Jura-Wissensaneignung

Alles was Lerntechniken und Lernstrategien betrifft, insbesondere aber nicht ausschließlich gehören hier auch die Anwendungen von Mnemotechnik herein.
Wie kann ich am besten für Prüfungen lernen, wie merke ich mir Namen, wie lerne ich Zahlen oder Formeln etc.

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deinemarke
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Jura-Wissensaneignung

Beitrag von deinemarke »

Hallo liebe Forum-Freunde,

ich bin nunmehr nach einer intensiven Recherche der Mnemotechnik (Loki-Methode) soweit, dass ich systematisch dieses Werkzeug anwenden möchte. Einzelne Tests (5-30 Punkte) habe ich jetzt über mehrere Wochen durchgeführt, und nach mehreren Wiederholungen ist das Wissen abrufbar. Auch wenn ich immer noch vom ersten Punkt an starte und mich sozusagen bis zum letzten durcharbeite.

Ich studiere Jura und es handelt sich um 80% Faktenwissen. Ich möchte mir daher zunaechst 1.000 Punkte (Stichworte) festlegen, weil ich diese Themen in der Prüfung wiedergeben muss.

Als Beispiel zitiere ich euch einen juristischen Lerntext und bitte um Routenvorschlaege, einfach nur um zu sehen, wie ihr dieses Wissen verteilen würdet auf eurer Route (wenn möglich mit Paragraphenangabe):

A. Prüfungsfolge eines Anspruchs auf Schadensersatz / Aufwendungsersatz
statt der Leistung wegen anfänglicher Unmöglichkeit, §§ 311 a, II, 275 BGB
I. Voraussetzungen
1. Wirksamer Vertrag gemäß § 311 a I BGB
2. Objektive oder subjektive Unmöglichkeit, § 275 I BGB
oder
Berechtigte Erfüllungsverweigerung, § 275 II, III BGB
3. Bestehen des Leistungshindernis schon zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses
4. Kenntnis des Schuldners oder zu vertretene Unkenntnis
§ 311a II S. 2 BGB
5. (Nichterfüllungs-) Schaden des Gläubigers
6. Kausalität des Leistungshindernisses für Schaden
oder
statt 5./6. Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs,
§ 284 BGB
II. Rechtsfolgen

1. Schadensersatz statt der Leistung

2. Ist nur ein Teil der Leistung unmöglich, so gelten die Unmöglichkeitsregeln
nur bzgl. dieses Teils der Leistung. Schadensersatz statt der ganzen
Leistung kann der Gläubiger nur verlangen, wenn er an der Teilleistung
kein Interesse hat, §§ 311 a II, S. 3, 281 I S. 2, 3 BGB und der
nicht erbrachte Leistungsteil erheblich ist.

3. Anstelle des Schadensersatzes kann Aufwendungsersatz verlangt werden,
§§ 311 a II, 275, 284 BGB.
4. Der Gläubiger kann gem. § 285 BGB vom Schuldner Herausgabe des
Ersatzes verlangen, der an die Stelle der unmöglich gewordenen Leistung
getreten ist, z.B. die Versicherungssumme. Der Gläubiger muss
sich aber den Wert des Surrogats auf daneben geltend gemachten Schadensersatz
anrechnen lassen.

Bin gespannt auf Eure Routen!

Lg,
deinemarke
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Re: Jura-Wissensaneignung

Beitrag von deinemarke »

Hat niemand einen Vorschlag?
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Zarathustra
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Re: Jura-Wissensaneignung

Beitrag von Zarathustra »

Ich würde mir wenn eine 1000er Garderobe basteln. Der Vorteil ist du hast gleichzeitig eine Nummerierung der Paragraphen.

