Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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Carica
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Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Beitrag von Carica »

Hallo liebe Brainboarder,

wie der Titel schon sagt, habe ich ein größeres Projekt vor, namentlich mein Physikum. Ich studiere Tiermedizin - auf DocTiger und seine Seite bin ich hier schon gestoßen, das war schon mal sehr hilfreich. Was ich suche sind Verbesserungsvorschläge oder Tipps, wie ich meine Idee leichter umsetzen kann. Ich entschuldige mich schon mal für die Textlänge und danke allen, die sich die Mühe machen zu antworten.

Das Problem:

1. Ich habe Prüfungsangst bei mündlichen Prüfungen. Leider nicht nur in der Form, dass ich halt mal ne Nacht schlecht schlafe, sondern ich schlafe schon ab 2 Wochen vorher schlecht (wir haben grob alle 4 Wochen Prüfung + die eigentliche Prüfungsphase nach dem Semester), dazu kommen Verspannungen, Kopfschmerzen und diverser anderer unerfreulicher Kram. Mit am unerfreulichsten ist aber, dass ich bei jeder (!) Prüfung einen Blackout habe. Resultat in Anatomie: von 5 Testaten 2 mit Hängen und Würgen bestanden, 2x durchgefallen, einmal nicht angetreten.

2. Ich bin eine absolute Auswendiglern-Niete, was in Verbindung mit dem Tiermedizinstudium die mieseste Kombination seit Röhrenjeans in Stiefeln ist. Einzig Gedichte und Songtexte kann ich mir merken, alles andere, auch nicht fachliche, wie Namen, Geburtstage oder schlicht "ich muss noch beim Zahnarzt anrufen" wird gnadenlos vergessen.

3. Jegliches "du musst jetzt lernen" führt inzwischen dazu, dass sich alles in mir zutiefst sträubt, weil: Bringt ja nichts und an Prüfungen denken macht mich irre. Im Gegensatz dazu kam es NACH Prüfungen schon vor, dass ich plötzlich dachte "eigentlich ist der Stoff total interessant, das will ich mir unbedingt noch mal angucken."

4. In knapp einem Jahr werde ich 5 große Prüfungen im Abstand von ca. einer Woche hintereinander ablegen. Am Beispiel von Anatomie bedeutet das: um die 200 Muskeln mit Ansatz, Ursprung, Innervation, Funktion + sämtliche Organe mit Aufbau und Funktion + sämtliche Knochen mit jeweils bis zu 20 Knochenpunkten + Körperhöhlen + sämtliche Arterien, Venen, Nerven, Lymphbahnen + Gelenke mit Bändern.. Also richtig viel Spaß.

Alles zusammen hat mich inzwischen so weit, dass dringend was passieren muss - sonst muss ich dieses Studium, an dem ich sehr, sehr hänge, aufgeben.


Der Lösungsansatz:

1. An der Prüfungsangst werde ich in einer Therapie arbeiten, das ist schon die die Wege geleitet und läuft.

2. Beim Auswendiglernen möchte ich, und deswegen bin ich hier, auf Gedächtnistraining setzen. Zwar bin ich blutiger Anfänger (Prinzipien der Techniken wie Loci oder Mastersystem sind mir bekannt), erste Experimente haben mir aber gezeigt, dass mir diese Arbeit sehr liegt. Einen Mini-Gedächtnispalast, den ich vor einigen Wochen mal gebaut hatte, kann ich heute noch problemlos abrufen und ein Test von vorgestern mit 1x10 und 1x12 Punkten auf der gleichen Route konnte ich heute (getrennt voneinander) wieder reproduzieren. Mir ist klar, dass das weiteren Trainings bedarf, aber ich fand es schon mal recht eindrucksvoll - und nebenbei hatte ich noch Spaß ;)

3. Gegen mein Lern-Aversions-Problem möchte ich auch mit einem Tipp aus dem Forum angehen: Statt mir 4 Stunden vorzunehmen werde ich mit Zeiten anfangen, die noch kein Sträuben hervorrufen - und danach auch wirklich Feierabend machen, und wenn es nur 15 Minuten waren. Außerdem werde ich die Achtsamkeitsmeditation mal antesten, damit die Gedanken auch wirklich beim Thema bleiben.

4. Planung ist da wohl alles, da könnte ich noch etwas Hilfe brauchen. Ich muss im kommenden WS noch 3 Anatomie-Testate ablegen, von denen ich 2 bestehen muss, wenn ich keinen Zeitverzug haben möchte (und da der große Probleme machen kann, möchte ich das verhindern). Das Thema werden hauptsächlich Siten (=Körperhöhlen) sein, die ich mit Stichpunkten auf Routen angehen würde.

Das Physikum ist erst Ende des nächsten Sommersemesters, da habe ich also noch knapp ein Jahr zeit. Da ich aber viele Wiederholungen brauchen werde, damit das Ganze auch sitzt, muss ich wohl eher früh anfangen (zumal ich im 4. Semester noch 2 kleine Testate jede Woche haben werde). Bisheriger Plan: Für die Muskeln wollte ich auf DocTigers Datenbanktechnik setzen, Organe und Siten würde ich mit Stichpunkten auf je einer eigenen Route planen, Gelenke + Plexus + Knochen(-gruppen) bekommen ebenfalls je eigene Routen.

Meine Routen werden wohl reale sein, da ich hoffe, dass mir der Einstiegspunkt bei den Prüfungen den roten Faden gibt, den ich brauche, um den Blackout zu verhindern.


Erste Fragen:

Als erstes wäre natürlich die Frage: Haltet ihr das für machbar? Zu verlieren habe ich nichts, so wie es momentan läuft, habe ich nicht die geringste Chance da durch zu kommen. Aber es sind eben extrem viele Informationen und ich bin nicht so sicher ob mein Hirn auch schon weiß, dass es unbegrenzt Speicherplatz hat ;) Das Studium bedeutet mir viel und ich bin durchaus bereit da einiges an Arbeit reinzufeuern, wenn ich merke, dass es was hilft (kleinere Rückschläge mit inbegriffen).

