Wiederholungsintervalle

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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hipro
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Wiederholungsintervalle

Beitrag von hipro »

Hallo,

ich habe mal eine Frage bezüglich der Wiederholungsintervalle von dem Stoff, den man zu lernen hat. Habe mich bereits ein bisschen mit Lerntechniken beschäftigt. Dr. Gunther Karsten empfiehlt in seinem Buch "Erfolgs-Gedächtnis", in den Intervallen 30Min, 2 Std, 1 Tag, 1 Woche, 1 Monat und einem halben Jahr zu wiederholen. Es gibt natürlich auch zahlreiche andere Intervalle, die empfohlen werden, aber meine Frage hat dann eher generell mit Intervallen zu tun. "Festigt" sich der Stoff in diesen Intervallen wirklich besser, als wenn ich beispielsweise 1 Woche vor der Klausur anfange und an einen Tag alles lerne und es dann bis zur Klausur jeden Tag wiederhole ? So gehe ich oft vor, nur kostet das natürlich enorm viel Zeit, aber irgendwie könnte ich mir auch keine Freizeit gönnen, wenn ich weiß, dass ich in der Folgewoche eine Klausur schreibe.
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Die Idee mit den Intervallen ist ja nicht dazu gedacht, den Stoff besser/sicherer zu lernen, als dein Ansatz, täglich zu wiederholen. Stattdessen geht es darum mit weniger Zeit so weit wie möglich zu kommen.

Wenn Du deinen Stoff bei der Prüfung sicher beherrschst, dann gibt es keinen Grund, an deiner Planung was zu ändern. Wenn ich an deiner Stelle Zeit sparen wollte, würde ich wahrscheinlich die Wiederholungen nahe an der Prüfung behalten und die Wiederholungen länger vor der Prüfung kürzen.

Welche Intervalle man genau verwendet ist recht egal. Man zielt auf steigende Intervalle ab. Genauere Planung erweist sich in der Praxis meistens als nicht durchführbar. Kaum ein Schlachtplan überlebt die erste Begegnung mit dem Feind...
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Andi
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Beitrag von Andi »

Ich denke auch die Vorgaben von Karsten, wie die von Buzan, Leitner, Ebbinghaus u.a. sind Orientierungsmodelle, also von Mensch zu Mensch anders. Vergisst der eine schnell, so dauert es bei jemand anderem etwas länger. Du solltest die Vorgaben grob einhalten und auf deinen persönlichen Bedarf zuschneiden. Um das mit der Wiederholungsorganisation besser zu managen empfehle ich etwa die Programme VTrain oder Phase 6. Dort werden die Wiederholungszeiträume automatische berechnet – da hast du schon die halbe Miete.

Siehe auch bitte folgende Forenbeiträge
http://www.brainboard.eu/phpbb/viewtopi ... ederholung
http://www.brainboard.eu/phpbb/viewtopi ... ederholung
http://www.brainboard.eu/phpbb/viewtopi ... ederholung
(ganz toller Beitrag)
und weitere Beiträge, bitte nutze die „Suchen-“ Funktion
„Die Leistungsfähigkeit des Hirns nimmt zu, je mehr man es in Anspruch nimmt.“
Alfred Herrhausen (1930-1989), dt. Bankier
hipro
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Beitrag von hipro »

Hab mich leider erst heute wieder mit dem Thema befassen können. Habe dann mal eine Frage an DocTiger: Wie würdest du mir denn empfehlen beispielsweise fürs Abitur zu lernen? Sagen wir mal als Fach Geschichte, wo man um die 500 Seiten aus einem Buch gut wissen sollte. Du bist ja glaube ich ein Anhänger davon, 2 Wochen vor den Prüfungen relativ konstant und zeitnah zu wiederholen, anstatt beispielsweise den gesamten Stoff auf ein halbes Jahr auszudehnen.
Würde ich wahrscheinlich ein besseres Ergebnis erzielen, wenn ich 2 Wochen vor der Prüfung erst anfange, oder ein halbes Jahr vorher und dann eine Woche vor der Prüfung jeden Tag wiederhole ?

Mfg und schonmal vielen Dank!
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Wenn Du die Zeit und Disziplin dafür hast, solltest du natürlich ein halbes Jahr vorher anfangen UND zwei Wochen vor der Prüfung jeden Tag wiederholen.

Je mehr Zeit man für eine solche Prüfung aufwendet, desto besser, aber meistens klappt dass ja nicht vor allem wenn man sehr viele Prüfungen hat.
Horkas
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Beitrag von Horkas »

hipro hat geschrieben:Wie würdest du mir denn empfehlen beispielsweise fürs Abitur zu lernen? Sagen wir mal als Fach Geschichte, wo man um die 500 Seiten aus einem Buch gut wissen.
Bin zwar nicht DocTiger, will trotzdem versuchen, was zum Thema beizutragen.

Du lernst ja keine 500 Seiten, sondern eine Menge an historischen Fakten. Darunter werden manche sein, die du bereits sicher weißt. Der 11. September 2001 zum Beispiel oder der 9. November 1989 werden bestimmt sicher zugeordnet. Vielleicht weißt du trotz deiner Jugend sogar, was du am 11. September 2001 um 14.41 Uhr gerade gemacht hast. Solche Daten kann man sich bei Bedarf mit wenigen Wiederholungen sicher merken. Andere Fakten bleiben nicht so leicht im Gedächtnis.