Beste Grüße! :)
gola20
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Re: Jura-Wissensaneignung

Beitrag von gola20 »

Weniger ist mehr. Arbeite mit dem Gesetz. Meistens ergibt sich das Schema direkt draus. Alternativ löst du paar Fälle zu dem Bereich und kannst es dann. Das ganze Zeug so umständlich auswendig zu lernen ist einfach zu zeitraubend und absolut ineffizient.
Fernando
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Re: Jura-Wissensaneignung

Beitrag von Fernando »

Ich stimme dir nicht zu in der Hinsicht, dass Jura zu 70 % aus Faktenwissen besteht. Meiner Erfahrung nach kommt es zu einem großen Teil auf Verständnis und Strukturwissen an. Gleichwohl mag es sein, dass man die aktuelle Rechtssprechung kennen muss und daher auch viel Wissen gefragt ist, dass sich nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz ableiten lässt. Wie auch immer, Lernen und vor allem Jura lernen ist eine höchstpersönliche Angelegenheit und jeder muss für sich herausfinden was für ihn am besten funktioniert. Ich glaube, dass es da kein Patentrezept gibt.

Zu deiner Route kann ich dir leider auch keine Anleitung geben. Mit Aufbauschemata habe ich nie gearbeitet, weil das Meiste sich da wirklich aus dem Gesetz ergibt und es unnötig wäre es auswendig zu lernen. Man kann die Routen gut einsetzen um sich Argumetationsstänge, Meinungsstreits oder Themenüberblicke zu merken.
Ich denke folgendes Vorgehen funktioniert ganz gut:
1. Zunächst musst du den Gegenstand, dessen was du auswendig lernen möchtest verstanden haben. Das ist unglaublich wichtig aus mehreren Gründen. Du musst die Wertungen hinter dem Streit oder der Argumentation verstanden haben. Anderenfalls wirst du das Problem auch nicht in einer Klausur wieder erkennen, geschweige denn ein guter Jurist werden. Deswegen solltest du das Problem in einem guten Lehrbuch oder Skript oder wo auch immer lesen. Entscheidend ist, dass du es verstehst und wiedergeben kannst.
2. Danach würde ich mir eine Liste machen, die reduziert auf wenige Worte das enthält, was du dir merken musst, um dich an die ganze Argumentation, den Streit zu erinnern. Vorteilhaft sind hier meistens wenige Schlüsselwörter.
3. Da die meisten juristischen Begriffe abstrakt sind, würde ich sie in etwas konkretes übersetzen(Platzhalter).
4. Schließlich kannst du dir die Begriffe in eine vorgefertigte Route einpassen.

Der Vorteil an dem Ganzen ist, dass man relativ sicher einen Streitstand wiedergeben kann. Das hilft vorallem, wenn man etwas vor vielen Menschen vortragen muss. Die Gefahr etwas zu vergessen ist sehr gering und man hat immer ein roten Faden. Ich finde sehr praktisch an diesem Vorgehen, dass man nebenher auch Zeit zum nachdenken hat, während man das Gelernte anhand der Route abspuhlen kann.

Ein sehr vereinfachtes! Beispiel zur Anschauung:
A. Streitstand: Strafgrund der Teilnahme
Nachdem ich ihn durchgelesen und durchdacht und verstanden hab ergibt sich folgende (starkt vereinfachte!) Liste

1. Verstrickungstheorie = Wolle mit Stricknadel
2. Selbstständiges Unrecht = Hammer und Sichel
3. Hervorrufen des Tatentschlusses = Megafon in dessen Öffnung ein Reisverschluss feststeckt
4. Rechtsgutsgefährdung = Ein Topf mit Gold, der wackelt
5. Akzessoriätsprinzip = ein pinker Kaugummi

Meine Route ist:
1. Schlüssel auf der Treppe
2. Klingel mit Klingelschild
3. Haustürgriff
4. Toillette
5. Spiegel

Merken würde ich es mir so:
1. Der Schlüssel besteht aus einer weichen, roten Wolle. Durch ihn Steckt eine metallen Stricknadel
2. Wenn man klingelt ertönt die Hymne der DDR, auf dem Klingelschild steht statt einem Namen ein Hammer und eine Sichel
3. Der Türgriff besteht aus einem mächtig Megafone
4. Auf dem Toilettenring steht ein Topf voll Gold, der hineinzufallen droht
5. Der Spiegel ist pink umrandet und mit Kaugummi verklebt.