Danach geht's schon etwas in die Details, auch wenn da sicherlich noch mehr kommt, wenn ich erst mal angefangen habe. Probleme sehe ich bisher z.B. bei Arterien, da die sich natürlich verzweigen und damit schwer auf eine Route zu bringen sind. Außerdem frage ich mich, ob man bei zu viele Routen nicht irgendwann durcheinander kommt? Ich habe etwas Bedenken, ob ich später rekonstruieren kann, dass die Leber z.B. in Omas Bad liegt - oder sollte es reichen, wenn ich mir dazu ein entsprechendes Bild mache? Nicht, dass ich mir da noch ein Blackout-trächtiges Ei ins Nest lege. Machen viele kleine Routen und damit kleinere Aufteilung des Stoffes überhaupt Sinn? Momentan stelle ich mir z.B. vor, dass meine Wohnung das Vorderbein wird. Dann gibt's im Bad die Schultermuskulatur, Ellenbogen im Wohnzimmer, Karpalgelenk im Arbeitszimmer, ...


Ich bin für jede Meinung und Anregung sehr dankbar. Wenn es von Interesse ist, kann ich auch gern ein bisschen dokumentieren, was für mich wie klappt - vielleicht hilft das anderen, die ein ähnliches Problem haben. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie weit man mit diesen Techniken im praktischen Alltag kommt.


Viele Grüße,
Carica
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Hey danke für das Lob. Du schaffst das schon.

Ich glaube bei Prüfungsangst ist weniger die Prüfung das Problem als die Reaktion darauf, das geht nicht einfach durch "rationalisieren" weg, denn sie ist einfach Irrational. Eine Therapie, vielleicht sogar mit Medikamenten ist der richtige Weg, und je schneller das wirkt, definitiv desto besser.

Von wegen Platz in Locitechniken... ich habe einen Gedächtnispalast in Minecraft gebaut und bei Youtube hochgeladen, unter anderem Zitratzyklus, Plexus brachialis und Gehirnnerven. Aber das ist natürlich nur praktisch, wenn man Minecraft gerne spielt ;-)

Ansonsten gibt jeder Universitätscampus locker 2-400 Punkte her. Dann Praktikumsstellen, Arztpraxen, Sportstätten... Es gibt genug Routen, solange man sich so wenig Mühe beim "definieren" macht, wie möglich. Eine Route muss nicht perfekt sein. Die Kombination schlechte Route mit schlechten Bildern ist immernoch besser als perfekte Route mit perfekten Bildern, wenn man dann nicht fertig wird....
Carica
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Beitrag von Carica »

Hi DocTiger,


deinem nicht-Aufschrei entnehme ich schon mal, dass das Vorhaben zumindest nicht unmöglich ist ;)

Was die Prüfungsangst betrifft: ich weiß, dass die irrational ist - trotzdem schaltet mein Hirn tagelang auf Mammut-Angriff beim Gedanken daran. Medikamente sind vorerst nicht eingeplant (abgesehen von Baldrian + Johanniskraut, das wirkt schon ganz gut), ich versuchs erst mal mit Gesprächen. Vielleicht hilft es mir auch wirklich mit der Loci-Technik einen Startpunkt zu haben und damit die Blackout-Angst ein Stück weit in den Griff zu kriegen.

Deinen Video-Kanal kenn ich, habe mir wegen der Verzweigungen gerade noch mal dein Plexus brachialis Video angeschaut. Habe ich das richtig verstanden, dass du dich einfach von oben nach unten vorgearbeitet hast? Das könnte bei den Arterien ja auch funktionieren, zumal der Name ja auch meistens auf den Ort hinweist.

Wegpunkte finden wird spannend, da mag ich bisher Wohnungen. Aber ich denke, wenn man mit offenen Augen durch die Gegend geht, wird da noch mehr auffallen. Außerdem hat hier jemand mit Monkey Island experimentiert - da ich die Lucas Adventures blind mit der Nase auf der Maus durchspielen kann, wäre das auch eine Möglichkeit.

Aber wenn ich dich schon mal da hab :twisted: : Du kennst den Stoff. Wie würdest du das zeitlich angehen (auch unter Berücksichtigung, dass ich Anatomie/Biochemie/Physio Testate ja auch während des Semesters habe)? Gerade, weil du eigentlich kein Fan von ewigen Lernzeiträumen bist, würde mich deine Ansicht da interessieren. Mein Ansatz wäre: x Routen pro Tag oder Woche bauen und die dann in größer werdenden Abständen (quasi Leitner-mäßig, bin mir noch noch wegen der Abstände unschlüssig) zu wiederholen.

Und macht es Sinn für gleiche Strukturen immer gleiche Bilder zu verwenden oder gibt das im Gegenteil Verwechslungsgefahr? Beispielsweise werde ich den N. radialis ja zwangsläufig mehrfach auf meiner Vorderbein-Route haben (es sei denn, ich ordne nach Nerv).


Viele Grüße,
Carica
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the.enormous.crocodile
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Beitrag von the.enormous.crocodile »

Doc Tiger verwendet oft den Begriff vortragsorientiertes Lernen. Wenn ich ihn da jetzt richtig zitiere, meint er damit zu einem bestimmten Schlüsselwort einen Vortrag halten zu können.

Es werden dir sehr bald die Routenpunkte ausgehen. Gerade bei so riesigen Stoffmengen. Daher sollte man mit den Routenpunkten sehr sparsam umgehen. Und auch durchaus seinem Gehirn zumuten den Bereich um einen Routenpunkt "auswendig" zu können.

Um Wiederholung kommt man meiner Meinung nach sowieso nicht herum.

Eines kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Du willst das Studium auf keinen Fall aufgeben. Auf der anderen Seite ist das Lernen aber irgendwie negativ behaftet bei dir. (mein Eindruck)

Aber eigentlich geht es dir ja nur um die Prüfungssituation. Das Lernen der Tiermedizin macht dir schon Spaß oder?
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Beitrag von DocTiger »

Ja genau, vortragsorientiert ist wichtig, dadurch kann man bei zusammenhängendem Stoff viel Punkte sparen...