Ich würde da pragmatisch vorgehen und mir alle wichtigen "harten Fakten" dieser Art auf Karteikarten schreiben (Lernkartei mit Papier - z.B. vom AOL-Verlag - oder Computerprogramm - etwa www.studymobile.de). Bei diesen ist es sinnvoll, die Leitnerschen Intervalle zu beachten. Der Vorteil: Man wiederholt öfter, was schwer in den Kopf geht, bei beherrschten Fakten kommt die sofortige Bestätigung, was man sicher weiß. Das stärkt das Selbstvertrauen.

Auch komplexere Fakten (Beispiel: Was beinhaltet der Maastrichtvertrag?) können für die Lernkartei extrahiert werden.

Manche Lerner scheuen die Arbeit des Schreibens von Karteikarten. Doch lerntechnisch ist das Schreiben selbst schon ein Lernvorgang (zusätzlicher Lernkanal).

Eine zusätzliche Hilfe ist die Inselbildung. Man lernt Schwerpunkte (die als besonders wichtig im Unterricht bezeichnet wurden oder das besondere persönliche Interesse finden) genau, reichert das Wissen dazu auch nebenbei an, um dann allmählich die eine oder andere Lücke zu schließen.

Gehst du so vorbereitet im letzten Zeitabschnitt vor der Prüfung das ganze Material noch einmal im Ganzen durch, kommt dir viel sicheres Wissen "entgegen".
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DocTiger
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Beitrag von DocTiger »

Stoff aus 500 Seiten mit Leitnerkarten zu wiederholen funktioniert in der Theorie sehr gut. In der Praxis muss man sich klarmachen, dass man mit mindest 500 Karten hantiert. Das ist in einem Programm möglich, in einem normalen Karteikastenprogramm wird das schon langsam unpraktisch.

Und dann? Dann muss man zusammenhangslose Karteikarten jonglieren.

Und man muss sich das mal ausrechnen, nicht nur muss man die über 500 Karten schreiben, man muss sie auch noch lernen. Und dann mit einem Leitnerschema müsste man die letzte Karte das erste mal drei Monate vor der Prüfung lernen. Und man muss hoffen, dass die 6 Wiederholungen ausreichen.

Auch sollte man sich fragen ob in diesem Fall "lesen" nicht schon ausreicht. Normalerweise werden im Abitur (zumindest war das früher so) nicht Unmengen von Fakten und Jahreszahlen abgefragt, sondern eher die Zusammenhänge und vor allem Details, die man nicht sooo leicht vergisst.

Ich weiß nicht was genau gefordert ist, aber mir scheint die Karteikartenmethode für diesen Zweck reichlich übertrieben.
Horkas
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Wiederholungsabstände

Beitrag von Horkas »

DocTiger hat geschrieben:Auch sollte man sich fragen ob in diesem Fall "lesen" nicht schon ausreicht. Normalerweise werden im Abitur (zumindest war das früher so) nicht Unmengen von Fakten und Jahreszahlen abgefragt, sondern eher die Zusammenhänge und vor allem Details, die man nicht sooo leicht vergisst.
Das ist vollkommen richtig! Es handelt sich bei diesen 500 Seiten ja nicht um lauter "harte Fakten". Also kann es bei Geschichtsstoff niemals um die "Verzettelung" von 500 Druckseiten gehen. Habe ich ausdrücklich nicht gemeint und nicht behauptet! (Siehe meinen vorigen Beitrag).
Dennoch muss man manches klar wissen.

Bei diesen 500 Seiten handelt es sich vermutlich um didaktisch gestaltetes Material aus harten Fakten, Quellenbeispielen, Schilderungen historischer Ereignisse, Bildmaterial usw. Da muss man gewichten.

Der Wissenskern aber, dabei bleibe ich, kann am besten mit der Leitnerschen Lernkartei gelernt werden. Hier enthalten die Karten ja ausdrücklich die kleinsten sinnvollen Lerneinheiten (wie Vokabeln in der Fremdsprache oder klar umrissene Fakten - Beginn des 2. Weltkrieges: 1. September 1939). Diese dienen als Orientierung im Zeitgeschehen der jeweiligen historischen Epoche. Und das kann man dann mit den empfohlenen Zeitabständen leicht und mit sofortiger Bestätigung (das kannst du!) wiederholen. Ich arbeite da bis heute mit den praktischen kleinen Karteien aus Faltkarton (AOL-Verlag z.B.).

Eine Rolle spielt auch die Intensität des Lernens, also des Grades von Aufmerksamkeit, Interesse, Lernmotivation usw. beim Erstlernen. Die 30-Minutenregel z.B. besagt: Was nicht innerhalb dieser Zeit erstmals memoriert wird, geht verloren, eine Besonderheit der Arbeit unseres menschlichen Gehirns. Es muss also später neu gelernt werden. Das ist übrigens eine gesicherte Erkenntnis der Hirnforschung. Für viele ein Problem, die im Unterricht sitzen und denken: Das lern ich später. Was für eine Vergeudung von Zeit und Kraft!
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