen): Sprossen von Gräsern (草), die auf Sonne (日) und Mond (月) wachsen und mit ihnen leuchten.
4 矮 (=Zwerg): eine zwergwüchsige Frau (女), die Korn (禾) aufgeladen hat und in der Hand einen Pfeil (矢) hält.
5 時 (= Zeit, Jahreszeit): die Sonne, die vor einem Tempel leuchtet: und ein Mensch betrachtet die regelmäßige Form des Tempels im Sonnenglanz, an der sich die Jahreszeiten zeigen.
6 簡(= Dokument): ein auf Bambus (竹) geschriebenes Dokument hängt an einer Tür (門) und glänzt in der Sonne (日).
7 緝 (= Fahndung): Der Steckbrief eines Menschen, nach dem man fahndet: Man erkennt den Gesuchten daran, dass er seinen Mund (口) und sein Ohr (耳) mit einem Seidenfaden (絲) verbunden hat.
8 姦 (=Ehebruch, Unzucht): Drei Frauen bei einem recht unzüchtigen Ehebruch.
9 亦 ein Mensch, der sich eine Lanze über die Schulter gelegt und seine Seiten mit Gewichten behängt hat („auch das noch!“).
10 馗 (= Kreuzweg): Neun (九) Köpfe (首) sind aufgehängt, so dass sie aussehen wie ein Kreuzweg.
11 切 (= schneiden): hier hängen sieben (七) Messer (刀), mit denen man sich gar leicht schneiden kann.
12 猾 (= verschlagen): Ein Hundeknochen: „Im Umgang des Hundes (犬) mit seinem Knochen (骨) zeigt sich seine Verschlagenheit“.
13 琢(= Steine polieren): Ein polierter Jade (玉)stein in der Form eines Schweins (豕).
14 表,(= Pelz): Ein Kleidungsstück (衣) aus Fell (毛).
15為簸 (= Staubkorb): Ein Korb (箕) aus Leder (皮), in dem Staub gesammelt wird.
16 林 (= Wald): Zwei Bäume (木) aus dem Wald.
17 出(= hervorkommen): Ein Doppelberg. Aus dem unteren Berg (山) kommt ein zweiter Berg (山) hervor.
18 伏(= Hinterhalt): Ein Mensch (人) liegt mit seinem Hund (犬) im Hinterhalt.
19 件(= Sache): Ein Mensch (人), falls er sich anstellt wie eine Kuh (牛), ist nur eine Sache („ist so eine Sache“).
20 休 (= Ruhe, Muße): Ein Mensch (人) lehnt sich gegen einen Baum (木) und genießt seine Ruhe.

Ich habe die Beispiele aus den unterschiedlich strukturierten Beispielblöcken Riccis gemischt.

Dazu muss gesagt werden, dass Riccis Bilder einfacher waren, da sie den Bezug zur Bedeutung ignorieren, den ich hier durchgehend betont habe. Aus seiner Beschreibung geht hervor, dass er z.B. bei Nr. 7 nur Mund, Ohr und Seidenfaden benötigt, sein Bild wäre also der Seidenfaden, an dem ein Mund und ein Ohr hängen oder ein Mensch mit einem Ohr-Mund, der einen Seidenfaden in der Hand hält o.ä. Damit kann man sich ran die Formn des Zeichens erinnern, und das genügt. Es wird hier nämlich vorausgesetzt, dass man das Zeichen schon "lesen" kann. Dieser Punkt machte Lackner bei seiner Übersetzung gewaltig zu schaffen.

Man sieht weiterhin, dass die Riccianische Analyse der Zeichen z.T. sehr willkürlich ist und gelegentlich zu einem durchaus unangemessenen Verständnis führt, z.B. Nr. 17, das tatsächlich mit 屮zu tun hat.
Klaus Horsten
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Beitrag von Klaus Horsten »

Das muss man einzeln durchgehen. Und man darf sich nicht nur an die Übersetzung halten, sonst versteht man nicht genau, wie es gemacht wird.
Ulrich Voigt hat geschrieben:1 學 (= lernen): ein feiner junger Schüler bei der Betrachtung seiner Bücher steht da und lernt.
Matte Ricci hat geschrieben:秀學童立觀書冊為“學”字
秀學童 = feiner Lern-Junge
Ricci wiederholt in der Definition das Definiendum. Aber das macht nichts. Im Gegenteil. Es muss so sein. Die Frage ist, wieso es ein Junge ist. Die Antwort: der untere Teil von 學 ist 子 und das ist der Junge. Wieso ist der Junge "fein"? Ich weiß es nicht. Der Junge steht da 立 und betrachtet die 書冊, wohl eher die 書 und die 冊, eher zwei verschiedene Dinge als einfach nur die "Bücher". 書 ist auch der "Brief" und 冊 sind die Bambusstreifen, auf denen die Schrifzeichen geschrieben waren, aufgeschnittene Bambusrohre, mit Schnüren zusammen gebunden. Wieso liest der Junge diese 冊? Weil 冊 so ähnlich aussieht wie der obere Teil von 學.

Ricci entnimmt dem Zeichen 學 zwei Elemente für sein Bild: zuerst braucht er eine handelnde Person, deshalb ist der Griff gleich da zu 子, dem Jungen. Nun braucht er ein Objekt der Handlung, das findet er - geleitet durch die Bedeutung des Schriftzeichens 學 - in dem oberen Teil in der Ähnlichkeit zu 冊. Und nun nimmt er die Bedeutung von 學 als die Handlung dieser Szene und schmückt sie aus: ein Junge steht da und liest eindringlich gepinselte Notizen und Bücher in Bambusstreifenform.

Die Frage ist: Reicht diese Erklärung aus? Oder gibt es im Hintergrund noch einen anderen Sinn, der hier mitbestimmend ist, den vielleicht Wieger offenbart. Was meinst Du?

Wo würden wir dieses Bild hinpositionieren? Wie würdest Du den ersten Punkt der Route gestalten?
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Wieso ist der Junge "fein"? Wieso die "Bücher"?
-vielleicht eine Anspielung auf die schlanke Struktur des Zeichens 子.
- Der obere Teil von 學 sieht mit etwas Phantasie aus wie ein Bücherregal voller Bücher. Das halte ich für eine vollkommen freie Konstruktion Riccis, die keinerlei tieferen Anspruch erhebt.
Die Botschaft Riccis lautet: Man kann sich immer ein Bild machen, das hilfreich ist. Dabei ist linguistische Richtigkeit oft, ja, regelmäßig, hilfreich, sie aber nicht bindend. Bei Bedarf kann man sich vollkommen beliebige Dinge ausmalen.
Klaus Horsten hat geschrieben:Wo würden wir dieses Bild hinpositionieren? Wie würdest Du den ersten Punkt der Route gestalten?
Geduld!
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Ulrich Voigt
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Beitrag von Ulrich Voigt »

Klaus Horsten hat geschrieben:Hier in http://www.webmemory.org/list.asp?id=1217 findet sich Lackner 37ff.
Leider, was man beim ersten Hinschauen nicht bemerkt, enthält der Text an einigen Stellen einen Punkt statt eines Zeichens. Offenbar war es nicht gelungen, die von Ricci benutzten Zeichen alle zu finden. Ixh habe damit auch keinen Erfolg gehabt. Z.B. " Kleidung + Pferd" (= "Rad. 145 + Rad. 187"). Ich habe dementsprechend um diese Beispiele einen Bogen gemacht.
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