Ansonsten funktioniert die Locitechnik auch für Arterien. Es gibt eine "sinnvolle" Reihenfolge der Arterien, wenn man sie zum beispiel erklären will. Solange man kein Bauchredner ist kann man eh nur eine Arterie auf einmal nennen.

Ich glaube die meisten Arterien/Venen wurden nicht abgefragt, also möglichst genau nachfragen was verlangt wird. Es bringt nichts, den ganzen Nickel auswendig zu können. Witzigerweise werden verrückte Details im Physikum gefragt wie "Bursa ovarica beim Rind", während kleine Arterien oder Nerven im Kopf eher nicht gefragt werden.

Damals hab ich das noch nicht so extrem gekonnt. Aber das erste ist mal, sich auf ein Testat vorzubereiten und dann für das nächsten Testat die Routen zu überschreiben. Man will nicht alles behalten. Beim Physikum ist man dann wesentlich weiter, hat mehr Routen und braucht weniger Punkte weil man das alles schon mal gemacht hatte.

Das mit dem Leitnersystem würde ich lassen, das überfordert Dich nur. Ich würde mich exakt auf die nächste Prüfung vorbereiten, meistens hat man in einer Woche maximal drei Testate, also macht komplizierte Wiederholung keinen Sinn. Man wiederholt "nach Gefühl" so dass die Routen sitzen. Gerade wenn man die Bilder schon mal gebaut hat, dann ist die Wiederholung sehr einfach und fix.

Bei diesem Ansatz ignoriert man also konsequent das Wissen des letzten Testats (sofern es nicht abgefragt wird), Wiederholung für die wichtigsten Themen gibt es automatisch ständig in den nächsten Jahren und für "alles" gibt es eine Wiederholung vorm Physikum. Die Prüfungen sind nicht so sehr dazu da, die Leistung eines Studenten abzuschätzen sondern zu garantieren dass er lernt. Gerade Noten aus mündlichen Prüfungen halte ich für extrem "suspekt".
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Beitrag von Carica »

the.enormous.crocodile hat geschrieben:Eines kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Du willst das Studium auf keinen Fall aufgeben. Auf der anderen Seite ist das Lernen aber irgendwie negativ behaftet bei dir. (mein Eindruck)

Aber eigentlich geht es dir ja nur um die Prüfungssituation. Das Lernen der Tiermedizin macht dir schon Spaß oder?
Inzwischen macht das Lernen keinen Spaß mehr, egal wie interessant das Thema ist, die Uni verleidet es mir einfach gewaltig. Ich habe gar nicht die Zeit etwas wirklich zu lernen, zu verstehen und nachzuvollziehen, weil ich es einfach nur möglichst schnell und möglichst vollständig ins Hirn prügeln muss. Du kennst den Witz mit dem Telefonbuch? Das ist näher an der Realität, als einem lieb sein kann. Verständnis interessiert in diesen Fächern keine Socke.


@DocTiger
Bei uns wollen sie alles wissen, gern auch Dinge, die gar nicht gelesen wurden, weil die Zeit nicht ausgereicht hat. Es kommt immer schwer auf den Prüfer an, aber wir haben da echte "Spezialisten", die jeden Arterienfitzel hören wollen. Ist einfach extrem vom Prüfer abhängig - auf See und im Anatomietestat bist du bei uns in Gottes Hand. Zudem sind sie dank Doppeljahrgang auch ziemlich am Rausprüfen (es wurden schon letztes Jahr deutlich mehr Leute zugelassen). Normalerweise schmeißen insgesamt 10% das Studium, bei uns haben sich jetzt schon 30% nicht mehr zum Vorphysikum angemeldet, die meisten davon haben aufgegeben.

Und bei deinem Zeitplan fehlt mir irgendwie das Physikum ;) Das ist nicht ein paar Jahre hin, sondern in ziemlich genau 9 Monaten geht's los und dann im Abstand von einer Woche Tierzucht/Genetik - Physio - Biochemie - Histo/Embryo - Anatomie. 2 Wochen vor den Prüfungen ist das letzte Anatomietestat, von 8 Testaten sind ohnehin noch 6 offen (für die nicht-Tiermediziner: das, was ich für die 8 Testate lernen muss, ist zusammen der Physikumsstoff für Anatomie). Daher die Idee die Routen eben nicht zu überschreiben, sondern zu wiederholen. Ich gebe zu, dass eine Woche Lernzeit für das komplette Anatomiephysikum für mich eher nach Nürnberger Trichter mit Druckbetankung klingt ;) Unterschätze ich diese Techniken wirklich so extrem oder schwätzen wir aneinander vorbei?
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Beitrag von DocTiger »

Das eine was ich immer wieder sage ist, dass praktisch jeder am Anfang (ich übrigens auch) den Fehler macht, zu wenig Routen zu haben. Einfach hundert Routen planen, selbst wenn sie nicht perfekt sind, Hauptsache man macht sich genug davon.

Das andere mit dem Überschreiben setzt vorraus, dass die Routenzuordnung das ist, was wir wollen oder dass diese Speicherung permanent ist. Doch dass ist eben nicht so. Wenn ich zum Beispiel trainiere, dann kann ich dieselbe Route an einem Tag zwei oder dreimal überschreiben, danach wirds anstrengender. Am nächsten Tag weiß ich vom Training nix mehr. Ich weiß, dass es bei manchen anders ist, viele sagen sie können eine komplette Wettbewerbsdisziplin noch Tage später vollständig runterbeten....

Aber wie dem auch sei, es geht ja nicht darum, die Routenzuordnung zu behalten. Schau dir an, welche Aspekte bei dieser Methode anstrengend sind: Das Speichern auf einer Route ist nicht wirklich anstrengend, aber das Finden von Bildern ist eine kreative Anstrengung mit all den merkwürdigen Effekten von denen "kreative Künstler" ein Lied von singen können. Letztlich wenn du am Tag 100-200 Bilder erfindest machst du Witz- und Lyrikproduktion am Fließband.