Fazit: Wie man sieht, kann wahrscheinlich niemand etwas mit den 5 juristischen Begriffen anfangen, außer er kennt den Streitstand gut. Für mich reicht es völlig aus mir den Begriff "Verstrickungstheorie" zu merken, weil ich mich dann daran erinner, dass diese Meinung früher vertreten wurde und angenommen wurde dass Strafgrund der Teilnahme die Verstrickung des Anstifters in die Schuld des Haupttäters sei. Die Meinung, die Teilnahme enthalte eine "selbstständiges Unrecht" (= Begriff: selbstständiges Unrecht) hat das Problem, dass das geschützte Rechtsgut dann fraglich ist. Es gibt kein Rechtsgut der allgemeinen Sittlichkeit der Bevölkerung, dass es zu schützen gilt. Genau so ist es mit den anderen Begriffen. Deshalb ist es so wichtig sich den Streit selbst durch zu denken.
Was die Route angeht: Das ist wiederrum eine persönliche Sache. Man kann den Begriff Unrecht nicht an ein Türschild hängen. Man muss ihn konkretisieren und diese Konkretisierung kann für jeden anders sein, weil jeder etwas anderes mit dem Begriff verbindet. Wenn mein "Platzhalter" für Unrecht der Hammer und die Sichel(Beides lässt sich wunderbar in Routen unterbringen) ist, dann funktioniert das nur für mich, weil ich mit Unrecht die DDR verbinde, aber mit Sicherheit nicht für jeden! Der Kaugummi als Platzhalter funktioniert auch nur, weil ich weis was mit Akzessorietätsprinzip gemeint ist. Es reicht mir auch der Begriff "Akzessorietätsprinzip" aus, um zu wissen wie ich weiter argumentieren muss. Reicht einem das nicht aus kann man zwei weitere Begriffe als Merkposten ranhängen.(zB Haupttat oder §§ 26, 27, oder 29, je nachdem was für einen selbst funktioniert)


B. Thematik: Prozessmaximen im Strafverfahren
Das Ganze funktioniert wunderbar für alles was "listenartig" ist. Ein verkürztes Beispiel sei folgendes:

I. Prozessmaximen für das gesamte. Strafverfahren:
1. Opportunitätsmaxime = Eine Konsole mit mehren Aktionsknöpfen
2. Fair-trial = Kaffeetüte mit Fairtrade Siegel darauf
3. Konzentrationsprinzip = Eine Flasche mit Orangensaftkonzentrat
4. Amtsermittlungsgrundsatz = Ein riesiger, dunkler, mächtiger Eichenholzschreibtisch
5. Gesetzlicher Richter = Richter in Schwarzer Robe mit §- Zeichen auf der Robe
6. Rechtliches Gehör = ein § der geformt ist wie eine Ohrmuschel
7. Unschuldvermutung = eine Jungfrau mit einem heiligen Schein
....

Diese Platzhalter lassen sich wieder leicht in einer Route einfassen und man kann schnell die Prozessmaximen aufzählen(kann bisweilen einen guten Eindruck in der mündlichen Prüfung hinterlassen: gerade für solche Situationen, in denen man wegen Nervosität schnell etwas vergisst, ist so eine Route Gold wert).

Eine andere Art ist sich die Liste anhand von Anfangsbuchstaben zu merken
Bsp: Gemeindehoheiten
F= Finanzhoheit
G= Gebietshoheit
O= Organisationshoheit

P= Planungshoheit
P= Personalhoheit
S= Satzungshoeit
Als kurze Merkgeschichte kann man dann dazu erfinden "Brief an das Finanzgericht" FGO (FinanzGerichtsOrdnung; Brief = PPS)

Ich weis, dass ich nicht direkt deine Frage beantwortet habe. Ich hoffe allerdings ich konnte dir ein wenig behilflich sein und die ein oder andere Anregung geben, wie du dein Lernen effektiver gestalten kannst. Für Anregungen und Kritik an meiner Methode bin ich sehr dankbar. Letztlich ist sie auch nur das Ergebnis eines trial-and-error-Prozess auf dem letzten Stand.
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