Das schöne ist aber, dass die Bilder bleiben. Wenn du einmal auf ein gutes Bild für ein bestimmtes Wort kommst, dann brauchst Du das nächste Mal wenn du dieses Wort speichern willst noch weniger Zeit. Vielleicht brauchst du für die Knochen der Schultergliedmaße beim ersten Mal "speichern" ein paar Stunden, aber ein paar Monate später wenn du sie nochmal speichern willst, dauert es vielleicht eine halbe Stunde.

Ich denke man sollte Routen nicht länger als ein oder zwei Wochen fest halten. Wenn eine "Wiederholung" später angedacht ist, zum Beispiel beim Physikum, dann kann man den Stoff sehr bequem neu ordnen. Man weiß die Reihenfolge bereits und man weiß die Bilder schon... der Rest ist vergleichsweise einfach.

Noch ein netter Nebeneffekt dieser neuen Anordnung: Man hat einen Teil ins Langzeitgedächtnis verfrachtet, das Gehirn hat sich weiterentwickelt und nun brauchen wir weniger Punkte für denselben Stoff, oder wir steigen noch tiefer in die Details ein.

Man kann zwar versuchen Memotechniken exakt wie einen Computerspeicher zu benutzen, aber das geht gegen die Natur des Gehirns und des Gedächtnisses. Mehrfach "neu" speichern ist einfacher und effektiver.

Ich sehe kein Problem damit, den Blick nur auf die nächsten Prüfungen zu setzen. Ich finde, dieses ganze Auswendiglernen, so sinnlos es erscheinen mag, bereitet das Gehirn auf den Umgang mit medizinischen Informationen vor, und wir kennen einfach keine Alternative, die angenehmer oder "effizienter" ist. Es setzt ein Trainingseffekt ein. Zum Beispiel wenn man Dr. House ansieht, stellt man über die Jahre fest dass man den Ausführungen plötzlich folgen kann, eben weil das Gehirn an medizinische Begriffe, anatomische und physiologische Zusammenhänge gewöhnt ist und damit so effektiv umgehen kann wie ein Eskimo mit seinen 40 Wörtern für Schnee.
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Beitrag von DocTiger »

Ja sorry, der Mythos mit den 40 Wörtern für Schnee klingt halt toll, stimmt aber nicht ;-)
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Beitrag von Carica »

DocTiger hat geschrieben:Ja sorry, der Mythos mit den 40 Wörtern für Schnee klingt halt toll, stimmt aber nicht ;-)
Ich hab keinen Ton gesagt ;)
DocTiger hat geschrieben:Das schöne ist aber, dass die Bilder bleiben. Wenn du einmal auf ein gutes Bild für ein bestimmtes Wort kommst, dann brauchst Du das nächste Mal wenn du dieses Wort speichern willst noch weniger Zeit. Vielleicht brauchst du für die Knochen der Schultergliedmaße beim ersten Mal "speichern" ein paar Stunden, aber ein paar Monate später wenn du sie nochmal speichern willst, dauert es vielleicht eine halbe Stunde.
Gut, wenn dem so ist, kann eine Woche für Anatomie vielleicht wirklich reichen - wenn ich konsequent mit Routen und Bildern arbeite, werden mir ja nur 2 Testate fehlen und der Rest müsste sich recht einfach rekonstruieren lassen. Bei Histo/Embryo und Tierzucht/Genetik dagegen werde ich ziemlich bei 0 anfangen müssen, weil ich da bisher keinen Grund hatte zu lernen.

Aber da könnte ich ja so tun als ob ich zu Thema x eine Klausur schreiben müsste und "spaßhalber" Routen anlegen, deren Bilder ich dann vor der Prüfung weiterverwursten kann. Wäre jedenfalls deutlich weniger Aufwand als meine Variante (worüber ich nicht unglücklich wäre :oops: ).

Die ersten Tests gestalten sich jedenfalls spannend, die 22 Wörter von Montag kann ich immer noch (und ich hoffe, ich werde JEMALS wieder in den Badezimmerspiegel gucken können ohne alte Socken zu riechen :mrgreen: ) und die Geschichtentaktik funktioniert für Chemie auch nicht übel (wobei ich da den Vorteil habe, dass ich vieles verstanden habe und nicht auswendig lernen muss). Auch wenn meine Lerngruppe glaube ich langsam für den Exorzisten spart, weil ich grinsend über irgendwelchen Carbonsäuren brüte..

Allerdings kann man denke ich über den Sinn des Auswendiglernens in der Menge streiten. Ich habe schon eine (human-)medizinische Ausbildung und kann House damit bisher gar nicht so schlecht folgen ;) Dafür habe ich nie bewusst irgendwas auswendig gelernt - das war interessant, ich hatte extrem nette Dozenten und quasi nur die Abschlussprüfung als Leistungsnachweis. Folglich hat es wirklich Spaß gemacht sich das anzuhören und es blieb deutlich mehr hängen als momentan (obwohl wir je nach Dozent auf Uni-Niveau gelernt haben), wo ich nach 10 Minuten Vorlesung gedanklich sonstwo bin. Ein gutes Beispiel dafür, was Einstellung, (wenig) Druck und Lernumgebung ausmachen können - und genau da will ich so gut es geht wieder hin.
Carica
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Beitrag von Carica »

Da ja hier öfter mal nach Praxisanwendungen gefragt wird, will ich mal einen Zwischenbericht abgeben.

Heute hatten wir ein Anatomietestat für das ich mich ausschließlich mit Loci-/Master-/Geschichtentechnik vorbereitet habe. Die Erfahrungen sind verhalten positiv (bestanden hab ich jedenfalls ;) ), allerdings habe ich viele Fehler begangen, die ich beim nächsten Mal umgehen werde. Mein Vorgehen:

Routenpunkte
Meine Routenpunkte waren 3 reale Wohnungen mit unterschiedlicher "Punktdichte". Die aktuelle Wohnung hatte 20 Punkte pro Raum, alle anderen 10. Ansonsten habe ich noch 1 virtuelle Wohnung gebaut (Everquest 2 unterstützt das Housing und ist dahingehend auch sehr variabel - allein mein Schreinerlein kann um die 2000 verschiedenen Möbel bauen plus Questbelohnungen - und da sag nochmal einer, Computerspielen wär sinnlos ;) )

Insgesamt waren es immerhin 300 Punkte, auf die ich zum großen Teil mehrere Informationen gepackt habe (was nicht immer klug war).

Vorgehen
1. Stichwortliste aus dem Anatomiebuch übernommen, angefangen sie auf Routen zu bauen - und dann festgestellt, dass ich so nie vortragen würde/könnte. Also noch mal.
2. Stichwortliste aus den Buchtexten erarbeitet, angefangen sie auf Routen zu bauen - und dann festgestellt, dass den Kram irgendwie keine Socke wissen will. Und wieder von vorn.
3. Vorlesungsfolien geschnappt, aus dem Buch ergänzt, Liste auf Routen gepackt - passt.

Ergo: Beim nächsten Mal erst denken, dann bauen. Insbesondere, wenn ich bereits belegte Routen geändert habe, war das *nicht* lustig.

Zeitmanagement
Siehe oben - böse Falle. Gerade wenn man ungeübt ist und seine Routen noch anlegen muss, sollte man lieber etwas mehr Zeit einplanen. Reines Bilder-basteln und Punkte-auf-Routen-legen waren bei mir rund 2 Tage. Aber um ehrlich zu sein, hätte das bei einigen Themen in der Prüfung wohl nicht ganz gereicht.

Bilder
Aus dem Pericardium serosum einen alten Karren zu machen, auf dem eine Dose Perri-Air liegt und der rosa angemalt war, entpuppte sich als so blöd, dass man es sich merken konnte. Dinge wie "Ganglion cervicale mediale" waren deutlich schwieriger. So konnte ich mich an einige Bilder mehr, an andere weniger gut erinnern. Auch schwierig war es dann, wenn Bilder und Knotenpunkt nicht ausreichend miteinander verbunden waren - böser Fehler.

An Bildern habe ich einen bunten Mix benutzt, teilweise Dinge, die sich einfach anboten ("Serosa" war bei mir halt immer sehr rosa ;) ), teilweise direkte Übersetzungen ("Pleura" = Brustfell als Bruthaartoupet), teilweise Reimwörter ("Pars" wurde zu Mars(Riegel)). Meistens waren die ersten Assoziationen die besten - mir den Aserix-Caesar für Cartilago vorzustellen mag einige Logikschritte erfordern, war für mich aber sonnenklar.

Prüfung
Ich habe diesmal gebeten mir Notizen machen zu dürfen - was auch bewilligt wurde (der Zettel wurde mir allerdings nach 2 Minuten wieder abgenommen *grrrr*). Trotzdem war ich extrem aufgeregt und damit waren fast alle schlechten Bilder weg - das was allerdings noch da war, hat in der Vorbereitungszeit wirklich gut geklappt. Spannenderweise sogar oft ganz ohne Route, sodass ich sie hinterher nur noch mal zur Kontrolle durch ging. Nur im Gespräch waren plötzlich alle Hirnzellen im Urlaubs-Modus und all mein schönes Wissen dahin :roll:

Fazit
Etwas mehr Zeit, aber vor allem Übung und bessere Bilder sind von Nöten, dann könnte es vernünftig funktionieren. Es war jedenfalls schon mal ganz angenehm zu wissen, wo die passende Schublade mit dem Wissen ist ohne danach suchen zu müssen. Schwer fällt mir aber das schnelle Abrufen, wenn der Prüfer eben nicht sagt "Erzählen Sie mal was zum Thema Trachea..", sondern "Und wie viele Cartilagines tracheales hat ein Schwein?". Aber gut, da musste ich zusätzlich noch das Master-System rückkodieren, mit dem ich mich quasi gar nicht beschäftigt hatte :oops:

Ist jedenfalls definitiv einen weiteren Versuch wert - diesmal mit mehr Zeit, mehr Routenpunkten und hoffentlich besseren Bildern. Aber prinzipiell: insgesamt ca. 4 Tage Testatvorbereitung ohne die Vorlesung zu besuchen sind selbst dann beachtlich, wenn ich nur ca. 70%/80% des Prüfungstoffes sicher drauf hatte. Da hatte ich schon Testate, wo ich bei höherem Zeitaufwand weniger (sicher) konnte.
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Beitrag von DocTiger »

Klingt doch schon mal ganz gut! Die Vorstellungskraft entwickelt sich. Mit der Zeit wirst Du auch schlechte Bilder - oder Begriffe ohne Bild - auf Routen ablegen können.

Je mehr Routen desto besser, selbst wenn die Routen schlecht sind. Real taugt auch meistens besser weil weniger Vorstellungsbedarf. Auch einfach mal mutig sein: Arztpraxen, Uni-gelände, Sportstätten... Es reicht unter Umständen sogar, einen Ort nur einmal besucht zu haben.

Meine Vermutung mit der "Frontalsituation" ist, dass man im Stress aus evolutionären Gründen mehr in der Realität steckt als in der eigenen Vorstellungswelt, also wird die Vorstellungskraft heruntergefahren und damit die Erinnerung gesenkt. Also der leider sehr schwer umzusetzende Tipp: "Entspannter sein!" Aber vielleicht hilft auch schon einmal durchatmen. Oder kurz die Augen schließen falls es die Situation zulässt. Das gibt so einen leichten Schubs in Richtung "Alphazustand".

Es gibt schon verschiedene geistige Zustände, die auch bei jedem anders sind. Manche Wissenschaftler können allen möglichen Kram nahezu "halluzinieren", also sich so detailliert vorstellen, dass es fast Realität ist, und das ganze im Normalzustand. Bei den meisten Menschen wechselt das je nach Zustand. Zum Beispiel zwischen Schlaf und Wachzustand gibt es Phasen, in denen man wach genug ist, klare Gedanken zu haben, aber die Vorstellungskraft stärker ist als normal.

Das ist auch eine Frage von Training.

Um den Effekt von "schlechten Bildern" zu minimieren würde ich empfehlen, mehr zu wiederholen. Du hast ja alle Zeit der Welt, verglichen mit den Wettbewerbsdisziplinen. Vor Prüfungen mache ich eine Turbowiederholung: Ich lese den Text und zeichne die Bilder im Kopf nach. Dann wiederhole ich die Route aus dem Kopf. Das ist weniger anstrengend und konzentrationslastig, als erst aus dem Kopf zu wiederholen und dann nachzuschlagen.

Ganglion cervicale mediale -- Kazaam! Falls dir das was sagt...
Oder man macht sich eine reihe von Engeln ("anglion"). Für mich ein Engel der aussieht wie ein Zerg (Von Starcraft 2), und vielleicht eine Krankenschwesteruniform trägt (medial).

Ich bemühe mich, die erste Silbe zu "konservieren", das geht aber meistens nicht. Und dann muss man bei zusammengesetzen Begriffen mehrere ähnliche Sachen unterscheiden, also nimmt man irgendeine Silbe aus den anderen Wörtern.

Pericardium serosum - "Periskop" eventuell mit Serosa auf der Linse.
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Beitrag von Androsch »

Prüfungsangst...kenn ich! Mir hilft sehr, das ich weiß was ich weiß. Auch dafür sind die Mnemotechniken gut geeignet. Zudem hatte ich das Problem das ich manchmal das Gefühl hatte zuhause herrr des Stoffes zu sein, aber in der Prüfung? Da hilft mir, dass ich meine Wiederholungen an verschieden Orten mache.Problem mit der Menge der Routenpunkte umgehe ich, indem ich mir Teilrouten für wichtige Zusatzinfos mache. Ein Stuhl hat ja auch ne Lehne... Wenn ich nen Teilroutenpunkt benutze schaue ich z.b erst auf den Stuhl als gesamtes das Periskop mit Serosa auf der Linse ablege, und dann mir die Lehne vergrössert vorstelle um dort z.B das Herz in nem Durchsichtigen Beutel vorstelle, das in ner Flüssigkeit schwimmt.

Meist sind die Prüflinge besser vorbereitet als die Prüfer!
Carica
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Beitrag von Carica »

DocTiger hat geschrieben:Je mehr Routen desto besser, selbst wenn die Routen schlecht sind. Real taugt auch meistens besser weil weniger Vorstellungsbedarf. Auch einfach mal mutig sein: Arztpraxen, Uni-gelände, Sportstätten... Es reicht unter Umständen sogar, einen Ort nur einmal besucht zu haben.
Generell: Ja. Allerdings hat meine virtuelle Wohnung anteilig auch gut funktioniert: Alles, was so eingerichtet war, wie ich es auch eingerichtet hätte, wenn ich wirklich drin wohnen müsste, konnte ich mir gut merken (ok, die Folterbank hätte ich RL wohl weggelassen ;) ). Waren dagegen mehr oder weniger willkürlich 10 Möbel aneinandergereiht, funktionierte die Route deutlich schlechter.
DocTiger hat geschrieben:Meine Vermutung mit der "Frontalsituation" ist, dass man im Stress aus evolutionären Gründen mehr in der Realität steckt als in der eigenen Vorstellungswelt, also wird die Vorstellungskraft heruntergefahren und damit die Erinnerung gesenkt. Also der leider sehr schwer umzusetzende Tipp: "Entspannter sein!" Aber vielleicht hilft auch schon einmal durchatmen. Oder kurz die Augen schließen falls es die Situation zulässt. Das gibt so einen leichten Schubs in Richtung "Alphazustand".
Tja, entspannter sein.. Ich hab ohne Witz Ganzkörper-Muskelkater und blaue Flecken an den Knien vom Anspannen der Muskeln. Aber gut, daran arbeite ich ja anderweitig - und immerhin wusste ich grob, wo in etwa meine Info steckt, mit etwas Übung komm ich da sicher leichter ran.
DocTiger hat geschrieben:Um den Effekt von "schlechten Bildern" zu minimieren würde ich empfehlen, mehr zu wiederholen. Du hast ja alle Zeit der Welt, verglichen mit den Wettbewerbsdisziplinen. Vor Prüfungen mache ich eine Turbowiederholung: Ich lese den Text und zeichne die Bilder im Kopf nach. Dann wiederhole ich die Route aus dem Kopf. Das ist weniger anstrengend und konzentrationslastig, als erst aus dem Kopf zu wiederholen und dann nachzuschlagen.
Das habe ich mir fürs nächste Testat auch vorgenommen. Das übliche "Aber DIESMAL fängst du früher an!"
DocTiger hat geschrieben:Ganglion cervicale mediale -- Kazaam! Falls dir das was sagt...
Oder man macht sich eine reihe von Engeln ("anglion"). Für mich ein Engel der aussieht wie ein Zerg (Von Starcraft 2), und vielleicht eine Krankenschwesteruniform trägt (medial).
Kazaam! ist mir noch zu komprimiert, ich brauch das Ganglion dazu. Die Idee mit den Engeln ist nicht schlecht, ich habe daraus einfach einen Aufgang = Wendeltreppe gemacht. "Mesentericum" war glaube ich mit der schwerste Fall.
DocTiger hat geschrieben:Ich bemühe mich, die erste Silbe zu "konservieren", das geht aber meistens nicht. Und dann muss man bei zusammengesetzen Begriffen mehrere ähnliche Sachen unterscheiden, also nimmt man irgendeine Silbe aus den anderen Wörtern.

Pericardium serosum - "Periskop" eventuell mit Serosa auf der Linse.
Auf Periskop kam ich gar nicht.. Ich habe ansonsten versucht bei gleichen Begriffen die gleichen Bilder zu nutzen, bin mir noch etwas unschlüssig ob mir das mehr hilft oder mehr Verwechslungsgefahr bringt.

Was jedenfalls einen großen Unterschied gemacht hat, war, wenn andere Sinne oder Gefühle hinzukamen - das werde ich beim nächsten Mal definitiv deutlich ausbauen, soweit möglich.

@Androsch
Prinzipiell empfinde ich die Techniken auch als Erleichterung. Meine Routen lege ich bisher rein intuitiv fest, klappt bei mir deutlich am Besten - dafür ergibt sich eben nicht ganz so viel, zumal ich auch immer versuche auf glatte oder halbglatte Zahlen zu kommen. Wenn ich weiß, dass ich in jedem Raum 20 Punkte habe, brauche ich hinterher nur durchzählen um zu wissen, ob ich alles habe.

Und unsere Prüfer wissen leider zu 95%, was sie da tun.


Aber das kommende Wochenende wird erst mal Anatomie-frei, ich kanns grad nicht mehr sehen :twisted:
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Beitrag von DocTiger »

Ich finde es auf alle Fälle sehr positiv und erbauend, dass es so aussieht, als hätten wir Dir bei deinem Problem helfen können. Im Moment gibt es kaum (Tier-)Medizinstudenten, die die Locitechnik so extrem anwenden wie Du oder ich (von denen ich wüsste, zumindest). Aber je mehr es werden, desto leichter wird es, andere davon zu überzeugen.

Mit der Zeit wird die Technik effektiver und angenehmer. Das Gehirn muss sich erstmal an diese Arbeitsweise anpassen, mit dem praktischen Nebeneffekt, dass sich die Vorstellungskraft verbessert.
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Re: Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Beitrag von Carica »

Himmel, ich wollte ja weiter berichten.. :oops:

Also: Inzwischen sind 3 weitere Anatomietestate ins Land gegangen, bei denen sich die Routen unterschiedlich gut bewährt haben.

Bei den Siten (= wo liegt was in Körperhöhle x) und Organen funktionierten sie relativ schlecht - was aber einfach daran lag, dass man fast alle Strukturen schon beim Präparieren sehen konnte und sie dann einfach drin waren, ganz ohne Bilder. Wo das nicht so einfach ging, haben wir uns mit weiteren haptischen Hilfsmitteln beholfen, wie z.B. mit 3kg Knete Tierdärme nachgebastelt. Klingt irre, war aber genial und einiges davon ist bis heute hängen geblieben. Allerdings hatte ich einige "Notfallrouten", wo Dinge drauf langen, die ich mir partout nicht merken konnte. Ansonsten habe ich die Text-to-speech Funktion des Mac für mich entdeckt: Text schreiben (z.B. alles zur Leber als Fließtext), vorlesen lassen, die MP3 aufs Handy speichern und dann immer mal wieder nebenher hören. Prima, wenn man Zeit hat. Und je komischer die Sprachausgabe vorliest, desto mehr bleibt hängen :mrgreen:

Beim Gliedmaßen-Testat hingegen haben mir die Routenpunkte meinen Hintern gerettet. Dieses Testat war für mich ein Nachtestat, weil ich beim ersten Mal durchgerasselt bin, und die liegen leider meistens 2 Tage nach dem regulären Testat. Parallel lernen hab ich nicht hinbekommen (zumal noch eine Histologie-Klausur dazu kam), also hatte ich nur wenig Zeit.

Dieses Testat ist bei uns ziemlich verhasst, weil es nur auswendig lernen ist und davon jede Menge: sämtliche Muskeln mit Ursprung, Ansatz, Innervation, Funktion + Nerven mit Verlauf und Innervationsgebieten + Venen und Arterien + Lymphknoten. Um die 400 Einzelinformationen grob über den Daumen gepeilt - und dann muss man noch hoffen, dass sich das Vieh an die Schemata aus dem Buch hält und man den Kram auch findet ;)

Jedenfalls habe ich mir die Infos via Datenbanktechnik abgelegt, also bei den Muskeln 5 Infos pro Punkt. Ich habe viel mit Gefühlen gearbeitet (Ekel funktioniert super..) und teilweise mit Farben die Anzahl der Infos dezimiert, was z.B. Bei den Nerven gut ging. Meistens gibt es in einer Ecke nur 2 Nerven, die die Muskeln versorgen, da habe ich dann einfach blaue und rote Routenpunkte gebaut.

So habe ich insgesamt 10 Stunden gearbeitet. In der Zeit konnte ich alle Infos ablegen, sicher abrufbar waren allerdings nur ca. 40%, sonst war es zeitlich zu knapp. Es ist auch viel Zeit für das Ansehen von Videos drauf gegangen, ohne die ich allerdings z.B. am Unterschenkel nichts mehr gefunden hätte, trotz des theoretischen Wissens.

Im Endeffekt bekam ich dann das einfachste Thema und da ich die Erlaubnis zum Mitschreiben hatte, war es ein regelrechter Homerun :mrgreen:

Leider bin ich weiterhin eher aufgeschmissen, wenn ich in der Vorbereitungszeit nichts notieren darf (wofür ich leider jedes Mal aufs Neue beim Prüfer um Erlaubnis fragen muss) - ich kann in der Prüfung an sich nicht mal mehr das reproduzieren, was ich 5 Minuten vorher auf meinen Zettel geschrieben habe. Die Routen machen es etwas leichter die Infos zu finden, reichen aber leider nicht aus.


Also Fazit bis hierher: Die Mischung macht's und Prüfungsangst ist zum Kotzen. Gerade bei den Muskeln war es allerdings wirklich erstaunlich, wie viel man in so kurzer Zeit ins Hirn bekommt - die ersten Mitstudenten wollten schon einen Kurs von mir haben :mrgreen: Nur in Sachen Motivation bin ich immer noch am Kämpfen, weil der ganze Prüfungsmist inzwischen so mit Angst besetzt ist, dass schon das Lernen sehr unangenehm ist :oops:
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DocTiger
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Re: Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Beitrag von DocTiger »

Klingt doch gut. Das mit der Knete ist auch nicht schlecht, hab ich noch nie gehört. Ist bestimmt der Brüller bei Reproduktionsorganen...

Ja, ohne vorschreiben ist doof. Was hilft ist, die Routen öfter abzurufen und auf Geschwindigkeit. Mit der Zeit wird es aber auch so einfacher, weil es ja auch keine einfache Situation ist, die fachliche und mnemotechnische Fantasie gleichzeitig mit der Realität am Präparat im Kopf zu halten und dabei einen flüssigen Vortrag für den Prüfer zu halten... Zum Glück ist das aber die Ausnahme bei Prüfungen (glaube ich).

Prüfungsangst: Da solltest Du wirklich mit einem Arzt drüber reden. Selten wird das von alleine besser. Es gibt schwache Medikamente, die aber die scharfe Kante der Prüfungsangst etwas abstumpfen ohne Beeinträchtigungen. Natürlich hilft alternativ auch ein bis zwei Jahre Psychotherapie, aber bis das wirkt...
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Re: Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Beitrag von Phexx »

DocTiger hat geschrieben:Prüfungsangst: Da solltest Du wirklich mit einem Arzt drüber reden. Selten wird das von alleine besser. Es gibt schwache Medikamente, die aber die scharfe Kante der Prüfungsangst etwas abstumpfen ohne Beeinträchtigungen. Natürlich hilft alternativ auch ein bis zwei Jahre Psychotherapie, aber bis das wirkt...
Meiner Meinung nach so gut wie immer ein Problem des Charakters und nicht der Physiologie, weshalb ich eigene Recherchen zum Thema Erfolgspsychologie und aktive Charakterbildung empfehlenswerter finde. Das sollte auch nicht zwei Jahre dauern, sondern zum annähernd Nullkostenpreis binnen Wochen/Monaten zu schaffen sein.
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Re: Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Beitrag von Carica »

DocTiger hat geschrieben:Klingt doch gut. Das mit der Knete ist auch nicht schlecht, hab ich noch nie gehört. Ist bestimmt der Brüller bei Reproduktionsorganen...
Da haben wir es gar nicht versucht, da waren die Präparate gut. Aber gerade beim Verlauf des Darms war das schon echt hilfreich - und eine mords Gaudi :mrgreen:
DocTiger hat geschrieben:Ja, ohne vorschreiben ist doof. Was hilft ist, die Routen öfter abzurufen und auf Geschwindigkeit. Mit der Zeit wird es aber auch so einfacher, weil es ja auch keine einfache Situation ist, die fachliche und mnemotechnische Fantasie gleichzeitig mit der Realität am Präparat im Kopf zu halten und dabei einen flüssigen Vortrag für den Prüfer zu halten... Zum Glück ist das aber die Ausnahme bei Prüfungen (glaube ich).
Muss ich mal versuchen..
DocTiger hat geschrieben:Prüfungsangst: Da solltest Du wirklich mit einem Arzt drüber reden. Selten wird das von alleine besser. Es gibt schwache Medikamente, die aber die scharfe Kante der Prüfungsangst etwas abstumpfen ohne Beeinträchtigungen. Natürlich hilft alternativ auch ein bis zwei Jahre Psychotherapie, aber bis das wirkt...
Psychotherapie bin ich ja dran, aber wie du schon sagst: Das dauert. Medikamente schließe ich nicht aus, gerade wegen der Tachykardie und der Extrasystolen in der Phase vor der Prüfung - ist in Verbindung mit meiner Hypotonie aber auch nicht so einfach, zumal ich relativ sensibel auf Medikamente reagiere. Was andere Menschen leicht sediert, haut mich meistens sofort aus den Latschen ;) Mal ganz davon abgesehen, dass ich da erst mal nen vernünftigen Arzt bräuchte, der weiß, was er tut..


@Phexx
Ich glaube durchaus an die Macht der Psyche. Allerdings in beide Richtungen. Und irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr so simpel Zugang zu ihr hat, dass man einfach etwas ändern kann. Da können Medikamente einfach helfen sie ein bisschen in Schach zu halten, damit man wieder mit ihr arbeiten kann, daher würde ich das auch nicht ausschließen. Es geht ja nicht drum mich bis in alle Ewigkeit in kuschliger Sedierung zu halten ;)
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DocTiger
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Re: Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Beitrag von DocTiger »

Phexx hat geschrieben: Meiner Meinung nach so gut wie immer ein Problem des Charakters und nicht der Physiologie, weshalb ich eigene Recherchen zum Thema Erfolgspsychologie und aktive Charakterbildung empfehlenswerter finde. Das sollte auch nicht zwei Jahre dauern, sondern zum annähernd Nullkostenpreis binnen Wochen/Monaten zu schaffen sein.
Ich bin auch ein großer Fan von "Self-Help", aber in dem Fall von Ängsten ist es schon so, dass ein Medikament erheblich schneller und problemfreier wirkt, während NLP oder Hypnose und alle verwandten Techniken Erfolgschancen haben, aber eben nicht wirklich garantiert sind. Klar kann es helfen. Aber oft unterschätzt jemand der kaum Angstproblematik hatte, wie schwierig es ist, eine entsprechende Änderung zu erreichen.

Ich finde es nicht sinnvoll, sowas als Charakter zu bezeichnen, denn letztlich sagt eine Angst nicht viel über den Rest des Menschen aus, und es ist ja auch nicht so dass man lebenslänglich vor Prüfungssituationen steht.
Phexx
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Re: Planung und Umsetzung eines "Großprojekts"

Beitrag von Phexx »

Es sagt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus, dass eine Tendenz besteht, sich stärker auf Dinge zu konzentrieren, die Angst hervorrufen, als auf Dinge die Dankbarkeit wecken. Es ist außerdem wahrscheinlich, dass das mit Gewohnheit zusammenhängt. Evtl. hoher Erwartungsdruck und kein ebenso großes Selbstbewustsein. Ob man Dinge wie Optimismus und Pessimismus nun als Charaktereigenschaften sieht, sei mal der jeweiligen Pfennigfuchserei anheim gestellt. ^^

Ich kann gut verstehen, was ihr zwei meint - Better living through chemistry halt und der quick fix.

Es gibt Menschen, die leiden wegen schwach ausgeprägter untrainierter Muskulatur an Schmerzen und nehmen Schmerzmittel. Solange das nur temporär ist.. Man unterdrückt aber natürlich auch den Reiz damit, der eigentlich zu Änderung motivieren könnte. ^^ Aber auch das ist ja eine Willensfrage, dann eben besonders an sich zu arbeiten, um das Medikamentenehmen vor sich rechtfertigen zu können und bald nicht mehr darauf angewiesen zu sein.

Die Uni ist meiner Meinung nach eine gute Übung dafür.. bis man mal seinen Abschluss hat haben die meisten Leute dermaßen viele Prüfungen geschrieben.. da kommt ja dann häufig doch irgendwann die Routine. :)
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